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Jäger, Hermann
Gartenkunst und Gärten sonst und jetzt: Handbuch für Gärtner, Architekten und Liebhaber — Berlin, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.20105#0034

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18

Aegypten.

Maim auf einem Flusse, welcher von Lauben wild überrankt ist. Unter denselben sitzen
auf Banken Frauen, scheinbar Gartenarbeiterinnen, bei der Mahlzeit, das Wertzeng neben
sich. Verschiedene Haustiere sind auf dem Bilde verteilt. Jm Hintergrunde aber sieht man
Felsen und aus einem derselben einen Schützen mit gespanntem Bogen. Eine landschastliche
Anlage in unserem Sinne daraus zu folgern, wie es geschehen ist, scheint sehr gewagt.
Möglich, daß das Bild einen Garten in Ober-Aegypten vorstellt, wo felsiger Hintergrund
allgemein ist. Es gab ferner Gärten, deren Hanptwege mit Säulen rc. eingefaßt waren,
förmliche Säulenalleen bildeten. Es uuterliegt wohl auch keinem Zweifel, daß in dem
heißen Aegypten die Tempel nnd Tempelhöfe mit Bänmen beschattet waren. Von der be-
rühmten Allee der sechshundert Sphinxe, welche die Tempel von Luror uud Karuak ver-
baud, wird dies als ziemlich bestimmt augeuommen. Es gab in Aegypten also zweierlei
Gärten: Die Tempelgärten, welche zugleich ösfentliche waren, und die Privatgärten, in
welchen der Nutzen vorherrschte.

Welchen Einsluß die griechische Herrschaft über die Gärten des Nillandes gehabt hat,
können wir nur vermuteu. Sie werdeu so gewesen sein, wie überall, wo sich zwei Völker
vermischen, die einen bringen, die andern geben und daö Liebste nnd den Gewohnheiten
am passendste wird beibehalten. Die Sitten der Griechen waren um die Zeit ihrer ägvp-
tischeu Herrschaft so vom Orieut angehaucht, daß eine Verschmelzung ihrer Art Gärten
mit denen der Aegypter leicht gewesen sein wird. Wenn man den Glanz von Alexandria
zur Blütezeit der griechischen Herrschaft denkt, so kann man kaum darau zweifelu, daß es
an den Palästen und Wohnungen der Reichen auch große Gärten gegeben habe.
Oeffentliche Gärten sind in Alerandrien bestimmt nachgewiesen.

Unter Rom's Herrschaft sind natürlich auch die Gärteu der Machthaber nach römischer
Art eingerichtet worden.

KLeirrcrsierr unö H'ersien.

Unter allen Gärten des Altertums waren die sogenannten „schwebenden oder hängen-
d en Gärterr d er Semiramis" in Babylon die berühmtesten. Sie wurden zu den „Wuuder-
werken" der alten Welt gezählt und siud vou griechischen und nach ihnen von römischen
Schriftstellern beschrieben worden. Obgleich der Sage angehörend, zweiseln doch die Alter-
tumsforscher auf jenem Gebiete nicht an der Wahrheit ihres einstigen Bestehens. Man
nimmt an, daß die Ruine Mneuu-idu-Mi (Hügel des Scheiks Ali) Ueberreste des Wunder-
gartens sind. Nach I. Appert lag dieser Gartenberg an der inneren Stadtmauer, be
dem sog. neuen Schlosse, dem alten Schlosse gcgenüber, am andern Ufer des Enphrat.
Der noch 70 Fuß hohe Hügel, welcheu Appert für Ueberreste deSselben hält, bedeckt eine
Grundfläche von l44,400 Q.-M.; er ist jetzt durch das Ausgraben von Backsteinen und
Suchen nach Altertümern in viele kleine Hügel geteilt. Der Boden wurde einst wahr-
scheinlich durch Ausgrabuug des Euphratkanals gewonnen. An diese Anlagen schloß sich
ein Wildpark, dessen Mauern 60 Stadien Länge hatten. Diese Gärten müssen wir uns
als einen künstlichen, vierseitigen Terrassenberg mitten in der Ebene von Babvlon vorstellen,
einerseits vom Euphrat bespült. Als Erbauer wird der assyrische König Nebu-
caduezar genannt, und die alten Geschichtsschreiber berichten, daß der künstliche Berg seiner
Gemahlin Semiramis Ersatz sür die verlassenen medischen Heimatsberge bicten sollle. Nach
 
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