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Jäger, Hermann
Gartenkunst und Gärten sonst und jetzt: Handbuch für Gärtner, Architekten und Liebhaber — Berlin, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.20105#0050

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Griechenland und seine Kolonien.

künstlerinnen damit bekannt sein. Ein griechischer Dichter legt einem solchen Mädchen
folgcnde Worte in den Mund, die ich nach der Uebersetznng von Jakobs gebe:

„Zarten Narcyssos will ich mit duftender Myrte nmweben,

Lächelnde Lilien auch web' ich mit Veilchen im Kranz;

Liebliche Krokos auch nnd die zarte Blume Hyakinthos,

Rosen auch slecht' ich darein, Liebender schmückende Zier;

Daß umschlingend das Haupt, das umdnstete Heliodaras, m."

Man sieht, daß Göthes Gedicht „Der nene Pansias und sein Blumenmädchen"
Vorgänger gehabt. Es darf uns nicht störeu, daß die Vereinigung der hier genannten Blumen
wegen verschiedener Blütezeit unmöglich ist; die Dichter haben sich von jeher weuig
um Naturwahrheit bekümmert. Unter den Blumen sinden wir mehrere von uns gar nicht
mehr beachtete, aber im alten Griechenland hochverehrte, weil sie von einem mythischen
Glanz umgeben waren, z. B. den Asphodelos. Dagegen war unser liebes Veilchen auch
den Alteu lieb und wert und die Nationalblume der Athener. Jn den Städten gab es regel-
mqßigBlumenmärkte, derenVerkehr an Tagen gewisser Festlichkeiten besonders gesteigert war.*)
Die Blumenzucht zum Verkaufe wurde von besonderen Gärtnern außerhalb der
Städte in den hierzu geeiguetsten Lagen betrieben und die Mädchen waren wohl in den
meisten Fällen uur Verkäuferiunen. Wenn man aber bedenkt, daß Frauen und
Mädchen einen Garten sür Blumen am Hause zur Verfügung hatten, so werden wohl
viele, wie auch bei uns, ihren Blumenbedarf selbst gezogen und ihre Kränze selbst
kunstvoll gebuuden haben. Jch erwähne dies, weil es ein Licht auf deu Zustaud der
Hausgärteu wirst, wo die Blumen gewiß iu sinniger Anordnung, uicht wie bei den Ver-
käusern ohne Rücksicht auf Schöuheit gezogen worden siud. Diese bloße Vermutuug
wiegt schwerer, als der Ausspruch des gelehrten Adolph Becker (in „Charikles,
Bilder altgriechischer Sitte"), daß er in allen Schriftstellern bis auf die späte römische
Zeit uichts über Schmuckgärten und Blumenzucht gefnnden habe, außer bei Tempelu. Er
setzt aber hinzu: „Nebrigens, wenn die klassische Zeit keine große Beschreibung der Gärten
hinterlassen hat, so beruht dies auf dem nämlichen Grunde, weshalb wir auch ihre
plastischeu und malerischeu Schöpfungen größtenteils nur aus jüngereu Schriftstellern
kennen. Große Zeiten, wie große Menschen lassen sich an dem Schaffen und Wirken
allein genügen."

*) Einen Blununmarkt in Athen zeigt uns ein schön gcdachtes und gezeichnetes Biid von Paul
Thumann in Jacob von Falkes „Hellas und Rom."
 
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