Kritiken.
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die Besiegelung aller hansischen Privilegien in allen drei nordischen
Reichen ein: ein grosser Erfolg für die Städte, errungen ohne Schwert-
streich. Und Privilegien galten für die Hanse mehr als Land und
Leute zu einer Zeit, wo sie eine für die damalige Epoche ungeheure
Seemacht repräsentierte, mit der sie imstande war, diese papiernen
Zugeständnisse zu verth ei digen; mit diesen Privilegien in der Hand
war die Hanse in der Lage, ihre wirtschaftlichen Hauptkonkurrenten
in der Ostsee, die Engländer, aus dem Felde zu schlagen.
Unerfreulich ist das Bild, das uns die Hanse zeigt in ihrem
Verhältnis zu dem Piratentum jener Periode, der Frucht des mecklen-
burgisch-dänischen Krieges. Gegen die Vitalienbrüder in Ost- und
Nordsee hat sich die Gemeinschaft der Hanse doch im wesentlichen
ohnmächtig gezeigt; was an energischem Vorgehen gegen diese See-
räuber zu nennen ist, entsprang der Selbsthilfe einiger meistbeteiligten
Städte.
Am meisten Interesse historischer wie psychologischer Art ruft
doch die Stellung des preussischen Ordens hervor. Hier ein Ritter-
orden, dessen religiös-propagandistische Aufgabe gelöst ist, und der
sich rein politischen und kaufmännischen Bestrebungen hingibt; und
unter diesem Orden Städte, die der Hanse angehören und deren
Handelsinteressen nicht selten mit den kommerziellen wie politischen
Bestrebungen des Ordens kollidieren; dieser letztere eine Landesherr-
schaft darstellend, die im Mitgenuss der hansischen Privilegien stand,
sich aber rücksichtslos über städtische Verfügungen hinwegsetzte.
Begreiflich, dass der Einfluss eines solchen Staats auf die gemein-
same Politik der Hanse von grosser Bedeutung sein musste. Er hat
Schuld an der Unentschlossenheit der Hanse in der flandrischen Frage,
er verletzte die hansische Sperre gegen Flandern am meisten; er kam
zuerst in Konflikt mit den Engländern, da er am meisten ihre Ein-
griffe in die hansische Handelsordnung spürte. Aber der Orden
ist es schliesslich auch gewesen, der, indem er Gotland überrumpelte
und besetzte, einen Schritt unternahm, den Margarethe als schwere
Verletzung ihrer Interessen empfinden musste, und der andererseits
die Einigkeit der Hanse nicht im besten Lichte erscheinen liess.
An dieser Einigkeit mangelt es ja überhaupt stets, sowohl in
inneren, wie äusseren Dingen. Pfundzölle, gemeinsame hansische
Steuern, kommen nicht mehr ordentlich zustande; aber der Orden er-
hebt nun den Pfundzoll als landesherrliche Abgabe. Und während
die Uneinigkeit der Hanse, der Widerstreit der Interessen der ein-
zelnen Städtegruppen, namentlich in Nowgorod, Erfolge von Wert für
die Allgemeinheit unmöglich macht, wird dagegen praktisch weit mehr
erreicht durch den Zusammenschluss der engeren Städtebünde, durch
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die Besiegelung aller hansischen Privilegien in allen drei nordischen
Reichen ein: ein grosser Erfolg für die Städte, errungen ohne Schwert-
streich. Und Privilegien galten für die Hanse mehr als Land und
Leute zu einer Zeit, wo sie eine für die damalige Epoche ungeheure
Seemacht repräsentierte, mit der sie imstande war, diese papiernen
Zugeständnisse zu verth ei digen; mit diesen Privilegien in der Hand
war die Hanse in der Lage, ihre wirtschaftlichen Hauptkonkurrenten
in der Ostsee, die Engländer, aus dem Felde zu schlagen.
Unerfreulich ist das Bild, das uns die Hanse zeigt in ihrem
Verhältnis zu dem Piratentum jener Periode, der Frucht des mecklen-
burgisch-dänischen Krieges. Gegen die Vitalienbrüder in Ost- und
Nordsee hat sich die Gemeinschaft der Hanse doch im wesentlichen
ohnmächtig gezeigt; was an energischem Vorgehen gegen diese See-
räuber zu nennen ist, entsprang der Selbsthilfe einiger meistbeteiligten
Städte.
Am meisten Interesse historischer wie psychologischer Art ruft
doch die Stellung des preussischen Ordens hervor. Hier ein Ritter-
orden, dessen religiös-propagandistische Aufgabe gelöst ist, und der
sich rein politischen und kaufmännischen Bestrebungen hingibt; und
unter diesem Orden Städte, die der Hanse angehören und deren
Handelsinteressen nicht selten mit den kommerziellen wie politischen
Bestrebungen des Ordens kollidieren; dieser letztere eine Landesherr-
schaft darstellend, die im Mitgenuss der hansischen Privilegien stand,
sich aber rücksichtslos über städtische Verfügungen hinwegsetzte.
Begreiflich, dass der Einfluss eines solchen Staats auf die gemein-
same Politik der Hanse von grosser Bedeutung sein musste. Er hat
Schuld an der Unentschlossenheit der Hanse in der flandrischen Frage,
er verletzte die hansische Sperre gegen Flandern am meisten; er kam
zuerst in Konflikt mit den Engländern, da er am meisten ihre Ein-
griffe in die hansische Handelsordnung spürte. Aber der Orden
ist es schliesslich auch gewesen, der, indem er Gotland überrumpelte
und besetzte, einen Schritt unternahm, den Margarethe als schwere
Verletzung ihrer Interessen empfinden musste, und der andererseits
die Einigkeit der Hanse nicht im besten Lichte erscheinen liess.
An dieser Einigkeit mangelt es ja überhaupt stets, sowohl in
inneren, wie äusseren Dingen. Pfundzölle, gemeinsame hansische
Steuern, kommen nicht mehr ordentlich zustande; aber der Orden er-
hebt nun den Pfundzoll als landesherrliche Abgabe. Und während
die Uneinigkeit der Hanse, der Widerstreit der Interessen der ein-
zelnen Städtegruppen, namentlich in Nowgorod, Erfolge von Wert für
die Allgemeinheit unmöglich macht, wird dagegen praktisch weit mehr
erreicht durch den Zusammenschluss der engeren Städtebünde, durch