174
Illustrirte Welt.
Adile.
Eine indische Novelle
von
W. Ilinzner in Batavia.
(Fortsetzung.)
Am nächsten Tage zog die junge Frau in ihrer neuen
Wohnung ein und mit ihr nie geträumte Seligkeit und
süßes, heimliches Glück für Stauffenegg, der sich in den Armen
seiner Frau selig fühlte. Was seiner schönen Gattin an
europäischer Bildung fehlte, brachte sie ein durch ihren
natürlichen Verstand und ihre rasche Auffassung, haupt-
sächlich aber durch ihre Hingabe und feurige Zärtlichkeit
für ihren Gatten. Wenige Tage verliefen und schon ver-
stand sie jeden seiner Wünsche an seinem Blicke zu erraten
und führte sie aus, ehe er noch die Bitte darum ausgesprochen
hatte. Täglich entdeckte von Stauffenegg neue vortreff-
liche Eigenschaften des Geistes und Herzens an ihr, und
er versäumte nicht, gegen van Kämpen, den er häufig be-
suchte, sein Glück zu rühmen. Wenn nun dieser eingefleischte
Pessimist etwas von seinem Unglück ahnenden Verstände zum
Vorschein brachte, lachte ihm sein Freund ins Gesicht, sprach
von dem Neide, den dieser gegen ihn fühlte, schalt ihn einen
alten, unverbesserlichen gelben Hagestolz und bat ihn, doch
selbst einmal zu kommen, um sein junges, frohes Glück im
Neste zu sehen. Er ruhte auch nicht eher, bis Kämpen
kam. Dieser beobachtete die junge Frau mit großer Auf-
merksamkeit in ihrem Thun und sagte zu Stauffenegg, zu
dessen großem Verdrusse, kein Wort, was er dachte. Selbst als
dieser ihn abends nach seiner Villa zurückgeleitete, ließ er
sich nicht aus und plauderte über die letzten europäischen
Postnachrichten und alles mögliche Alltägliche. Endlich
hielt es Stauffenegg nicht länger mehr aus und stellte
direkt die Frage, was er jetzt für eine Ansicht habe, da er
seine Gattin zu Hause gesehen habe.
„Freund," sagte der Befragte langsam und roch eifrig
an seinem stark nach HanZ-HunZ duftenden Taschentuche,
„Sie wollen also meine Ansicht wissen? Gut, ich will sie
Ihnen offen sagen: Ihre Frau ist zweifellos die schönste
und liebenswürdigste Malaiin, welche ich je gesehen habe.
So lange sie schön, jung und zärtlich ist, werden Sie mit
ihr immer glücklich sein; den Mangel an Bildung werden
ihre Küsse Sie vergessen machen. Aber das wird leider
nicht lange dauern. Die eingeborenen Frauen altern schnell;
die schönen, jetzt so vollen, weichen Formen verschwinden,
die Wangen bekommen Falten und — doch was soll ich
Ihnen eine alte Inländerin malen, die Sie jeden Augen-
blick selbst sehen können. Dann aber wird Ihnen," und
jetzt begann über das gelbe Pergamentgesicht ein malitiöses
Lächeln sich zu verbreiten, und der kleine Schnurrbart wurde
von der schmalen, aristokratischen Hand leise aufgedreht,
„die jetzt so angenehm zu ertragende Zärtlichkeit vielleicht,
ich sage vielleicht, etwas weniger süß schmecken, — weniger
— süß — schmecken — Sie rauchen da eine süperbe Ci-
garre, wo kaufen Sie dieselbe? — und die Aufmerksamkeit
Ihrer Frau als einfache Pflichterfüllung erscheinen. Wäre
sie Ihre Frau dann nicht, nur eine Freundin, nun gut, so
könnten Sie langsam auf den Gefrierpunkt herabgehen und
eines Tages als angenehm überraschter, zufriedener Witwer
ein Lied in die frische Morgenluft hineinpfeifen. Versichere
Ihnen, ein wahrhaft beneidenswerter Zustand, dieses, das
heißt dieses Witwertum! Weh' Ihnen aber, wenn Sie
je einmal bei Adils an so etwas denken. Die zarte
Taube würde sich in einen rasenden Geier verwandeln, und
dies so rasch, daß Sie baff wären über diese schnelle
Metamorphose! Ich bringe dabei den Bruder noch nicht
einmal ins Treffen. Sie allein mit all ihrer Sanftmut
und Demut und was sonst noch auf mut hinausgeht, würde
eine Zurücksetzung — von Verstoßung spreche ich gar nicht
— schrecklich und wie eine Malaiin rächen! Sie lächeln,
deutscher Schwärmer, und glauben mir nicht? Einer meiner
Diener hatte eine der kleinen, bunten und sehr giftigen
Korallenschlangen gezähmt und konnte mit ihr beginnen,
was er wollte. Er spielte mit ihr; sie kroch unter sein
Hemd und oft wickelte er sie wie eine Schnur um den
Hals; sie ließ sich alles gefallen. Eines Tages trat er
sie aus Versehen auf den Schweif, sie biß ihn und nach
fünfzehn Minuten war er tot. Nehmen Sie sich in acht!
