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Jäger, Hermann
Gartenkunst und Gärten sonst und jetzt: Handbuch für Gärtner, Architekten und Liebhaber — Berlin, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.20105#0543

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Schluß-Kapite!

Blicke auf den gegenivärtigen Zustand drr Gsrten-
kunst und deren Zukunft.

„Der alte Streit", sagt Freiherr von Ompteda in der Einleitung zu seinem jnngst
erschienenen Buche „Rheinische Gärten"*) „welcher Linie im Garten die Herrschaft ge-
bühre, ob der geraden oder gekrümmten, ist heutzntage längst verstummt. Jn den aus-
gezeichneten modernen Anlagen: Parkgärten, die wir durchwandern werden, finden wir die
gebietende Terrasse und die streng geometrische Figur der Renaissance mit der geraden
großartigen Linie des Rokoko und der natürlich geschwungenen des „englischen Gartens"
harmonisch vereinigt. So entspricht der heutige Gartenstil unserer freieren universelleren
Bildnng und Sitte ebenso, wie jene alten Gärten den entsprechenden Ansdrnck des Ge-
brauchsbedürfnisses und das Schönheitsideal derjenigen Menschengeschlechter wiedergaben,
die sie schufen und sich in ihnen ersreuten. Denn ein jedes Zeitalter stellt im Grunde
an den Garten immer die gleichen Ansprüche: das Heim, die Wohnstätte, durch Ver-
schönerung der häuslichen Umgebung dem verscherzten paradiesischen Zustande wiedernm zu
nähern, den der gebildete Mensch — Groß nnd Klein — in der Vereinigung von Ruhe,
Natnrgenuß, Geselligkeit und Arbeit, in freier Luft, aber im festgeschränkten eingeparkten
(gepferchten) Raum zu finden glaubt; seine reinste Freude, weil selbstgeschafsen und zn
nnausgesetztem Schafsen anregend; seine heilsamste Thätigkeit, denn sie verjüngt Leib
und Seele."

Der ausmerksame Leser wird sinden, daß ich die gleiche Ansicht über die Berechtignng
der beiden entgegengesetzten Stilarten, des geometrischen und des landschastlichen Stils,
wiederholt gelegentlich ansgesprochen habe. Jn meinem „Lehrbuch der Gartenkunst"**)
habe ich diese Verbindung als Regel ausgestellt und die Fälle angeführt, wo sie möglich,
schön oder notwendig ist. Jch habe aber oben ein fremdes Urteil an die Spitze gestellt,
weil es das eines weltersahrenen kenntnisreichen Mannes ist, welcher sich gleichsam im

*) Rheimsche Gärten von der Mosel bis zum Bodensee. Bilder aus alter und neuer Gärtnerei
von Ludwig Freiherrn von Ompteda. Mit 55 sarbigen Abbildungen im Text. Berlin 1886.

**) Lehrbuch der Gartenkunst oder die Lehre von der Aulage, Ausschmückuug nnd künstlerischen
Unterhaltuug der Gärten und freien Anlagen, von H. Jäger. Leipzig 1877.
 
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