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164

Zllustrirte Welt.

Seines Glückes Schmied.
Roman
von
Ewald August König.
(Fortsetzung.)
Befremdet blickte Hermann den Vetter an, der mit
zitternder Hand das Glas zum Munde führte.
„Du wirst doch ein Duell nicht fürchten?" fragte er.
„Das wäre mit der Thatsache, daß Du früher den Degen
getragen hast, unvereinbar."
„Nein, nein, von Furcht kann keine Rede sein, jeden

Zweifel an meinem Mut würde ich als eine persönliche
Beleidigung betrachten. Aber ich hasse alles, was Auf-
sehen erregt, und ich bestreite dem Hauptmann jede Be-
rechtigung zu einem feindseligen Auftreten gegen mich.
Wenn er glaubt, die Hand Hertha's beanspruchen zu dürfen,
so werde ich ihm dieses Recht nicht streitig machen —"
„Verzeihe, die Dinge liegen genau so, wie ich sie Dir
geschildert habe," fiel Hermann ihm ungeduldig in die
Rede, „Rechte besitzt Galen nicht, mein Papa wird sie ihm
auch niemals einräumen. Deiner Verlobung mit Hertha
steht also nichts im Wege, und je eher sie erfolgt, desto
besser ist es für uns alle. Der Thatsache, die er nicht
ändern kann, wird Galen sich fügen, der Erbschaftsprozeß
hat dann auch sein Ende erreicht —"
„Ihn zu beenden, hängt nur von dem Willen Deines

Vaters ab, wie er begonnen werden konnte, ist mir über-
haupt unbegreiflich."
„Wir wollen das jetzt nicht erörtern, Franz, die Gründe,
die meinen Vater dazu nötigten, sind Dir ja bekannt.
Ich habe Dir einen wohlgemeinten Rat gegeben, Du wirst
es nicht bereuen, wenn Du ihn befolgst, natürlich voraus-
gesetzt, daß Du die ernste Absicht hegst, Hertha als Deine
Gattin heimzuführen."
„Gewiß hege ich diese Absicht!"
„Dann zaudere auch nicht länger, die Verlobung per-
fekt zu machen."
„Kannst Du mir dafür garantiren, daß Hertha mir
das Jawort geben wird?" fragte der Baron mit einem
lauernden Blick.
„Ich wüßte nicht, weshalb sie es Dir verweigern sollte!"

I. Ter Brunnen an der Bai. — 2 Mattonistraße in Alt-Mcntone. — 3. Die älteste Straße. — 4. Olivcnmühle. — ü. Bcwässerungsmühlc bei Bordighera. — 8. Straßenwinkel in Alt-Mcntonc.


Bilder aus Mentone. Zeichnung von G. Durand. (S. 167.)

„Aber ich weiß cs; der Hauptmann steht zwischen ihr
und mir, und ich habe keine Lust, mir einen Korb zu holen."
„Ich glaube Dir mein Wort darauf geben zu dürfen,
daß Du das nicht zu befürchten hast !"
Franz von Feldern schüttelte zweifelnd das Haupt, sein
Blick streifte dann und wann mit einem forschenden Aus-
druck verstohlen das blasse Antlitz Hermanns.
Sie waren inzwischen beim Dessert angelangt, das aus
Obst und Backwerk bestand; der Baron schob seinen Teller
zurück und legte die Serviette hin.
„Du bist in diesem Punkte nicht ehrlich, mein Freund,"
sagte er sarkastisch, „Du sagst mir das alles, weil Du die
Verlobung wünschest. Reden wir heute nicht mehr davon,
ich werde die erste günstige Gelegenheit benützen, um mir
über die Gefühle Hertha's Gewißheit zu verschaffen, dann
muß es sich ja finden, ob meine Verlobung mit ihr in der
Möglichkeit liegt. Was Deinen andern Rat betrifft, so

werde ich ihn befolgen und die Begegnung mit dem Eisen-
fresser vermeiden; im übrigen könnte cs ihm nicht schaden,
wenn Du ihn auf die Folgen seines unmotivirten Hasses
aufmerksam machen wolltest. Und nun genug davon!"
„Wie Du willst!" erwiderte Hermann, der emsig be-
schäftigt war, die Dessertschüsseln zu leeren. „Ich hab's
dem Hauptmann gegenüber an ernsten Warnungen nicht
fehlen lassen; vermeidest Du es nun, mit ihm zusammen-
zutrcffen, so wird sein Haß Dir wohl nicht gefährlich wer-
den. Du sprachst vorhin von einem Darlehen," fuhr er
nach einer kurzen Pause zögernd fort, „ich befinde mich
augenblicklich allerdings in einiger Verlegenheit, aber ich
würde Dir nichts davon gesagt haben, wenn Du mir nicht
zuvorgekommen wärst. Wenn Du mir hundert Thaler
leihen wolltest, so wäre ich Dir dafür sehr dankbar."
Franz von Feldern holte sein Portefeuille aus der Tasche
und legte eine Banknote vor sich hin.

„Ich verleihe grundsätzlich kein Geld," sagte er, „denn
nichts gefährdet mehr die Freundschaft als dies. Aber bei
Dir will ich eine Ausnahme machen, hier ist das Geld
und dort auf meinem Schreibtisch findest Du alles, was
Du bedarfst, fertige mir einen Schuldschein aus."
Der Lieutenant hatte bereits die Banknote ausgenommen,
er trällerte eine Opernarie, während er zum Schreibtisch ging.
„Ich könnte darin eigentlich ein Mißtrauen erblicken,"
scherzte er, ohne ^en verächtlichen Blick zu bemerken, mit
dem der Baron ihn beobachtete; „unter Verwandten und
intimen Freunden stellt man keine Schuldscheine aus —"
„Darüber denke ich anders, ich habe in allen Dingen
gerne Ordnung," fiel der Baron ihm kühl und gemeßen
in die Rede. „Ich glanbe, wenn ich mich ans Geld-
geschäfte verlegen wollte, so könnte ich ein sehr hartherziger
Wucherer werden, ich habe jetzt den Wert und die Macht
des Geldes kennen gelernt."
 
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