Ihre Frau ist eine solche bunte Korallenschlange!"
Stauffenegg war durch die Worte des Freundes gekränkt
und noch mehr durch die Ruhe und den Sarkasmus, welche in
dem Tone lagen, womit dieser alles aussprach. Und dabei
klang noch so eine ganz beleidigend sichere Ueberzeugung
heraus! Sie nahmen kurz, beinahe kühl, Abschied, und
der junge Offizier lehnte die herzliche Einladung Kampens,
bei ihm em wenig vorzusprechen, unter Entschuldigungen
ab, auf dem Nachhauseweg beschloß er aber, sich von einem
Manne, der die innigsten Gefühle seines Herzens so tief
verletzt hatte, möglichst ferne zu halten. Und van Kampe» ?
Er ließ sich, daheim angekommen, die leichten Hauskleider
anziehen, nahm dann fein Taschentuch, machte an einen
Zipfel desselben einen Knopf und warf es so in eine große
Vase, welche auf dem eleganten Tischchen dort stand, dann
legte er sich auf ein Sofa und rief:
»In, llassi unzor-putk samu eis." *)
') Gib mir Champagner mit Eis.
Ein Lächeln der Selbstzufriedenheit zog über sein
Antlitz. Später warf er nochmals einen Blick auf die Vase.
Als von Stauffenegg zu Hause angekommen war, fand er
die Ordre, mit einem Detachement von hundert Mann sich
nach Celebes einzuschiffen. Der Hauptaufstand war zwar
schon unterdrückt, aber einzelne umherstreifende Truppen
zeigten sich noch in der Nähe vom Fort Macassar, und der
dortige Kommandant hatte Verstärkung verlangt. Stauffen-
egg, der ein tüchtiger Offizier war, fühlte sich angenehm über-
rascht, daß sein Chef ihn zum Befehlshaber der Truppe
ausersehen hatte. H'^' war ihm, da er völlig selbständig
war, Gelegenheit gegeben, sich auszuzeichnen und sogar
vielleicht Beförderung oder Belohnung zn erlangen. Sein
junges Weib begann sofort, als er ihr diese Nachricht mit-
teilte, die für den Zug nötigen Dinge zu packen und mit
einer Sorgfalt all jene Sachen, welche hauptsächlich der
Bequemlichkeit ihres Gatten dienen sollten, auszuwählen,
daß dieser noch mehr entzückt war über den kostbaren Schatz,
der jetzt ihm gehörte, wie nur je. Sie vergaß nichts, was
nötig nnd nützlich war; allein an ihre Person sckien sie nicht
zu denken. Machte sie Stauffenegg darauf aufmerksam, dann
gab sie ihm zur Antwort, daß er, an Klima und Lebens-
weise noch nicht genügend gewöhnt, nicht genug Gegenstände
mitnehmen könne, um den Strapazen, welche seiner harrten,
zu widerstehen; sie, die mit beiden bekannt sei, fühle sich
sowohl in Celebes, als auf Java, im Gebirge, wie in den
Dschungeln gleich gut zu Hause.
Kann man es oem jungen Mann, der sah, wie sein
junges, schönes Weib nur an und für ihn dachte und fühlte,
Übelnehmen, wenn er sie fast anbetete vor Liebe, daß
er die Zeit mit ihr unter Küssen und Scherzen vertändelte?
Und sw fand ja, trotz aller Sorgen um ihn, immer noch
genug Zeit, um seine Küsse mit Zinsen zurückzugeben.
Zwei junge Tauben, die ihr erstes Nestchen bauen,
können nicht glücklicher sein, und dieses ganze, holde, selige
Glück wagte der pergamentene holländische Krämersbeamte
als fraglich hinzustellen.
„Neid, alter Hagestolz, ist es von Dir, häßlicher, böser,
abscheulicher Neid!"
Wenige Tage später ging der junge Deutsche mit seiner
Frau an Bord der „Königin", woselbst sich das Detache-
ment bereits befand. Die Ueberfahrt, ein neuer Abschnitt
bei dem glücklichen Paare, war bald vorbei und die gebirgige
Küste von Celebes kam in Sicht. Das kleine Fort, wo
die Abteilung ausbarkirt wurde, bestand aus Erdwällen,
hinter denen ein paar Gesckütze lagen, und war mit einer
Reihe Palissaden von schwerem Teakholz umgeben. Das-
selbe lag dicht an einer kleinen Bucht im Schatten großer
Waringinbäume. Im Innern des Forts befanden sich
einfache Bambushütten, nach Landessitte auf hohe Pfähle
gebaut, welche von dem Kommandanten des Platzes und
der Besatzung bewohnt wurden, eine derselben wurde
Stauffenegg und seiner Frau eingeräumt. Das neuan-
gekommene Detachement lagerte außerhalb des Platzes in
einem kleinen Palmenwäldchen, wo es hinreichend Schatten
fand.
