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A r n e t h: Maria Theresia.

Lehrerin der Gegenwart zu sein, vorzugsweise erfüllt wird.“ Wenn
ferner der Verfasser mit seinem Werke beabsichtigt, die Ehren-
schuld abzutragen, „in welcher sich Oesterreich, wie auf den man-
nigfachsten Gebieten, so auch auf dem der Literatur Maria Theresia
gegenüber noch immer befindet,“ so ist uns eine solche Ergänzung
unserer Geschichtsliteratur um so willkommener, als seither in ganz
ungebührlicher Weise die glänzendste Erscheinung der österreichischen
Geschichte vor ihrem von seinen geistig regsameren und fortge-
schritteneren Landsleuten so vielfach dargestellten und gepriesenen
grossen Gegner in den Hintergrund zurückweichen musste. Ein
Korrektiv der allzu einseitigen Behandlung der in Rede stehenden
Geschichtsepoche ist uns gerade jetzt um so erwünschter, als
Manche im besten Zuge sind, in die alten Fehler zurückzufallen,
deren Wiederholung man in unsern Tagen kaum für möglich hätte
halten sollen. Denn was soll man denken, wenn auch jetzt noch
das Recht Friedrichs auf Schlesiens Besetzung als ein äusser aller
Frage stehendes dargestellt wird, wenn ernsthafte Männer uns er-
zählen, dass äusser wenigen Pfaffen Alles in Schlesien dem preus-
sischen König entgegengejubelt, dass das Heer desselben, das wir
uns ohne Zweifel so civilisirt denken sollen, wie das gegenwärtige
preussische Heer, sich stets auf das Manierlichste aufgeführt habe,
wenn ein Geschichtsforscher, der sich sonst um die Literatur über
Friedrich den Grossen nicht geringe Verdienste erworben hat, Schle-
siens Eroberung ohne Umstände die Befreiuung vom habsburgischen
Joche nennt, wenn man überhaupt jetzt noch alle dunkeln Schatten
an dem, wie man sagt, durch die Lehren und Sitten Roms und
Madrids bestimmten Wiener Hofe zusammendrängt und dagegen auf
der Seite des Feindes Alles im Lichte reinster Heldengrösse, Sitt-
lichkeit, Grossmuth u. s. w. strahlen lässt? — Wir haben Gottlob
Schiller und Göthe gegenüber so ziemlich verlernt, den Einen auf
des Andern Kosten zu erheben, möchten wir uns endlich auch
daran gewöhnen, in gleicher Weise den beiden grossen deutschen
Herrschergestalten des vorigen Jahrhunderts gerecht zu werden.
Die zu rügenden Einseitigkeiten rühren freilich nicht znm kleinsten
Theile daher, dass die österreichischen Quellen allzu lange ver-
schlossen blieben oder wenigstens nicht in der richtigen Weise aus-
gebeutet w’urden.
Das vorliegende Werk Arneth’s gründet sich nun vor Allem
auf die so reiche Ausbeute, welche durch die im venetianischen
Generalarchiv verhandenen, von den Botschaftern der Republik am
Wiener Hof Woche für Woche an die Signorie geschickten, Be-
richte geboten wird. Dass der Verfasser ferner die handschrift-
lichen Schätze des kaiserlichen Haus-, Hof- und Staatsarchivs auf
das Fleissigste und Umsichtigste benutzt hat, davon können wir
uns im Verlaufe seiner Darstellung fortwährend überzeugen. Da-
neben standen ihm zur Verfügung Mittheilungen aus den Archiven
des Staats- und Finanzministeriums und der ungarischen Hofkanzlei.
 
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