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Jäger, Hermann
Gartenkunst und Gärten sonst und jetzt: Handbuch für Gärtner, Architekten und Liebhaber — Berlin, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.20105#0035

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Kleinasien nnd Persien.

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anderii Annahmen ist die mythische Semiramis selbst die Erbauerin von Babylon und der
nach ihr genannten Gärten, indessen hat man neuerdings Keilschriften aus Backsteinen auf-
gesunden, welche sür die erstere Annahme sprcchen. Ans denselben heißt es nach Rawlinsons
Entzifferuug: „Jnuerhalb diescr Backsteinmauern errichtete ich (Nebueadnezar) einen weiteren
sesten Bau vou laugen Steinen (Steinplatten) in Gestalt eines großen Berges. Wie
Schedim erhob sich die Spitze." u. s. w. Ju Maspero „Geschichte der alteu orieutalischcn
Bölker" wird die Königin Sammouramitz Gemahliu des assyrischeu Herrschers Biu-Niari III.
(von 809—807 v. Chr.) als Gründerin dieser Gärten angegeben.

Nach Diodor war Semiramis zwar die Gründerin von Babylon, aber nicht der
Gärten, sondern Nebueadnezar, wclcher aber in viel späterer Zeit lebte. Auch Berosus,
zur Zeit Ptolomäus Philadelphns chaldäischer Priester im Belustempetz nennt den Letzteren
als Erbauer und zwar des neuen Babylon, nach dem Falle der assyrischen Herrschaft.
Moritz Carriere sagt über diese Gärten (in „Die Kunst im Zusammenhange mit der
Knlturentwickclnng"): „Jn der neuen 'Stadt baute Nebncadnezar auf erhöhter Terrasse
seiuen Palast aus Ziegelsteineu uud bekleidete die Jnneuwände mit Alabasterplatten.
Eine Mauer befestigte (umschloß) auch hier das Gauze. Teiche und Bäume umgaben die
Wohnung, und alles überragten die hängenden Gärten der Semiramis, wie der Occident
die Anlage nannte, welche der Herrscher für seine Gattin, die medische Königstochter
Amytis (also nicht Semiramis) hcrstellte, damit sie die am Abhangc der Berge empor-
steigenden Gärten der Heimat hier in der Ebene wiederfinde."

Diese sich widersprechenden Angabcn kritisch zu besprechen, gehört nicht hierher. Es
ist uns genug, daß eiue solche seltsame Anlage überhaupt vorhauden gewesen ist. Fischer
von Erlach, der bekannte Erbauer vou Schöubrunn und der Kaiserlichen Burg iu Wien,
hat zu Ansaug des vorigen Jahrhunderts dieses Bauwerk iu seiuem „Entwurf historischer
Architektur" Taf. III. ideal restauriert, ein Bild, welchem wir hier und da begegneu, unter
andern (sehr klein) in Krünitz „Encyclopädie". Aber wer die Beschreibung dieser Gärten aus-
merksam liest, findet in diesem Bilde vieles unbegreislich, ja unmöglich. Das Ganze liegt so platt
da wie eine Torte, und die Gebäude seheu wie Kaserncn ausg der Turm des BelustempelS
(Babylouischer Turm) den wir uns als einen Riesenbau denken, stcht daueben wie ein
Gartenhäuschen.Z Einen annähernden Bcgrifs von den babylonischen Gärten gibt die
Wunderinsel Jsola bella im Lago maggiore. Als vierseitiger Terrassenberg erhebt sie sich
auö dem Wasser hoch über die am Fuße liegeuden Gebäude, überall begrünt und anf der
Plattform mit schöncn Pavillons, sowie am Fnße durch Gärteu mit üppiger südlicher
Vegetatiou geschmückt, die Terrasseu reihenweise mit Bäümen bepflauzt uud mit Grotteu
geschmückt. Georg Ebers verlegt in seinem anmutigen kulturhistorischen Roman „Die
ägyptische Königstochter" einen Teil der Handlung in die „hängenden Gärten", läßt
Nitetis, die Braut des Perserkönigs Kambyses, darin wohncn.*H Der Sage nach ließ sich
Nlexander der Große, iu Babylou erkraukt, in die kühlen Wohnränme der hängenden

*) Neuere Rekonstruktionsbilder dieser Gärten sind verständlicher nnd geben ein nach unserem
Sinne richtigeres Bild. Ein solches befindet sich in Mangin, „wes sareüus" und ist von uns in Fig- 3
wiedergegeben.

Der Verfasser gedenkt in diesem Romane überhaupt oft der persischen Gärten nnd läßt
Gärtner des Königs handelnd auftreten. Die höchsten Personen des Reichs beschäftigten sich mit
Anordnung und Pflege der Gärten.

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