Stauffenegg vernahm nun, daß die Rebellen, welche das
Fort belagert hatten, mehr gegen das Gebirge sich zurückgezogen
hatten und dort beschäftigt waren, die LuinxonZs der treuen
Eingeborenen zu brandschatzen. Infolge dessen ward ihm
befohlen, nach einigen Tagen, während welcher die Sol-
daten ruhen sollten, sich auf den Marsch zu begeben und die
Aufrührer in das Gebirge zurückzuwerfen.
Als die Zeit des Abmarsches kam, drang er in Adils,
im Fort seine Zurückkunft abzuwarten, und stellte ihr vor
Augen, daß der Zug für eine schwache Frau zu anstrengend
und hauptsächlich nicht ohne Gefahr sei. Er bat sie so
dringend, seinem Rate zu folgen, und doch sagte Adils
lächelnd und ihn mit ihren großen dunklen Kindcraugen
schelmisch anschauend:
„Warum bin ich Deine Frau geworden, Du Lieber, als
daß ich Freud' und Leid mit Dir teile? Ich glaube im
Gegenteil, daß ich noch nichts von Müdigkeit fühlen werde,
wenn Du und Deine Soldaten von Hitze und Durst er-
schöpft sein werdet; ich bin das Klima gewöhnt und kenne
die Mittel, ihm widerstehen zu können. Und Gefahr? Ich
kenne für mich keine."
Dies sagte sie so einfach und schien das Opfer, welches sie
brachte, so gering zu achten, daß Stauffenegg ihr gestattete,
mitzukommen. Er war ja so glücklich, sich von ihr nicht trennen
zu müssen. Und bald hatte er Gelegenheit, zu sehen, daß
er und seine Soldaten froh sein durften, die junge malaiische
Frau bei sich zu haben. So lange der Marsch durch be-
völkerte Strecken ging, traf man wenig Hindernisse und
kein Feind ließ sich sehen; sobald man sich aber dein Ge-
birge näherte, welibes durch die Mitte des ganzen Eilandes
hinzieht, veränderte sich das Schauspiel. Die Dörfer ver-
schwanden, die einzelstehenden Häuser waren verlassen oder
die Bewohner gaben falsche, sich widersprechende Antworten.
Das Terrain wurde zunehmend unwegsamer, voll Schluchten,
tief eingeschnittener reißender Bäche, voll dichter Wälder
und Dschungeln. Kundige Führer waren notwendig. Jetzt
ließ Adils blicken, von welchem Nutzen ihre Anwesenheit
war. Sobald man einen Eingeborenen ergriffen hatte,
welcher als Wegweiser dienen sollte, begann sie sich mit
ihm in ein Gespräch einzulassen. Sie suchte durch alle
möglichen Kreuz- und Querfragen seine Gesinnung zu er-
gründen, Nachrichten über den Feind zu erlangen und sagte
dann, wenn ihr Verhör zu Ende war, zu ihrem Maune
in holländischer Sprache möglichst gleichgiltig: „Auf diesen
Mann kannst Du Dich verlassen," oder: „Laß diesen Mann
binden und als Gefangenen mitsühren, er wird sonst den
Feinden von uns melden."
Sehr überrascht war Stauffenegg, als sie eines Tages
mit dem zärtlichsten Ausdruck im Blick zu ihm hinsah und
ruhig sagte:
„Lasse den Menschen sofort erschießen; er ist von den
Macasars gedungen, um euch in einen Hinterhalt zu locken."
Und sie hatte sich nicht getäuscht; als der Malaie sah,
daß man Anstalten machte, ihn zu erschießen, lachte er dem
Offizier ins Gesicht unb rief höhnisch:
„Wenn Du auch diesesmal gesiegt hast, so wird Dich
ein anderer uns in die Hände führen."
Bei der Exekution sah Adils so teilnahmslos zu, als
würde ein totes Huhn gerupft.
Es war bewunderungswürdig, wie der Instinkt und
die Aussagen der Eingeborenen die junge Frau Maßregeln
zum Schutze des Detachements treffen ließen, ohne daß ihr
Gatte oder einer der Soldaten von ihr um Rat befragt
wurden.
Noch hatte man keinen Feind gesehen. Adils machte
aber fortwährend darauf aufmerksam, daß man von ihm
stets beobachtet werde und jeden Augenblick überfallen
werden könne. Da man der großen Hitze halber nicht
vor Sonnenuntergang den Marsch antrat, bestand sie darauf,
daß die Führer mit der Spitze gehen sollten, denn es ist
Gewohnheit der Eingeborenen, sich im Dunkeln in den
Hinterhalt zu legen, über den Weg ein Tau zu spannen,
und, sobald dieses berührt würde, nach dieser Richtung hin
Feuer zu geben. Stauffenegg lachte anfangs über diese Art der
Kriegführung, mußte aber doch zugestehen, als in einer der
folgenden Nächte plötzlich mehrere Schüsse fielen und der
Führer und ein paar Soldaten getötet wurden: „Der Krieg
in den Dschungeln ist anders wie der in Europa."
