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Historische Vierteljahrsschrift — 3.1900

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Kritiken
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https://doi.org/10.11588/diglit.60745#0540
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524

Kritiken.
Bilfinger, 'Untersuchungen über die Zeitrechnung der Germanen
I. Das altnordische Jahr. 97 S. 4°. Stuttgart 1899.
Alex. Tille, Yule and Christinas their place in the germanic year
218 S. 4°. London 1899.
Die vorliegenden Schriften beschäftigen sich beide mit dem alt-
germanischen Jahr. Bilfinger beschränkt sich auf das nordgermanische
Jahr und zwar auf das isländische Kalenderjahr, das er mit, vollem
Rechte als ein mittleres Osterjahr auffasst. Die Festlegung gewisser
Sitten und Bräuche auf bestimmte Tage gehört erst der Zeit an, wo
jenes christliche Jahr zur Herrschaft gekommen war. Dagegen haben
diese sicher schon früher bestanden und sind auch in denselben Zeiten
gepflogen worden, in die man sie später festgelegt hat. Zu weit ge-
gangen scheint mir B. mit der Behauptung, dass erst das christliche
Osterjahr die siebentägige Woche und die Wochentage gebracht habe;
diese hat m. E. eine frühere Kulturwelle nach dem Norden gebracht.
Auch sonst ist manche Annahme B.s anfechtbar.
Tille behandelt das ganze germanische Jahr. Er führt in dem
vorliegenden Werke aus, was er in seiner Geschichte der deutschen
Weihnacht angedeutet hat. Darnach ist das germanische Jahr eine
Mischung des alten arischen zweiteiligen Jahres, das nur Sommer und
Winter kannte, und eines in urgermanischer Zeit aus dem Oriente
eingewanderten dreiteiligen Jahres, das seine Einschnitte in der ersten
Hälfte des November, März und Juli hatte. Jedes Jahresdrittel zer-
fiel wieder in zwei Zeitabschnitte von je 60 Tagen, von denen der
eine wohl der ags. Giuli, ein anderer der Lida war. Bedingt war
diese Dreiteilung durch die wirtschaftlichen Verhältnisse, weshalb die
Anfänge der einzelnen Hauptteile bei den Nordgermanen um einen
Monat verschoben waren. Diese altgermanische Zeiteinteilung erhielt
eine Umwälzung durch die Einführung des römischen Kalenderjahres,
durch welches die vier Jahresviertel und die Solstitien und Aequi-
noctien nach den germanischen Ländern kamen. Durch diese Um-
wälzung und unter dem Einflüsse kirchlicher Satzungen fand eine Ver-
schiebung der altgermanischen heidnischen Feste, die durch die wirt-
 
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