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206

Adalbert Wahl.

männer sein sollten für Versammlungen des „Kantons“. Heber
diesen Kantonalversammlungen sollten Provinzialversammlungen
stehen; über diesen wieder eine Centralversammlung des ganzen
Reichs; diese sollte ihrerseits auch nur eine beratende Stimme
— wie es scheint nur in Verwaltungsangelegenheiten — abzu-
geben haben. An diesem — vielgetadelten — Plane sind zwei
Punkte besonders wesentlich: 1. er ging über die Standesunter-
schiede hinweg, 2. er liess die unbeschränkte Gewalt der Re-
gierung bestehen. (Die Kritiker, z. B. Tocqueville, sind allerdings
der Ansicht, in der Praxis hätte sich diese beratende Central-
versammlung doch sehr bald eines beträchtlichen Teiles der Ge-
walt bemächtigt.)
Kurz nachdem das betreffende Memoire dem König vorgelegt
worden war, wurde Turgot gestürzt. Was wurde aus diesem
Plan unter Kecker? Necker ging, ganz seinen theoretischen An-
sichten über Reformthätigkeit entsprechend, vorsichtig vor: er
gründete etwa iy2 Jahr nach seinem Eintritt in’s Ministerium —
also doch verhältnismässig bald — eine assemblee provinciale für
die Provinz Berri, und ein Jahr darauf eine zweite, für die Haute-
Guyenne. Er wollte weitere Schritte vom Erfolge dieser Ver-
sammlungen abhängig machen. Er hatte die Wahlmänner zu
den assemblees vom König ernennen lassen, und zwar so, dass
dem tiers etat etwas über die Hälfte resp. die Hälfte der Stimmen
eingeräumt wurde. In den Versammlungen sollte „par tetes“ ab-
gestimmt werden, d. h. jedes Mitglied sollte individuell seine
Stimme abgeben, und es sollte nach absoluter Majorität entschieden
werden (die andere Möglichkeit war Abstimmung „par ordres“:
dann hätten sich die Mitglieder der einzelnen Stände unter sich
geeinigt, und jeder Stand hätte eine Gesamtstimme abgegeben).
Im ganzen hatte die assemblee von Berri 48, die der Haute-
Guyenne 52 Stimmen. Necker betont, er habe da nicht Ver-
sammlungen geschaffen, mit denen die Krone zu verhandeln habe
(„on ne les a point instituees pour traiter avec le Souverain“1),
sondern beratende untergebene Körperschaften, die den Absolutis-
mus in keiner Weise beschränken könnten. In letzterem Bestreben
stimmt er mit Turgot überein.
Turgot äusserte über diese assemblees Neckers, sie glichen

1 Administration des Finances II, 293.
 
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