Man konnte nicht mehr daran zweifeln, daß man fort-
während von allen Seiten vom Feinde umgeben war, der
aber stets unsichtbar blieb und jeder Begegnung auswich.
Von einem Zuleibegehen war keine Rede, denn die Wild-
nis verhinderte jedes Abweichen von- dem schmalen Pfade.
Täglich kam man dem Hauptgebirge näher und immer
mühsamer wurden die Wege, welche auf den eigentlichen
Hauptplatz des Aufruhrs führten; Vorsicht war nötiger
als je, und die Anstrengungen stiegen stündlich. Glücklicher-
weise wurde mit der Nähe der Berge die Luft etwas kühler,
so daß man auch einen Teil des Tages marschiren konnte.
Eines Mittags wurde in einem Thale, das von einem
Bache durchströmt wurde, Rast gemacht, um den völlig
erschöpften Mannschaften etwas Ruhe zu gönnen; mit Ein-
tritt der Abendkühle sollte der Weitermarsch angetreten werden.
Stauffenegg lag im Schatten eines Felsblockes, der rings
von dichtem Gesträuch umgeben war; neben ihm lag das
Gewehr eines Soldaten, das er zu seinem Schutze sich
angeeignet hatte. Seine Frau lag neben ihm uns schien,
so dünkte ihm wenigstens, vow Zeit zu Zeit scharf aufzu-
horchen. Endlich legte sie sich, von Müdigkeit übermannt,
mit dem Gesichte nach dem Gebüsche gekehrt, an den Felsen
und schloß die Augen, um sie nur zeitweise schlaftrunken
wieder halb zu öffnen. Ihr Gatte hörte auf zu sprechen,
um sie nicht im Schlafe zu stören, und war eben daran,
auch einzuschlummern, als sie plötzlich aufsprang, das Ge-
wehr ergriff und mit dem Bajonet zweimal aus Leibes-
kräften in das Gesträuch stieß. Ein Schrei ertönte und
ein Malaie brach schwer verwundet ins Freie und stürzte
zu Boden. Wie eine wütende Tigerin fiel Adils über
ihn her und tötete ihn mit weiteren Bajonetstichen.
Stauffenegg sprang entsetzt auf und starrte auf diese
Scene, welche nur wenige Sekunden gedauert hatte. So
schnell die Frau die That ausgeführt hatte, so schnell war
sie wieder ruhig, als wäre nichts vorgefallen.
„Ich sah schon lange," sprach sie lächelnd, „wie er gleich
einer Schlange heranschlich; seine Lanze war nur noch eine
Spanne breit von Deinem Kopfe weg, und hätte ich ihn
nicht getötet, so hätte er Dich ermordet. Würde ich mich
früher gerührt haben, so wäre er geflüchtet."
Sie sprach das so ruhig, als handelte es sich um eine
Spinne, die sie zertreten hätte; ihr Gesicht blieb unver-
ändert hübsch, und ihre Stimme zitterte nicht im geringsten-
Als das Detachement wieder im Marsche war, drängten
sich Stauffenegg unwillkürlich verschiedene Gedanken auf; die
Besonnenheit, womit Adils im höchsten Momente der Gefahr
den Feind tötete, die Wut, womit sie sich aus ihn warf,
die Ruhe nach der That, alles kam ihm so außergewöhnlich
vor, kontrastirte so sehr mit den Handlungen der Frauen,
welche er bis jetzt gesehen, daß er zu dem Schlüsse kam;
der Charakter seiner Frau sei so verschieden von dem euro-
päiscker Weiber, daß eine Vergleichung mit diesen auch im
entferntesten unmöglich sei. Er konnte ihre Handlungs-
weise mit ihrem sonst so unbefangenen, zarten, kindlichen
Wesen sich nicht zusammenreimen. Hatte nicht van Kämpen
gesagt, die Taube könne auch ein Geier sein? Und wie
lieb auch ihre Augen zu ihm aufsahen, wie zärtlich sie auch
ihren Arm um seinen Nacken schlang und ihm sachte die
Wange streickelte; so süß auch ihr kleine: Mund im Kusse
war, immer sah er den von Wut funkelnden Blick und
das Bajonet dem schon schwer verwundeten Gegner aufs
neue in die Brust stoßen.
Einige Tage waren seitdem vergangen, als Stauffenegg
Bericht empfing, daß die Bewohner des Gebirgsdorfes, welches
er als Ziel vor sick hatte, bereit waren, sich zu unterwerfen,
und ihn baten, friedsam bei ihnen einzurücken. Der Ort
Illustrirte Welt.
