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146

Zllustrirte Welt.



anderweiter Veränderung als Wort-

schon lange erfunden
vor Gutenberg; und
wir denken also einfach,
daß uns der Papier-
müller — Pardon, Pa-
pierfabrikant— dasselbe
geliefert hat für das
gedruckte Buch. Nur
wessen es bedarf, um
das geschriebene Wort
in ein gedrucktes zu ver-
wandeln, und wie das-
selbe dann allmälich die
aller Welt bekannte
Form des Buchs erhält,
darüber wollen wir ei-
nige Mitteilungen folgen
lassen.
Das eigentliche We-
sen der Erfindung des
Buchdruckes bestand in
der Erfindung der Be-
weglichkeit der
Type, das heißt, sie
durfte nicht mehr bloß
in HolZtafeln geschnit-
ten, sondern mußte ein-
zeln, als für sich bestehendes Ganzes, als einzelner Buchstabe,
vorhanden sein, der, leicht ins Unendliche vervielfältigt, mit seinen
fünfundzwanzig Alphabetgenossen wie bei der Niederschrift mit
der Hand beliebig aneinandergereiht und auch beliebig wieder-
getrennt werden konnte zu
bildner. Diese bewegliche

Probeabziehen fertiger Holzschnitte.

(S. unten.)

dargestellte ist ein zweiteiliger amerikanischer) enthält, holt er mit
der rechten Hand Type für Type, trägt sie in eine Art offenen
metallenen Kästchens, den Winkelhaken, das er in der linken
Hand hält, und bildet hier die Zeilen, die immer mit einem vollen
Wort oder einer ganzen Silbe enden müssen. Da dies jedoch in
seltenen Fällen nur sich von selbst macht, so muß er die Zwischen-
räume zwischen den Wörtern mittelst Ausschließungen (Spa-
tien) verengen oder erweitern, um der Zeile das richtige Maß und
die erforderliche Festigkeit zu geben. Ist der Winkelhaken gefüllt,
so hebt er ihn aus auf ein Schiff (ein Brettchen mit Holz- oder
Metallboden und winkelrechtem, erhabenem Rand) und fährt damit
fort, bis sich auf letzterem eine hinreichende Anzahl von Zeilen be-
findet, um daraus eine Seite oder Kolumne zu bilden. Diese
umwindet er dann mit einer Schnur und stellt sie sofort auf
ein Setzbrett (schießt sie aus), oder zunächst auf Träger aus
Papier, um sie erst auszuschießen, wenn er die für einen Bogen
benötigte Anzahl von Seiten fertig hat. Diesem folgt der Ab-
zug der Korrektur, das Lesen derselben durch den Korrektor, die
Berichtigung aller Satzfehler durch den Setzer, wobei es ihn
wenig freut, wenn er Hochzeiten oder Leichen gemacht, die
er jetzt beseitigen, respektive begraben muß, ersteres Doppelsätze,
letzteres Auslassungen. Wie viele Verfasser korrektur en
dann noch folgen, ist unberechenbar und hängt von dem klaren,
richtigen Denken ab, mit welchem das Geschriebene zu Papier-
gebracht worden ist.
Daß der Setzer heute noch arbeitet wie zu Gutenbergs Zeiten
und noch keine Maschine erfunden worden ist, ihm feine Aufgabe
wirksam zu erleichtern und wohl ganz abzunehmen, ist in dem
Umstande begründet, daß man noch keinen Mechanismus finden
konnte, dem man das Denken beizubringen vermocht hätte, womit
übrigens durchaus nicht gesagt sein soll, daß alle Setzer denken,
respektive richtig denken.

-Type ist durchaus uner-



Hheod. Höbet.

eox^riM, 1887, Harxer L UrEers.


Aber nicht nur vom Schriftsatz werden Korrekturen gemacht
(abgezogen), auch vom fertigen Holzschnitt müssen solche genommen
werden, bevor er druckreif oder richtiger reif ist für das gal-
vanische Bad, in welches man natürlich nicht ihn selbst, sondern
nur seinen Abdruck in Wachs oder Guttapercha bringt, um ihn
dann in ein galvanoplastisches Gliche zu verwandeln. Wie der
Drucker hiebei verfährt, zeigt unsere Abbildung; die Abformung
aber erfolgt, um den kostbaren Originalschnitt nicht den Wechsel-
fällen des Druckes auszusetzen, und sodann auch, weil sich solche
Cliches in beliebiger Menge erzeugen und, wenn abgenützt, leicht
ersetzen lassen, so daß ihr Abdruck stets ein scharfes und reines
Aussehen behält.
Hat man die Form fertig gemacht, das heißt die Seiten
ausgeschossen, die auf dem Papier weiß bleibenden Räume zwischen
letzteren mit Stegen gefüllt, die Kolumnen aufgelöst (die
Schnuren von denselben entfernt) und schließlich sämtliche, die
Form bildende Seiten mit einer eisernen Rahme umgeben und
geschlossen, indem man sie mittelst Holzkeilen oder gezahnten
Stegen und Rollen derart fest zusammendrängte, daß sie nur
noch wie ein einziges Stück erscheint und keine Type herausfallen
kann beim Aufheben der Form, sind auch alle Korrekturen be-
richtigt, so wird sie in die Presse oder Maschine gelegt (ein-
gehoben). Aber noch kann der Druck nicht beginnen: es muß
erst zugerichtet werden. Dies geschieht beim Schriftsatz zunächst
dadurch, daß man ihm durch Ueber- und Unterlegen von Papier
auf demjenigen Teile der Maschine, welcher den Druck ausübt,
dem Cylinder, ein thunlichst gleichmäßiges Aussehen gibt, sodann
durch verstärkte Unterlagen diejenigen Partien hervorhebend,
welche kräftiger erscheinen sollen, ein Verfahren, das auch beim
Holzschnitt geübt wird, wie dies zwei weitere Abbildungen

