Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
656

Kuhn: Idee des Schönen.

des Plato von demselben gegeben, die eine von Sokrates ver-
schiedene ist. Im dritten Vortrage, der die Lehre des Aristo-
teles vom Schönen enthält, wird eine Parallele zwischen Plato und
Aristoteles gezogen. Der vierte Vortrag umfasst äusser dem
in der Aufschrift Enthaltenen auch die Schönheitsidee bei den
Juden. Es ist eine missliche Sache, den Entwickelungsprocess der
Idee des Schönen vom Alterthum bis zur Gegenwart zu prakti-
schen Bedürfnissen und in volhsthümlichem Tone zu geben. Wer
die Zeit, den Ort, die Geschichte, alle die socialen und politischen
Zustände und die Persönlichkeiten nicht kennt, in welchen eine be-
stimmte Auffassung des Schönen entstand, für den kann eine solche
Begriffsbestimmung kein Interesse erwecken. Was sollen Namen
für denjenigen, der sie nur in so ferne kennt, als sie irgend etwas
über das Schöne sagten? Ohne Kunstgeschichte hat die Geschichte
des Schönheitsbegriffes keinen Werth. Man kann höchstens ohne
die erstere allgemeine Gesichtspunkte und Hauptgruppen geben und
braucht hiezu weder den Thales, noch den Heraklit oder Demokrit,
noch die Stoiker und Epikuräer oder den Zenodot und Aristarch.
Was sollen vollends Kant, Schelling, Hegel, wenn man ihre Philo-
sophie nicht kennt, mit einzelnen, aus dem Zusammenhänge ge-
rissenen Aeusserungen ? Es fehlt dem Hr. Verf. nicht an Beredsam-
keit, wenn gleich Manches dadurch nicht an Interesse gewinnt,
dass es in einer breiteren Form erscheint. Das umschreibende
Reden über einen Gegenstand gibt noch immer nicht den klaren
und deutlichen Begriff desselben. Der Künstler, der den göttlichen
Funken nicht in sich trägt, wird ihn auch durch solche Vorträge
nicht gewinnen, und, wer ihn hat, schafft sein Kunstprodukt auch
ohne alle solche Vorträge. Wer tiefer eindringen will, ist auch
mit diesen nicht zufrieden. Die Kunst führt ihn zur Wissenschaft.
Der innere schöpferische Genius ist in der Kunst unendlich wich-
tiger, als alle Begriffsbestimmungen des Schönen, die immer nur
Gegenstand der Wissenschaft und nicht der Kunst sind.
Wenn ihr’s nicht fühlt, ihr werdet’s nicht erjagen,
Wenn es nicht aus der Seele dringt,
Und mit urkräftigem Behagen
Die Herzen aller Hörer zwingt.
Hier, in Göthe, spricht die. Kunst, nicht die populäre Wissen-
schaft zum Kunstgefübl. v. Reichlin-Meldcgg.
 
Annotationen