Adile.
Eine indische Novelle
von
W. Ilinzner in Batavia.
(Fortsetzung.)
Am nächsten Tage zog die junge Frau in ihrer neuen
Wohnung ein und mit ihr nie geträumte Seligkeit und
süßes, heimliches Glück für Stauffenegg, der sich in den Armen
seiner Frau selig fühlte. Was seiner schönen Gattin an
europäischer Bildung fehlte, brachte sie ein durch ihren
natürlichen Verstand und ihre rasche Auffassung, haupt-
sächlich aber durch ihre Hingabe und feurige Zärtlichkeit
für ihren Gatten. Wenige Tage verliefen und schon ver-
stand sie jeden seiner Wünsche an seinem Blicke zu erraten
und führte sie aus, ehe er noch die Bitte darum ausgesprochen
hatte. Täglich entdeckte von Stauffenegg neue vortreff-
liche Eigenschaften des Geistes und Herzens an ihr, und
er versäumte nicht, gegen van Kämpen, den er häufig be-
suchte, sein Glück zu rühmen. Wenn nun dieser eingefleischte
Pessimist etwas von seinem Unglück ahnenden Verstände zum
Vorschein brachte, lachte ihm sein Freund ins Gesicht, sprach
von dem Neide, den dieser gegen ihn fühlte, schalt ihn einen
alten, unverbesserlichen gelben Hagestolz und bat ihn, doch
selbst einmal zu kommen, um sein junges, frohes Glück im
Neste zu sehen. Er ruhte auch nicht eher, bis Kämpen
kam. Dieser beobachtete die junge Frau mit großer Auf-
merksamkeit in ihrem Thun und sagte zu Stauffenegg, zu
dessen großem Verdrusse, kein Wort, was er dachte. Selbst als
dieser ihn abends nach seiner Villa zurückgeleitete, ließ er
sich nicht aus und plauderte über die letzten europäischen
Postnachrichten und alles mögliche Alltägliche. Endlich
hielt es Stauffenegg nicht länger mehr aus und stellte
direkt die Frage, was er jetzt für eine Ansicht habe, da er
seine Gattin zu Hause gesehen habe.
„Freund," sagte der Befragte langsam und roch eifrig
an seinem stark nach HanZ-HunZ duftenden Taschentuche,
„Sie wollen also meine Ansicht wissen? Gut, ich will sie
Ihnen offen sagen: Ihre Frau ist zweifellos die schönste
und liebenswürdigste Malaiin, welche ich je gesehen habe.
So lange sie schön, jung und zärtlich ist, werden Sie mit
ihr immer glücklich sein; den Mangel an Bildung werden
ihre Küsse Sie vergessen machen. Aber das wird leider
nicht lange dauern. Die eingeborenen Frauen altern schnell;
die schönen, jetzt so vollen, weichen Formen verschwinden,
die Wangen bekommen Falten und — doch was soll ich
Ihnen eine alte Inländerin malen, die Sie jeden Augen-
blick selbst sehen können. Dann aber wird Ihnen," und
jetzt begann über das gelbe Pergamentgesicht ein malitiöses
Lächeln sich zu verbreiten, und der kleine Schnurrbart wurde
von der schmalen, aristokratischen Hand leise aufgedreht,
„die jetzt so angenehm zu ertragende Zärtlichkeit vielleicht,
ich sage vielleicht, etwas weniger süß schmecken, — weniger
— süß — schmecken — Sie rauchen da eine süperbe Ci-
garre, wo kaufen Sie dieselbe? — und die Aufmerksamkeit
Ihrer Frau als einfache Pflichterfüllung erscheinen. Wäre
sie Ihre Frau dann nicht, nur eine Freundin, nun gut, so
könnten Sie langsam auf den Gefrierpunkt herabgehen und
eines Tages als angenehm überraschter, zufriedener Witwer
ein Lied in die frische Morgenluft hineinpfeifen. Versichere
Ihnen, ein wahrhaft beneidenswerter Zustand, dieses, das
heißt dieses Witwertum! Weh' Ihnen aber, wenn Sie
je einmal bei Adils an so etwas denken. Die zarte
Taube würde sich in einen rasenden Geier verwandeln, und
dies so rasch, daß Sie baff wären über diese schnelle
Metamorphose! Ich bringe dabei den Bruder noch nicht
einmal ins Treffen. Sie allein mit all ihrer Sanftmut
und Demut und was sonst noch auf mut hinausgeht, würde
eine Zurücksetzung — von Verstoßung spreche ich gar nicht
— schrecklich und wie eine Malaiin rächen! Sie lächeln,
deutscher Schwärmer, und glauben mir nicht? Einer meiner
Diener hatte eine der kleinen, bunten und sehr giftigen
Korallenschlangen gezähmt und konnte mit ihr beginnen,
was er wollte. Er spielte mit ihr; sie kroch unter sein
Hemd und oft wickelte er sie wie eine Schnur um den
Hals; sie ließ sich alles gefallen. Eines Tages trat er
sie aus Versehen auf den Schweif, sie biß ihn und nach
fünfzehn Minuten war er tot. Nehmen Sie sich in acht!
