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Hyrtl, Joseph
Onomatologia anatomica: Geschichte und Kritik der anatomischen Sprache der Gegenwart ; mit besonderer Berücksichtigung ihrer Barbarismen, Widersinnigkeiten, Tropen, und grammatikalischen Fehler — Wien, 1880

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https://doi.org/10.11588/diglit.14858#0272
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174. Hilus renis.

Das Adjectiv hepaticus kommt jedem anatomischen Ge-
bilde zu, welches mit der Leber in Beziehung steht, während
jecorosus im Caelius Aurelianus, und jecinerosus, auch jeco-
riticus1), bei den Spätlateinern, nur für leberkrank ange-
wendet werden.

Ein bei den Restauratoren der Anatomie öfters auffallender
Name für Leber, ist Ficaturn. Man erräth allsogleich, dass aus
diesem Ficaturn, das spanische Mgado, das italienische fegato,
und das französische foie abstammen. Ficaturn ist kein barba-
risches, sondern ein echt lateinisches Wort. Die Leber der
Gans war, wie jetzt, so auch bei den Römern, eine leckere
Speise. Die Gourmands liebten besonders die Leber einer mit
trockenen Feigen gefütterten weissen Gans:

„Pinguibus et ficis pastum jecur anseris albiu.

(Horatii Bat. II, 8, 80.)

Eine solche Leber, heisst im Apicius, welcher sie zu bereiten
lehrte, Ficaturn, von ficus, wie das griechische truvuoTbv Yjarap
(umoti der Neugriechen), von cüxov, Feige.

174, Hilus renis.

Wer zuerst die anatomische Sprache mit diesem gramma-
tikalischen Fehler verzierte, kann uns gleichgiltig sein. Wenn
Pier er und Choulant's Realwörterbuch2), diese Ehre dem
Eustachius vindicirt, so muss ich ihn dagegen in Schutz
nehmen, denn in der von Lancisi 1714 besorgten Herausgabe
seiner Tafeln, ist nirgends von Hilus renis die Rede, und die im
Pier er citirte Pagina 33} enthält nichts als die Erklärung der

') Jecur, auch Joeur im Plinius, hat einen dreifachen Genitiv:
jecoris, jecinoris und jocinoris, aus welchem obige Beiwörter ge-
bildet wurden.

2) T. VI, pag. 844.
 
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