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—W Älhiuilddreißlgstex Jahrgang. W—


Hluklgarl, Leidig, Rrrlin, Wien.

ZU Ehren gekommen.
Eine Erzählung aus dem Kinzigthal.
Von
A. Steindorf.
(Fortsetzung.)
Mathis stand Heiner noch immer
ebenso feindlich gegenüber wie früher
und hatte schon einigemale versucht,
den Fichtenhofer gegen ihn aufzureizen,
doch konnte dieser den fleißigen Burschen
gar wohl gebrauchen und legte darum kein
Gewicht auf seines Aeltesten Geschwätz.
Eines Tages jedoch machte dieser seinem
Vater gegenüber eine besonders bissige
Bemerkung über Heiner und wußte dabei
Gundels Namen anzubringen, und ob-
gleich der Alte sich den Anschein gab,
nicht verstanden zu haben, war doch sein
Argwohn geweckt, und als er dann den
Burschen daraufhin ansah, mußte er in-
nerlich zugestehen, daß dieser ganz darnach
angethan, einem jungen Mädchen den
Kopf zu verdrehen. Doch tröstete er sich
wieder mit dem Gedanken, Heiner sei
wohl zu vernünftig, um nicht selbst zu
wissen, daß auf dem Fichtenhof keine Frau
für einen Taglöhner gewachsen.
Leider waren die jungen Leute viel
einfältiger, als der Bauer dachte, denn
ob Gundel eine Grafentochter oder eines
Bettlers Kind, das galt dem Burschen
gleich, er war „halt ganz vernarrt" in
die Gundel und liebte sie über alles, und
diese liebte ihn und er gefiel ihr am besten
von allen Burschen auf der Welt.
Mit dieser gegenseitigen Gewißheit
ihrer Liebe waren beide zufrieden, weiter
bedachten sie nichts.
So kam die Kirchweih, ein längst
ersehnter Tag. Gundel, zum erstenmal
zum Tanze geführt, hing glückselig an
Heiners Arm. Ihre Schuld war es nicht,
daß sie nur mit ihm „Schritt halten"
konnte und darum immer wieder von ihm
sich auf den Tanzboden führen ließ, so
viel andere Tänzer sich auch an sie heran-
drängten.
Der Fichtenhofer hatte der Geschichte
eine Weile zugesehen, dann war ihm die
Kehle staubig geworden, heiß war's auch,
drum setzte er sich mit einigen Alten ins
„Herrestübli" und versuchte die Jahr-
gänge. Vom vielen Versuchen wurde ihm
zuletzt etwas wirbelig im Kopfe und er
sehnte sich nach der Ruhe und Stille
seines Hofes. Eben trat der Mathis
herein und er bedeutete diesem, die Gundel
herunter zu holen, sie wollten sich „Heime
zue" machen.
Mathis ging hinaus und kam mit
der Bemerkung zurück, Sepp werde mit
der Schwester gleich nachkommen.
Der Bauer machte sich mit seinem
Aeltesten auf den Heimweg und letzterer-
wußte seinem Vater so viel zu erzählen,
daß dieser Gundels Abwesenheit in seinem
Jllustr. Welt. 1890. 20.


Ein Maienknösplein. Originalzeichnung von I. R. Wehle. (S. 474.)

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