Ihre Frau ist eine solche bunte Korallenschlange!"
Stauffenegg war durch die Worte des Freundes gekränkt
und noch mehr durch die Ruhe und den Sarkasmus, welche in
dem Tone lagen, womit dieser alles aussprach. Und dabei
klang noch so eine ganz beleidigend sichere Ueberzeugung
heraus! Sie nahmen kurz, beinahe kühl, Abschied, und
der junge Offizier lehnte die herzliche Einladung Kampens,
bei ihm em wenig vorzusprechen, unter Entschuldigungen
ab, auf dem Nachhauseweg beschloß er aber, sich von einem
Manne, der die innigsten Gefühle seines Herzens so tief
verletzt hatte, möglichst ferne zu halten. Und van Kampe» ?
Er ließ sich, daheim angekommen, die leichten Hauskleider
anziehen, nahm dann fein Taschentuch, machte an einen
Zipfel desselben einen Knopf und warf es so in eine große
Vase, welche auf dem eleganten Tischchen dort stand, dann
legte er sich auf ein Sofa und rief:
»In, llassi unzor-putk samu eis." *)
') Gib mir Champagner mit Eis.
Ein Lächeln der Selbstzufriedenheit zog über sein
Antlitz. Später warf er nochmals einen Blick auf die Vase.
Als von Stauffenegg zu Hause angekommen war, fand er
die Ordre, mit einem Detachement von hundert Mann sich
nach Celebes einzuschiffen. Der Hauptaufstand war zwar
schon unterdrückt, aber einzelne umherstreifende Truppen
zeigten sich noch in der Nähe vom Fort Macassar, und der
dortige Kommandant hatte Verstärkung verlangt. Stauffen-
egg, der ein tüchtiger Offizier war, fühlte sich angenehm über-
rascht, daß sein Chef ihn zum Befehlshaber der Truppe
ausersehen hatte. H'^' war ihm, da er völlig selbständig
war, Gelegenheit gegeben, sich auszuzeichnen und sogar
vielleicht Beförderung oder Belohnung zn erlangen. Sein
junges Weib begann sofort, als er ihr diese Nachricht mit-
teilte, die für den Zug nötigen Dinge zu packen und mit
einer Sorgfalt all jene Sachen, welche hauptsächlich der
Bequemlichkeit ihres Gatten dienen sollten, auszuwählen,
daß dieser noch mehr entzückt war über den kostbaren Schatz,
der jetzt ihm gehörte, wie nur je. Sie vergaß nichts, was
nötig nnd nützlich war; allein an ihre Person sckien sie nicht
zu denken. Machte sie Stauffenegg darauf aufmerksam, dann
gab sie ihm zur Antwort, daß er, an Klima und Lebens-
weise noch nicht genügend gewöhnt, nicht genug Gegenstände
mitnehmen könne, um den Strapazen, welche seiner harrten,
zu widerstehen; sie, die mit beiden bekannt sei, fühle sich
sowohl in Celebes, als auf Java, im Gebirge, wie in den
Dschungeln gleich gut zu Hause.
Kann man es oem jungen Mann, der sah, wie sein
junges, schönes Weib nur an und für ihn dachte und fühlte,
Übelnehmen, wenn er sie fast anbetete vor Liebe, daß
er die Zeit mit ihr unter Küssen und Scherzen vertändelte?
Und sw fand ja, trotz aller Sorgen um ihn, immer noch
genug Zeit, um seine Küsse mit Zinsen zurückzugeben.
Zwei junge Tauben, die ihr erstes Nestchen bauen,
können nicht glücklicher sein, und dieses ganze, holde, selige
Glück wagte der pergamentene holländische Krämersbeamte
als fraglich hinzustellen.
„Neid, alter Hagestolz, ist es von Dir, häßlicher, böser,
abscheulicher Neid!"
Wenige Tage später ging der junge Deutsche mit seiner
Frau an Bord der „Königin", woselbst sich das Detache-
ment bereits befand. Die Ueberfahrt, ein neuer Abschnitt
bei dem glücklichen Paare, war bald vorbei und die gebirgige
Küste von Celebes kam in Sicht. Das kleine Fort, wo
die Abteilung ausbarkirt wurde, bestand aus Erdwällen,
hinter denen ein paar Gesckütze lagen, und war mit einer
Reihe Palissaden von schwerem Teakholz umgeben. Das-
selbe lag dicht an einer kleinen Bucht im Schatten großer
Waringinbäume. Im Innern des Forts befanden sich
einfache Bambushütten, nach Landessitte auf hohe Pfähle
gebaut, welche von dem Kommandanten des Platzes und
der Besatzung bewohnt wurden, eine derselben wurde
Stauffenegg und seiner Frau eingeräumt. Das neuan-
gekommene Detachement lagerte außerhalb des Platzes in
einem kleinen Palmenwäldchen, wo es hinreichend Schatten
fand.
