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Jäger, Hermann
Gartenkunst und Gärten sonst und jetzt: Handbuch für Gärtner, Architekten und Liebhaber — Berlin, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.20105#0314

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Neunter Abschnitt.

Die chinesischen und japanischen Garten in alter

und neuer Zeit.

Die Gärlen in China.

Bereits Lord Bacon und Sir William Temple hatten Nachrichten über die ab-
weichende Einrichtung der chinesischen Gärten, und man sagt, daß der Gedanke der Umge-
staltung der damals herrschenden regelmäßigen Gärten durch jene Beschreibungen angeregt
worden sei. Wir wissen jedoch aus dem vorigen Abschnitte, welche andere Ursachen jene
große Veränderung des Geschmacks herbeisühren mußten, und daß die Beschreibungen der
Gärten Chinas erst in zweiter Linie Einfluß hatten. Die ersten Nachrichten über die
chinesischen Gärten brachten französische Missionare in den sogenannten JesuitenbriefeiG),
wo im 8. Teile ein Kapitel über die Lustgärten enthalten ist. Vor W. Chambers ver-
öffentlichte (nach Horace Walpole) ein gewisser Schanzer, welcher in China gewesen
war, unter dem Namen eines Chevalier Beanmont Mitteilungen über chinesische Gärten.
Alle Nachrichten zusammengefaßt, gefiel man sich dort in der Nachahmung wunderlicher
und ungewöhnlicher Naturszenen gebirgiger Länder, die in den Ebenen des östlichen Chinas,
wo die Gärten lagen, zwar recht seltsam und nngewöhnlich, aber, wie schon Walpole
bemerkt hat, nicht weniger unnatürlich waren, als die in Europa vorherrschenden Hecken
nnd Terrassengärten. Man nimmt an, daß diese Art von Gärten durch den ersten
historischen Beherrscher Chinas Hoan Tietwa 2600 Jahre vor Chr. eingeführt worden
seien. Aus dem Gebirge Kouen-Loun stammend, hatten die Kaiser dieser Dynastie eine
Vorliebe für Gebirge, und da sie solche Bodenabwechselung in dem chinesischen Tieflande nicht
fanden, so ließen sie Miniaturgebirge in den Gärten nachbilden. Da wir die chinesischen
Gärten hauptsächlich aus dem Grnnde kennen lernen wollen, um zu erfahren, wie sie auf die
Bildung unseres modernen landschaftlichen Gartenstils eingewirkt haben, so berühre ich ihre
mythische Vorgeschichte nur flüchtig. Nach geschichtlich verbürgten Nachrichten waren die
Herrscher des chinesischen Reiches von jeher für großen Gartenluxns eingenommen und
gaben von Zeit zu Zeit demselben eine so große Ansdehnung, daß die Entziehnng so be-
trächtlicher Bodenflächen aus dem Bereiche des Ackerbaues in dem so volkreichen auf eigene
Bodenkultur angewiesenen Lande Unzufriedenheit im Volke und Aufstände zur Folge

Nemoii'es eoueeriiaM I'iii8toire, ies seienees, ies arts ete. cies Uviuois, par ies MisLiouaii'es
äe Leiriu. Der Verfasser der Nachrichten war wohl außer dem Maler Attiret Pater Le Comte.
 
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