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Jäger, Hermann
Gartenkunst und Gärten sonst und jetzt: Handbuch für Gärtner, Architekten und Liebhaber — Berlin, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.20105#0206

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Die Gärten im sogenannten holländischen Stil.

Gärtner die Gewohnheiten nnd den Geschmack ihres Landes in andere Länder übertrngen.
Sie lieferten häufig die Mehrzahl der Alleebäume und anderer Gehölze, welche in Holland
mit großer Sorgfalt und in Massen angezogen wurden, fo daß zugleich das nötige
Pflanzenmaterial in großer Güte vorhanden war. Jn den Niederlanden selbst galt der
Garten des Bischofs Anton Triest von Gent, schon 1622 fnr einen der knnstvollsten,
und war durch seine Heckenknnste von Taxusbäumen bernhmt. Die Heckenkünste wnrden
im 17. Jahrhundert durch die Spanier allgemein verbreitet. Der berühmteste große
Garten war der von Wilhelm III. gegründete am Schlosse Loo, von welchem schon 1699
eine Beschreibung und Abbildung bekannt war. —

Da wir hier von Holland fast Abschied nehmen, indem seine Gärten weniger von der
nenen Zeit berührt worden sind, obgleich es einige gibt, welche landschaftlich sein sollen,
es aber nicht sind, weil die Regelnmßigkeit des alten Stils überall dnrchblickt, so möge
hier noch ein Urteil über die holländischen Gärten zu Ende des 18. Jahrhunderts von
Repton, dem bedeutendsten Landschaftsgärtner Englands, folgen:

„Zu jener Zeit war es der Stolz eines jeden Besitzers einiger Acker oder auch
Quadratruten von Land, seine Reichtümer und seinen Geschmack dem Anblick der Vornber-
passierenden darznstellen, welche kanm eine andere Gelegenheit als mit dem „Dreckschnit"
(Zugschiff) zu reisen hatten. Diese Darstellung war verschieden, zuweilen bestand sie in
einem Parterre, das sich nach dem Wasser zuneigte, in welchem die auf dem Boden ans-
geführte Zeichnung einem Muster für Stickerei ähnlich war. Der Umriß mochte vielleicht
mit einer Buchsbaumeinfassung versehen sein, auch waren in einigen Fällen kleine Rasen-
flecke eingeführt, gewöhnlich aber war der Effekt dieser Gärten, wie sie genannt wnrden,
ohne irgend andere Gewächse dargestellt. Doch wurde das Auge des Fremden durch eineir
Farbenkontrast und eine Mannigfaltigkeit der Formen unterhalten, während das des guten
Geschmacks die Abgeschmacktheit belächelte. Anstatt diese Beete mit gewöhnlicher oder guter
Gartenerde auszusüllen, in welcher Pflanzen wachsen konnten, ward ein Teil mit rotem
Ziegelmehl, ein anderer mit klarer Holzkohle, ein dritter mit gelbem Sande, ein vierter
mit weißer Kreide, ein fünfter mit Porzellanstücken, andere mit grünem Glas, kurz mit
jeder Farbe oder Sorte ausgefüllUch. Solche wunderliche Bodenflächen waren von ge-
schnittenen Hecken mit Statuen und Vasen von Blei mit prahlenden Farben an-
gestrichen, ost reich vergoldet, vermischt, oft waren sie flache Bretter, auf welchen Männer
und Weiber gemalt waren, um die Handlungen und die Farben der Natur nachzuahmen.
Jn anderen Gärten zeigte sich ein weniger ausschweifender Geschmack. Die hohen Banme,
obgleich immer in Reihen gepflanzt und immer beschnitten, um die genane Linie ihres
Schattens zu bewahrcn, waren dnrch Verziernngen der Bildhauerknnst von Marmor begleitet,
und die Vasen waren mit wirklichen Blumen anstatt der vergoldeten Ananas versehen.
An vielen Orten waren die Aussichten der Gärten nur zum Teil auf den Kanal geöffnet,
aber hier hatte man den Effekt auf die Vorbeipassierenden dnrch eine lange Perspektive,
einer Allee nicht nnähnlich, welche von einem zu dem andern Ende gleich ist, berechnet.
Durch Bogen oder andere Vorrichtungen ward das Auge über verschiedene Abteilungen

*) Man sieht gegenwärtig hie und da, wo es Mode ist, alte, selbst geschwacklose Dinge nnd Gegen-
stände an das Licht Zn ziehen, auch solche Beete wieder in einigen Gärten. Hoffentlich sindet diese
Geschmacklosigkeit keine Nachahmnng.
 
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