Stauffenegg vernahm nun, daß die Rebellen, welche das
Fort belagert hatten, mehr gegen das Gebirge sich zurückgezogen
hatten und dort beschäftigt waren, die LuinxonZs der treuen
Eingeborenen zu brandschatzen. Infolge dessen ward ihm
befohlen, nach einigen Tagen, während welcher die Sol-
daten ruhen sollten, sich auf den Marsch zu begeben und die
Aufrührer in das Gebirge zurückzuwerfen.
Als die Zeit des Abmarsches kam, drang er in Adils,
im Fort seine Zurückkunft abzuwarten, und stellte ihr vor
Augen, daß der Zug für eine schwache Frau zu anstrengend
und hauptsächlich nicht ohne Gefahr sei. Er bat sie so
dringend, seinem Rate zu folgen, und doch sagte Adils
lächelnd und ihn mit ihren großen dunklen Kindcraugen
schelmisch anschauend:
„Warum bin ich Deine Frau geworden, Du Lieber, als
daß ich Freud' und Leid mit Dir teile? Ich glaube im
Gegenteil, daß ich noch nichts von Müdigkeit fühlen werde,
wenn Du und Deine Soldaten von Hitze und Durst er-
schöpft sein werdet; ich bin das Klima gewöhnt und kenne
die Mittel, ihm widerstehen zu können. Und Gefahr? Ich
kenne für mich keine."
Dies sagte sie so einfach und schien das Opfer, welches sie
brachte, so gering zu achten, daß Stauffenegg ihr gestattete,
mitzukommen. Er war ja so glücklich, sich von ihr nicht trennen
zu müssen. Und bald hatte er Gelegenheit, zu sehen, daß
er und seine Soldaten froh sein durften, die junge malaiische
Frau bei sich zu haben. So lange der Marsch durch be-
völkerte Strecken ging, traf man wenig Hindernisse und
kein Feind ließ sich sehen; sobald man sich aber dein Ge-
birge näherte, welibes durch die Mitte des ganzen Eilandes
hinzieht, veränderte sich das Schauspiel. Die Dörfer ver-
schwanden, die einzelstehenden Häuser waren verlassen oder
die Bewohner gaben falsche, sich widersprechende Antworten.
Das Terrain wurde zunehmend unwegsamer, voll Schluchten,
tief eingeschnittener reißender Bäche, voll dichter Wälder
und Dschungeln. Kundige Führer waren notwendig. Jetzt
ließ Adils blicken, von welchem Nutzen ihre Anwesenheit
war. Sobald man einen Eingeborenen ergriffen hatte,
welcher als Wegweiser dienen sollte, begann sie sich mit
ihm in ein Gespräch einzulassen. Sie suchte durch alle
möglichen Kreuz- und Querfragen seine Gesinnung zu er-
gründen, Nachrichten über den Feind zu erlangen und sagte
dann, wenn ihr Verhör zu Ende war, zu ihrem Maune
in holländischer Sprache möglichst gleichgiltig: „Auf diesen
Mann kannst Du Dich verlassen," oder: „Laß diesen Mann
binden und als Gefangenen mitsühren, er wird sonst den
Feinden von uns melden."
Sehr überrascht war Stauffenegg, als sie eines Tages
mit dem zärtlichsten Ausdruck im Blick zu ihm hinsah und
ruhig sagte:
„Lasse den Menschen sofort erschießen; er ist von den
Macasars gedungen, um euch in einen Hinterhalt zu locken."
Und sie hatte sich nicht getäuscht; als der Malaie sah,
daß man Anstalten machte, ihn zu erschießen, lachte er dem
Offizier ins Gesicht unb rief höhnisch:
„Wenn Du auch diesesmal gesiegt hast, so wird Dich
ein anderer uns in die Hände führen."
Bei der Exekution sah Adils so teilnahmslos zu, als
würde ein totes Huhn gerupft.
Es war bewunderungswürdig, wie der Instinkt und
die Aussagen der Eingeborenen die junge Frau Maßregeln
zum Schutze des Detachements treffen ließen, ohne daß ihr
Gatte oder einer der Soldaten von ihr um Rat befragt
wurden.
Noch hatte man keinen Feind gesehen. Adils machte
aber fortwährend darauf aufmerksam, daß man von ihm
stets beobachtet werde und jeden Augenblick überfallen
werden könne. Da man der großen Hitze halber nicht
vor Sonnenuntergang den Marsch antrat, bestand sie darauf,
daß die Führer mit der Spitze gehen sollten, denn es ist
Gewohnheit der Eingeborenen, sich im Dunkeln in den
Hinterhalt zu legen, über den Weg ein Tau zu spannen,
und, sobald dieses berührt würde, nach dieser Richtung hin
Feuer zu geben. Stauffenegg lachte anfangs über diese Art der
Kriegführung, mußte aber doch zugestehen, als in einer der
folgenden Nächte plötzlich mehrere Schüsse fielen und der
Führer und ein paar Soldaten getötet wurden: „Der Krieg
in den Dschungeln ist anders wie der in Europa."
