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Jäger, Hermann
Gartenkunst und Gärten sonst und jetzt: Handbuch für Gärtner, Architekten und Liebhaber — Berlin, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.20105#0328

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Die chinesischen und japanischen Gärten in alter und neuer Zeit.

durch bestäudiges Beschneideu, Wassermangel u. s. w. in regelmäßigen Zwergformen von
nur einigen Zoll Höhe und schmückt damit die Plätze vor dem Hause, Blumengärten,
Treppen und Wohnräume. Sie stellen Gefäße, Tiere, Menschen, Häuschen u. a. m. vor.
Besonders gelungene Knnstwerke wnrden mit 1000 Dollar bezahlt.H

Oeffentliche Gärten sind nach Robert Fortune in den Städten sast allgemein und gut
gehalten, doch sind sie fast immer mit Tempeln (Pagoden) verbnnden, deren Umgebnng sie
bilden. Nach Alexander von Humboldt (Kosmos, II. Bnch, 3. Kapitel) sind auch die
Friedhöfe landschastliche Gärten, und als Volksgärten zu betrachten.

Die nene Zeit hat, so scheint es, in den chinesischen Gärten nichts geändert; aber
ohne Einfluß können die in den von Europäern bewohnten Städten häufigen modernen
Villengärten nicht bleiben. Anderseits wcrdeir diese manche Spielereien nnd hübsche
Verzierungen aufnehmen und sich der Hilfe der unübertroffenen chinesischen Felsenbauer
bedienen.

Aie K<är:ten irr Icrpcrrr.

Seit Kämpfers dürftigen Nachrichten über Japan im 17. Jahrhundert haben wir
bis auf die Neuzeit nichts über die dortigen Gärten erfahren, aber jetzt kennen wir Japan
fast so gut wie manche Teile von Enropa. Zahlreiche Europäer, Deutsche fast in der
Mehrzahl, haben dort Jahre lang zugebracht, oder wohnen beständig dort, auch hat es
nicht an Gesandtschaften und wissenschastlichen Expeditionen nach nnd in Japan gefehlt;
ja wir sahen japanische Gärten von Japanern ausgeführt, sogar anf der Weltausstellung
in Wien und Paris. Sie bestätigen, was schon Kämpfer vor fast 200 Jahren mitteilte,
daß sie den chinesischen in der Einrichtung ähnlich, alfo im sogenannten natürlichen
Geschmack angelegt sind. Sie unterscheiden sich jedoch dadnrch, daß sie nie so große
Strecken Landes einnehmen, des größtenteils bergigen Landes wegen mehr natürliche
Anhöhen, daher auch nicht so viele künstliche Felsen haben und sorgfältiger im einzelnen
ausgeschmückt sind nnd, weil sie klein sind, sein können. So seltsame ütachbildnngen von
Bergen und Felsen wie in chinesischen Gärten wird inan in Japan selten sehen. Alles ist
natürlicher und in den Formen der einheimischen Bergnatur gehalten. Nur in der Ver-
stümmelung der Bäume zn Zwergen scheinen es die Japaner den Chinesen vorzuthun. Der
berühmte Japanreisende von Siebold sagt, daß die Japaner die so überaus schöne Natnr
ihres Landes so treu wie möglich nachzuahmen suchen, wozu ihnen selbst ein kleiner Ranm
genügt. Obgleich seltsame Formen und grelle Kontraste beliebt sind, so sind doch solche
Ungehenerlichkeiten, wie wir sie in Ehina kennen gelernt haben, selten. M. Reinhold
spricht sich in dem Buche: „Japan und die Japanesen" in folgender Weise ans: „Jch
habe noch kein Volk kennen gelernt, das so viel Vorliebe für die Natnr nnd ihre Schön-
heiten hegte, als die Japanesen. Fast kein Haus sieht man ohne Garten, und dessen
Arrangement und Jnstandhaltn:ig wird alle mögliche Sorgfalt zugewandt. Da in den

*) Die (Leipziger) Jllustrierte Zeitung Nr. 2161 von 1884 enthält uuter der Ueberschrift „Eine
chinesische Jdylle" eiu Bild von Manjura, einen kleinen chinesischen Garten und die Familie seines
Besitzers darstellend. Am Eingange zu einer glanzvollen Laube sieht man anf einer Seite einen Hund
(Pudel), auf der andern ein fabelhaftes Tier, scheinbar beide anf einander losgehend, dahinter zwei
Vasen, alles aus Heckenwerk.
 
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