Fichte: Psychologie.
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fache oder einseitige, lediglich an Einem Wesen vorgehende er-
scheinen sollte, ist dennoch nur das Ergebniss von (wenigstens)
zwei Factoren. Wirkungen aus einfachen Ursachen gibt es da-
her nicht, eben so wenig einseitige, wie von dem Einen Wesen
hervorgebrachte, wobei das andere passiv sich verhielte: sondern
jeder von Aussen empfangenen Einwirkung antwortet das Real-
wesen unmittelbar durch die seiner Eigenthümlichkeit entsprechende
Gegenwirkung“. Mit gleich vollkommener Begründung fährt er da-
selbst fort: „Das Phänomen des Bewusstseins mit seinem Wechsel
von Vorstellungen, eben so mit den verschiedenen Graden von Leb-
haftigkeit und Verdunkelung, welche es darbietet, kann nur unter
den allgemeinen Begriff einer am Seelenwesen vorgehenden Ver-
änderung fallen. Veränderung an einem Realwesen aber ist, ih-
rem ersten Ursprünge nach, nur erklärbar aus einer von An-
dern ihm zukommenden Wirkung, welcher es Gegenwirkung ent-
gegenstellt und dadurch einen veränderten Zustand in sich selbst
erzeugt. Und so kann auch der erste Ursprung des Bewusst-
seins nur das Product einer Gegenwirkung sein, mit welcher das reale,
an sich noch nicht bewusste Seelenwesen einen äussern Reiz beant-
wortet. Sich selbst überlassen, beziehungslos verschlossen gegen
jegliches Andere, bliebe auch für das Seelenwesen kein Grund einer
Veränderung übrig und es wäre eben so unfähig, in bewussten
Zustand zu gerathen.“ Wenn das Phänomen des Bewusstseins, wo-
ran nicht gezweifelt werden kann, unter die Kategorie der Verän-
derung fällt, wenn der erste Ursprung des Bewusstseins eine Ge-
genwirkung gegen die Wirkung von Aussen, gegen den äussern
Reiz ist, wenn kein Grund einer Veränderung in der Seele ohne
ein Anderes, das auf die Seele einwirkt, denkbar ist, wenn die
Seele ohne diese Einwirkung, ohne diesen Reiz, ohne den äussern
Factor, unfähig ist, in den bewussten Zustand zu gerathen, so ist
offenbar eine Bewusstseinsquelle für die Seele oder den Geist auch
in der Aussenwelt und ihren Einwirkungen oder Reizen zu suchen
und ist auch hier nicht ein Product von einem, sondern von zwei
Factoren, einem äussern und einem innern Factor, vorhanden.
Man kann also nicht mit dem Hrn. Verf. sagen, dass man die
Quelle des Bewusstseins „nirgends anders,“ als „in der Seele“ suchen
müsse. Wenn auch der bewusste Zustand nicht im materialistischen
oder sensualistischen Sinne in „die Seele von Aussen hineingebracht“,
wir möchten sagen, um ein ganz materielles Bild zu brauchen, hinein-
geschoben wird, wenn dieses Einwirken auch kein materielles „Ein-
prägen“ ist, so ist das Bewusstsein doch immer nicht ohne die
Einwirkung des Andern denkbar. Liegt auch der Keim von Allem,
was innerhalb der Seele vorgeht, oder sich entwickelt, zunächst in
der Seele, so wird eben doch nicht hervorgeben, sich nicht ent-
wickeln ohne das Andere, das auf jene wirkt. Ist das Bewusstsein
eine Gegenwirkung, so setzt diese eine Wirkung voraus. Ist auch
selbst diese Wirkung in der Seele, so ist sie nur dadurch Wir-
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fache oder einseitige, lediglich an Einem Wesen vorgehende er-
scheinen sollte, ist dennoch nur das Ergebniss von (wenigstens)
zwei Factoren. Wirkungen aus einfachen Ursachen gibt es da-
her nicht, eben so wenig einseitige, wie von dem Einen Wesen
hervorgebrachte, wobei das andere passiv sich verhielte: sondern
jeder von Aussen empfangenen Einwirkung antwortet das Real-
wesen unmittelbar durch die seiner Eigenthümlichkeit entsprechende
Gegenwirkung“. Mit gleich vollkommener Begründung fährt er da-
selbst fort: „Das Phänomen des Bewusstseins mit seinem Wechsel
von Vorstellungen, eben so mit den verschiedenen Graden von Leb-
haftigkeit und Verdunkelung, welche es darbietet, kann nur unter
den allgemeinen Begriff einer am Seelenwesen vorgehenden Ver-
änderung fallen. Veränderung an einem Realwesen aber ist, ih-
rem ersten Ursprünge nach, nur erklärbar aus einer von An-
dern ihm zukommenden Wirkung, welcher es Gegenwirkung ent-
gegenstellt und dadurch einen veränderten Zustand in sich selbst
erzeugt. Und so kann auch der erste Ursprung des Bewusst-
seins nur das Product einer Gegenwirkung sein, mit welcher das reale,
an sich noch nicht bewusste Seelenwesen einen äussern Reiz beant-
wortet. Sich selbst überlassen, beziehungslos verschlossen gegen
jegliches Andere, bliebe auch für das Seelenwesen kein Grund einer
Veränderung übrig und es wäre eben so unfähig, in bewussten
Zustand zu gerathen.“ Wenn das Phänomen des Bewusstseins, wo-
ran nicht gezweifelt werden kann, unter die Kategorie der Verän-
derung fällt, wenn der erste Ursprung des Bewusstseins eine Ge-
genwirkung gegen die Wirkung von Aussen, gegen den äussern
Reiz ist, wenn kein Grund einer Veränderung in der Seele ohne
ein Anderes, das auf die Seele einwirkt, denkbar ist, wenn die
Seele ohne diese Einwirkung, ohne diesen Reiz, ohne den äussern
Factor, unfähig ist, in den bewussten Zustand zu gerathen, so ist
offenbar eine Bewusstseinsquelle für die Seele oder den Geist auch
in der Aussenwelt und ihren Einwirkungen oder Reizen zu suchen
und ist auch hier nicht ein Product von einem, sondern von zwei
Factoren, einem äussern und einem innern Factor, vorhanden.
Man kann also nicht mit dem Hrn. Verf. sagen, dass man die
Quelle des Bewusstseins „nirgends anders,“ als „in der Seele“ suchen
müsse. Wenn auch der bewusste Zustand nicht im materialistischen
oder sensualistischen Sinne in „die Seele von Aussen hineingebracht“,
wir möchten sagen, um ein ganz materielles Bild zu brauchen, hinein-
geschoben wird, wenn dieses Einwirken auch kein materielles „Ein-
prägen“ ist, so ist das Bewusstsein doch immer nicht ohne die
Einwirkung des Andern denkbar. Liegt auch der Keim von Allem,
was innerhalb der Seele vorgeht, oder sich entwickelt, zunächst in
der Seele, so wird eben doch nicht hervorgeben, sich nicht ent-
wickeln ohne das Andere, das auf jene wirkt. Ist das Bewusstsein
eine Gegenwirkung, so setzt diese eine Wirkung voraus. Ist auch
selbst diese Wirkung in der Seele, so ist sie nur dadurch Wir-