Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext

-W KchluMkrHiWk Jahrgang. W—


W Nuttgnrk, Lkipsig, Rrrlin, Nirn. U^-

Zu Ehren gekommen.
Eine Erzählung aus dem KinzigLhal.
Von
K. Steindorf.
(Fortsetzung.)
EWU
Wsst s waren bange Stunden, die jetzt folgten. Ers-
Umschläge mußten beständig erneuert werden, da-
zwischen versuchte man die verordneten Medika-
mente einzuflößen, was nur schwer gelingen wollte;
auf die heftigsten Fieberanfälle folgte die tiefste Erschlaffung.
Endlich nach Mitternacht schien der Major ruhiger zu wer-
den. Das Stöhnen und Röcheln ging allmälich in ein
gleichmäßigeres Atmen über und nach einiger Zeit lag auch
in dem Blicke, den er auf seine neben dem Bette stehende
Frau richtete, einiges Verständnis. Er suchte ihre Hand
zu fassen, sie neigte sich über ihn und brach in lautes
Weinen aus.

Heiner ging hinaus und setzte sich im Vorzimmer auf
einen Stuhl. Bald sank der Kopf des übermüdeten
Burschen auf die Brust herab; er schlief ein und erwachte
erst, als die Morgensonne zum Fenster herein schien. Er-
schrocken sprang er auf und öffnete leise die Thüre des
Krankenzimmers.
Dort lag sein Herr, ruhig atmend, die Fieberröte war
aus seinem Gesicht verschwunden. Im Armsessel daneben
schlief, ebenfalls ruhig, die Frau Major, ihre Hand hielt
diejenige des Kranken umfaßt.
Heiner schlich wieder hinaus, um die den beiden dort
so nötige Ruhe nicht zu stören.
Eine Weile später wurde nach ihm gerufen. Die Krisis
war vorüber, der Kranke erwacht. Herzliche Dankesworte
wurden dem treuen Pfleger gespendet, der kaum seine
Thränen zurückhalten konnte und wortlos und verlegen
alles Lob über sich ergehen ließ.
Der Arzt war mit dem Befinden seines Patienten sehr
zufrieden. „Neber Erwarten gut," meinte er, und nun
ging's mit der Besserung rasch vorwärts.
Bald durfte der Genesende außer Bett sein und manche


Stunde am offenen Fenster zubnngen. Dem Einmarsch
der Truppen sah er vom Balkon aus entgegen. Mancher
Lorbeerkranz flog aus den Händen seiner Frau und Kinder
den Heimkehrenden zu, in deren Reihen auch Heiner sich
befand, der dem Regiment auf den Exerzierplatz, wo das-
selbe Aufstellung genommen hatte, entgegengezogen war.
Sein Bataillon wurde natürlich besonders bedacht und
mächtige „Hurras!" schallten herauf, als die Mannschaften
ihren früheren Hauptmann erblickten.
In den folgenden Wochen gab es oftmals Gelegen-
heit, mit Heiner über dessen Vergangenheit und Zukunft
zu sprechen.
Allmälich war er so weit gekommen, die teilnehmenden
Fragen des Majors und seiner Frau offen und ungenirr
beantworten zu können; so hatten diese Einsicht in sein
ganzes Leben erhalten, und auch die Geschichte mit Gundel
war zur Sprache gekommen. Beinahe verdroß es Heiner,
daß sein Herr die Sache so lustig fand, um laut darüber-
lachen zu können. Ihm selbst war das Lachen dabei noch
nie gekommen, im Gegenteil, es wurde ihm manchmal
ganz wehmütig ums Herz, wenn er bedachte, daß seine


Jllustr. Welt. 1890. 21.

Ter Tom zu Limburg an der Lahn. Zeichnung von G. M. Meinzolt. (S. 498.)

64
 
Annotationen