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W Nulkgark, Leippg, Berlin, Nirn. W—

Ein Backfisch streich.
Humoreske
von
Karl Krüger.
10.
ugust," sprach Müggelhoff, nachdem sein Bursche
ihm geöffnet, „Du gehst sogleich zu Schmidt
Unter den Linden und
bringst ein Bouquet,


er bei sich, „det is ejal — wenn sie man nur brav
Jeld hat."
Magdalene aber eilte mit dem Bouquet in ihr Zimmer
zurück.
„O, sehen Sie doch diese schönen, schönen Blumen,
Miß Godwin!" ries sie mit strahlendem Gesicht. „Sie
sind von Fritz! Aber denken Sie sich — hahaha! — sein
Bursche meint, ich müsse schwarz sein — wahrscheinlich ist
das sein eigenes Ideal. Hahaha!"
Und dann drückte sie einen Kuß auf die Nosen. Auch

die Karte preßte sie an ihre Lippen und steckte sie dann
in ihr Mieder.
„Ach, wie ich mich freue!" jubelte sie.
In der That waren ihr die fünf Tage, die seit Fritz'
letztem Besuche verflossen, unendlich lang erschienen. An
jedem Tage erwartete sie ihren Cousin — und er kam nicht!
Nun sagten es ihr die Blumen, daß er sie nicht ver-
gessen habe.
Am Mittag des nächsten Tages kam er selbst. Der
General begrüßte ihn schmunzelnd; errötend, unter heftigem
Herzklopfen empfing ihn Mag-
dalene.

das ich gekauft, zum General von
Müggel'hoff."
Er überreichte ihm seine Karte,
auf die er flüchtig ein paar Worte
hingeworfen. Und dann, !allein
geblieben, setzte er sich aufs Sofa
und stützte den Kopf in beide Hände.
„Tilli hat recht," seufzte er
endlich. „Es geht nicht anders,
ich muß — und ich will ja auch,
ich will!"
August aber eilte mit dem
Bouquet ins Palais des Generals.
„Schau, schau!" dachte er.
„Also seine Cousine! Ich bin nei-
jierig, ob sie wirklich so hibsch is."
Er stand im Korridor, wo die
Zofe ihn hatte warten lassen, das
Bouquet iu der Hand.
Eine junge, blonde Dame,
Magdalene, erschien. „Nur näher,
mein Freund!" Und mit glänzen-
den Augen: „O diese schönen,
schönen Blumen!"
Es war ein Orangenblüten-
bouquet mit dunkelroten Rosen in
der Mitte.
Hastig griff sie darnach, aber
August hielt das Bouquet hoch.
„Verzeihn Sie — det is nich
für Sie!"
„Nicht für mich? Für wen
denn?"
„Für die gnädige Baronesse."
„Nun, die bin ich ja!"
„Sie?" August lächelte über
das ganze breite Gesicht. „Ne, det
weeß ick besser — de Gnädje is ja
man schwarz."
„Was fällt Ihnen ein?"
Die Zofe kicherte laut; ver-
blüfft ließ August den Arm sinken.
Magdalene nahm ihm das Bou-
quet ab.
„Wer hat Ihnen deun gesagt,
ich sei schwarz?" fragte sie dann.
„Jesagt hat mir's keener."
„Wie kommen Sie denn zu
solcher Vermutung?"
Der Bursche ward verlegen.
„Ick hab mir det jedacht se-
tz ab t," stotterte er dann.
Magdalene lachte.
„Nun, es ist gut — hier haben
Sie eine Kleinigkeit."
Schmunzelnd nahm August
einen blanken Thaler in Empfang.
„Blond oder schwarz," dachte

Johannes der Täufer als Knabe.
Gemälde von Murillo. Photographie-Verlag von H O. Miethke in Wien.


Der junge Offizier war sehr
verlegen; das erste, was er that,
war denn, den Brief seines Vaters
herauszuziehen und seinem Onkel
zu übergeben. Dieser las das
Schreiben.
„Antworte ihm, daß er kom-
men soll, oder besser, depeschire!"
rief der General lebhaft. „Hier-
in meinem Hause wollen wir das
schönste Weihnachtsfest feiern, das
ihr je verlebt habt."
Am Nachmittag ging eine De-
pesche an den Majoratsherrn ab:
„Komin!"
Aber zu derselben Zeit, wo Fritz
auf dem Tolegraphenamt war, saß
Fauuy von Hollleben bei Magda-
lene auf der Causeuse; zu der-
selben Zeit empfing das Herz der
armen Verlobten den Todesstoß.
Die Oberstentöchter hatten beim
Kaffee, beim Frühstück, beim Mit-
tag- und Abendessen den Fall
„Müggelhosf-Lenz" in ausgiebig-
ster Weise unter einander bespro-
chen. Sie wußten, daß Müggelhoff
mit dem General verwandt war,
und Fanny war mit Magdalene
in der üblichen Weise „intim" be-
freundet. Sie nahm sich vor, ihr
alles zu überbringen. Am Tage
nach der Gesellschaft hatte sie frei-
lich noch zu viel zu thun gehabt,
von den deuux-restes zu naschen;
aber am Nachmittag des folgenden
Tages setzte sie einen rosa garnir-
ten Federhut auf, machte feine
Toilette und begab sich mit frohen
Empfindungen zum Palais des
Generals.
Die beiden „Freundinnen" be-
grüßten sich mit äußerlicher Herz-
lichkeit. Und nachdem sie eine
Weite von allem möglichen ge-
plaudert hatten, erzählte Fanny
endlich ihre große Neuigkeit.
Wie ward da Magdalenen zu
Mute!
Fanny unterließ es nicht, die
Scene, welche Agnes belauscht,
auf das romantischste aufzuputzen.
Wenn man sie hörte, mußte man
glauben, der Lieutenant habe Tilli
die glühendsten Liebeöschwüre zu-
gestammelt, ja fast auf den Knieen
vor ihr gelegen.
Und Magdalene zweifelte nicht

Jllustr. Welt. 1890. 25.
 
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