H^^onderbare Ueberschrist! Wo existirt wohl die Kreatur
anderweit, als bei den Feuerländern, Papuas und anderen
interessanten Völkerschaften, die heute nicht im Besitz eines
gedruckten Buches wäre und dasselbe, wenn auch nicht gelesen, so
doch mindestens durchblättert, über dessen Aussehen und Wesen
sich unterrichtet hätte? Wer also soll noch der Belehrung bedürfen
über ein so allgemein bekanntes, in aller Welt Händen befind-
liches Ding? Und doch, freundliche Leserin und lieber Leser,
habt ihr euch jemals Rechenschaft gegeben, wie dieses so wohl-
bekannte Ding entstanden ist? Gibt es da wirklich nicht noch
eine kleine Lücke in eurem unzweifelhaft reichen Wissen? Der
^chreiber dieser Zeilen ist schon mehr als einmal auf solche kleine
Lücken in Bezug auf die Technik des Buchdruckes selbst im Wissen
hochgelahrter Herren gestoßen; möge ihm deshalb gestattet sein,
zu deren Ausfüllung ein Scherflein da beizutragen, wo man ihr
Vorhandensein unangenehm empfindet.
Gutenberg und seine Erfindung betrachten wir als ein kalt
aeeomM und es soll uns heute weder kümmern, wie er sie
zu stände gebracht, noch ob allzu patriotische Holländer dem
Altmeister die üble Nachrede halten, er habe seine Typen
als ungetreuer Knecht einem apokryphen oder einem Lichter
ziehenden Koster zu Haarlem mit affenartiger Geschwindigkeit an
einem Weihnachtsabend entwendet, während Meister und Gesellen
in der Kirche beteten, eine Schnurre, die einer erfunden, welcher
jedenfalls selbst einige Lücken aufzuweisen hatte in seiner Kenntnis
vom gedruckten Buch; er würde sie sonst gewiß nicht weiter er-
zählt haben aus Furcht, böser Lächerlichkeit zu verfallen. Auch
fragen wir nicht darnach, wie das Papier entsteht, das war

Heftmaschine. (Seite 1t7.)

läßlich zur Erzeugung
eines gedruckten Buches
im Buchdruck; nur in
den höchst seltenen Fällen,
wo ein solches allein aus
Holzschnitten besteht, wird
dieser Satz nicht stichhaltig
sich erweisen. Als die
Erfindung noch in den
Kinderschuhen stand, war
jeder Drucker sein eigener
Schriftschneider und
Schriftgießer; bald aber
bildeten sich diese Zweige
zu eigenen Berufen aus,
und schon seit Jahrhun-
derten denkt kein Buch-
drucker mehr daran, sich
seine Lettern selbst zu
gießen, wenn auch viel-
leicht dann und wann noch
irgend ein Kunstbeflissener
der Kleinstadt das Messer
in die Hand nimmt, um
sich eine gerade fehlende
große Type in Holz zu
schneiden. Das Schrift-
schneiden selbst ist eine
sehr heikle, eine geübte,
sichere, kunstfertige Hand,
ein geschultes Auge er-
fordernde Thätigkeit. Auf
die Enden stählerner
Stübchen schneidet der
Künstler die Type in der
Gestalt, wie sie
im Druck er-
scheint; diese
Stäbchen, die
Patrizen oder
Stempel, schlägt
er, nachdem er
sie gehärtet, in ein viereckiges, längliches Stückchen Kupfer, um
die Matrize für den Guß zu bilden, die infolge des Einschla-
gens und des hiebei erfolgenden Zusammendrängens der Kupfer-
teilchen größere Festigkeit und Widerstandskraft gegen
das eingespritzte, glühend heiße, aus Blei, Antimon
und Zinn zusammengesetzte Schriftmetall besitzt. Sie
bedarf aber noch der sorgfältigsten und peinlichsten Be-
arbeitung mit der Feile und mit den empfindlichsten
Meßinstrumenten, bevor sie fähig ist, im Meßinstru-
ment verwendet Zu werden. Heute wird nur noch in
besonderen Fällen der Handguß angewandt, das heißt,
das Metall wird meist nur dann noch mittelst eines
Löffels mit der Hand in das aus zwei Hälften be-
stehende, in der Mitte einen räumlich genau gestellten
Raum für den Körper der Type sreilassende Instru-
ment, das nach jedem Guß geöffnet und wieder ge-
schlossen werden muß, gegossen, wenn die Zahl der zu
gießenden Typen für deren Guß auf der Maschine zu
niedrig und deshalb nicht lohnend sein würde. Letztere
ist erst vor etwa fünfzig Jahren von dem Amerikaner
Bruce, erfunden worden, jetzt aber ist sie schon so ver-
vollkommnet, daß die Typen sofort druckfertig aus
derselben hervorgehen, während auf Maschinen älterer,
aber noch immer vielfach im Gebrauch befindlicher
Konstruktion erst noch der Anguß der Typen mit der
Hand abgebrochen, sie auf beiden Seiten zur Ent-
fernung aller Rauheiten geschliffen, geschabt und so
weiter fertig gemacht werden müssen.
Tie fertige Type wird in den Setzkasten eingelegt
und eines unserer Bilder zeigt uns einen solchen und
zugleich einen Setzer bei seiner Arbeit. Diese thut er
noch in derselben Art, wie Gutenberg und seine Nach-
folger sie gethan, aus den etwa 108 Fächern, welche
der deutsche Setzkasten (der in unserer Abbildung

Ein gedrucktes Buch
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