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—-W LchiuMrriMsüx Jahrgang. M—

2. West.

M Hluitgari, Vrixzig, Rrrlin, Nrn. W—

Die Oeundmühie.

Kriminalroman

von

Ariedrich Iacoösen.
(Fortsetzung.)
astor Hartmann hatte sich beeilt, sein behag-
liches Pfarrhaus wieder zu erreichen.
Das unfreundliche, durch die wilde Einsam-
keit in seiner Wirkung noch verschärfte Wetter
selbst einen abgehärteten Waldbewohner Heim-
treiben, und Hartmann ließ sich obendrein nur ungern die
Abendstunden rauben, in welchen er bei der geliebten
langen Pfeife am Schreibtisch seinen Privatstudien oblag.

mochte

Er pflegte lange zu schlafen und infolge dessen selten
vor Mitternacht sein Lager aufzusuchen; selbst die junge
Pfarrfrau kounte ihn von dieser Gewohnheit nicht heilen.
Und es war just heute abend so absonderlich behaglich
in der durchräucherten Bücherklause. Im Ofen trommelte
das erste Feuer und spielte eine mollige Begleitung zum
Heulen des Windes; dann hatte der seltene Besuch eines
gebildeten Mannes die Gedanken angeregt und endlich —
Ja, das war es eben, das tröstliche Bewußtsein, nicht
mehr hinaus zu müssen in die ungastliche Nacht!
Zehn Uhr!
Die Arbeit wollte nicht recht von der Hand gehen, die
Gedanken wanderten zu unstät>
Trugen denn wirklich allein die aufgefrischten Erinne-
rungen aus der Universitätszeit schuld an dieser heimlichen
Aufregung?
Hartmann hatte unwillkürlich den Brief des Zuchthaus-
direktors und das demselben beiliegende Zeugnis des An-

staltsgeistlichen in die Hand genommen. Da stand über
Klaus Merten geschrieben:
„Während seiner ganzen Strafzeit war er finster und
wortkarg. Niemals habe ich an ihm ein Zeichen der Reue
über seine unkindliche That bemerkt, ja es hatte ost den
Anschein, als brüte er noch immer über schlimmen Ge-
danken."
Hartmann seufzte.
Dieser unselige Mensch kehrte jetzt in seine Gemeinde
zurück, in den Schoß einer Familie, welche —
Ja, das war eben ein Punkt, den der Pastor un-
geachtet allen Grübelns nicht begreifen konnte.
Es lag absolut nichts gegen den Grundmüller Merten
vor, was ihm hätte zur Unehre gereichen können, und
dennoch ruhte es auf dem Hause wie ein Fluch und auf
dem alten Manne wie ein finsterer, dämonischer Geist.
Er hatte immer ruhig für sich hingelebt, nur einmal
war er in einen Prozeß verwickelt gewesen.

Norwegische Landschaft. (S. 3l.)


Zllustr. Welt. 1890. 2.
 
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