Man konnte nicht mehr daran zweifeln, daß man fort-
während von allen Seiten vom Feinde umgeben war, der
aber stets unsichtbar blieb und jeder Begegnung auswich.
Von einem Zuleibegehen war keine Rede, denn die Wild-
nis verhinderte jedes Abweichen von- dem schmalen Pfade.
Täglich kam man dem Hauptgebirge näher und immer
mühsamer wurden die Wege, welche auf den eigentlichen
Hauptplatz des Aufruhrs führten; Vorsicht war nötiger
als je, und die Anstrengungen stiegen stündlich. Glücklicher-
weise wurde mit der Nähe der Berge die Luft etwas kühler,
so daß man auch einen Teil des Tages marschiren konnte.
Eines Mittags wurde in einem Thale, das von einem
Bache durchströmt wurde, Rast gemacht, um den völlig
erschöpften Mannschaften etwas Ruhe zu gönnen; mit Ein-
tritt der Abendkühle sollte der Weitermarsch angetreten werden.
Stauffenegg lag im Schatten eines Felsblockes, der rings
von dichtem Gesträuch umgeben war; neben ihm lag das
Gewehr eines Soldaten, das er zu seinem Schutze sich
angeeignet hatte. Seine Frau lag neben ihm uns schien,
so dünkte ihm wenigstens, vow Zeit zu Zeit scharf aufzu-
horchen. Endlich legte sie sich, von Müdigkeit übermannt,
mit dem Gesichte nach dem Gebüsche gekehrt, an den Felsen
und schloß die Augen, um sie nur zeitweise schlaftrunken
wieder halb zu öffnen. Ihr Gatte hörte auf zu sprechen,
um sie nicht im Schlafe zu stören, und war eben daran,
auch einzuschlummern, als sie plötzlich aufsprang, das Ge-
wehr ergriff und mit dem Bajonet zweimal aus Leibes-
kräften in das Gesträuch stieß. Ein Schrei ertönte und
ein Malaie brach schwer verwundet ins Freie und stürzte
zu Boden. Wie eine wütende Tigerin fiel Adils über
ihn her und tötete ihn mit weiteren Bajonetstichen.
Stauffenegg sprang entsetzt auf und starrte auf diese
Scene, welche nur wenige Sekunden gedauert hatte. So
schnell die Frau die That ausgeführt hatte, so schnell war
sie wieder ruhig, als wäre nichts vorgefallen.
„Ich sah schon lange," sprach sie lächelnd, „wie er gleich
einer Schlange heranschlich; seine Lanze war nur noch eine
Spanne breit von Deinem Kopfe weg, und hätte ich ihn
nicht getötet, so hätte er Dich ermordet. Würde ich mich
früher gerührt haben, so wäre er geflüchtet."
Sie sprach das so ruhig, als handelte es sich um eine
Spinne, die sie zertreten hätte; ihr Gesicht blieb unver-
ändert hübsch, und ihre Stimme zitterte nicht im geringsten-
Als das Detachement wieder im Marsche war, drängten
sich Stauffenegg unwillkürlich verschiedene Gedanken auf; die
Besonnenheit, womit Adils im höchsten Momente der Gefahr
den Feind tötete, die Wut, womit sie sich aus ihn warf,
die Ruhe nach der That, alles kam ihm so außergewöhnlich
vor, kontrastirte so sehr mit den Handlungen der Frauen,
welche er bis jetzt gesehen, daß er zu dem Schlüsse kam;
der Charakter seiner Frau sei so verschieden von dem euro-
päiscker Weiber, daß eine Vergleichung mit diesen auch im
entferntesten unmöglich sei. Er konnte ihre Handlungs-
weise mit ihrem sonst so unbefangenen, zarten, kindlichen
Wesen sich nicht zusammenreimen. Hatte nicht van Kämpen
gesagt, die Taube könne auch ein Geier sein? Und wie
lieb auch ihre Augen zu ihm aufsahen, wie zärtlich sie auch
ihren Arm um seinen Nacken schlang und ihm sachte die
Wange streickelte; so süß auch ihr kleine: Mund im Kusse
war, immer sah er den von Wut funkelnden Blick und
das Bajonet dem schon schwer verwundeten Gegner aufs
neue in die Brust stoßen.
Einige Tage waren seitdem vergangen, als Stauffenegg
Bericht empfing, daß die Bewohner des Gebirgsdorfes, welches
er als Ziel vor sick hatte, bereit waren, sich zu unterwerfen,
und ihn baten, friedsam bei ihnen einzurücken. Der Ort