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Jäger, Hermann
Gartenkunst und Gärten sonst und jetzt: Handbuch für Gärtner, Architekten und Liebhaber — Berlin, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.20105#0272

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256 Die Gärten im französischen Stil.

einer der prächtigsten im französischen Stil. Der jetzige Besitzer, der Herzog von Arenberg,
läßt ihn gut erhalten.

Der wichtigste Garten am Mittelrhein scheint aber die „Favorite" bei Mainz gewesen
zn sein, ein berühmtes Lustschloß der geistlichen Kursürsten. Obschon die Favorite noch
nach der Mitte des 18. Jahrhunderts bestand (ich besitze einen Plan aus dieser Zeit), so
ist doch davon kaum eine Spur mehr vorhanden, denn auf dieser Stelle grünen jetzt die
in den ersten Jahren dieses Jahrhunderts von Sckell geschaffenen „Neuen Anlagen",
dicht vor den Thoren von Mainz, nahe der hoch liegeuden schönen Eisenbahnbrücke, welche
auf das rechte Rheiuufer führt. Ein scharfer Beobachter, welcher zugleich Keuner ist, sindet
in der Bodengestaltung des jetzigen Parks leicht noch die Spuren ehemaliger Terrassen
heraus. Der Garteu vor dem nicht großen Landschlosse zog sich in vielen geteilten Terrassen
bis Zum Rheiue hinab und hatte oben und unten breite Parterre. Da der beschränkte
Raum nur wenige Hecken- und Laubenstädte erlaubte, so wurde der Gartenschmuck haupt-
sächlich durch viele Wasserkünste, namentlich Springbrunnen, sowie durch zahlreiche Statuen
hervorgebracht. Jn der Beschreibung mit großem Gartenplan, welche in einem 1779 in
Paris herausgegebenen Kupferwerke enthalten ist, wird der kurfürstliche Lustgarten Favorite
mit Saint-Germain und Saint-Cloud verglichen. Die Lage trifft zu, aber es fehlte bei
Mainz der schöne Wald jener 'Gärten?) Unsere Abbildungen Fig. 118 und 119 geben
einen Begriff von der Pracht dieses Gartens.

Weiter rheinaufwärts finden wir den Garten von Schwetziugen bei Manuheim als
einen der berühmtesten seiner Zeit. Die Abbildung Fig. 120 zeigt den größten Teil
der noch jetzt leidlich erhaltenen Anlageu im frauzösischen Stil mit den modernen land-
schaftlichen Anhängen. Der bestehende italienische Garten wurde erst 1760 nach dem
Systeme Le Notres verändert. Die Hauptanlage begann unter dem Kurfürsten Karl
Theodor 1743, und es scheint der Franzose von Pigage, vormals Gartendirektor
des Lothringer Hofes von Stanislaus Lescynsky in Nancy, welcher nach dem Ende
des lothringischen Herzogtums in Karl Theodors Dienste übertrat, die Anlagen ent-
worfen zu haben. Zugleich übernahm der Kurfürst die für den Garten in Nancy be-
stimmten Figuren, Statuen rc. vou Blei zur Aufstellung in Schwetzingen, wo sie teilweise
noch zu sehen sind. Eine Glanzpartie von Schwetzingen war der Apollo-Tempel mit seiner
Umgebung, Fig. 121, welcher jetzt und zwar mit Beibehaltung seiner sranzösischen Schmuck-
werke zu dem englischen Garten gezogen worden ist. Die Favorite bei Rastadt, 1780
durch Jakob Anslin, vormals Gärtner des Sultans in Konstantinopel, angelegt, war durch
seine orientalische Pracht berühmt.

Obgleich der Schloßgarten von Karlsruhe nur iu dem Teile vor dem Schlosse dem
Stile der Zeit entspricht, so müssen wir doch diese originelle Anlage als hierher gehörig
ansehen. Markgraf Karl Wilhelm von Baden-Durlach lebte der Garteuliebhaberei wegen
von 1711—1729 wiederholt in Harlem in Holland. Als dieser Fürst seine Residenz von
den Vorbergen des Schwarzwaldes, der Mode der Zeit folgend, in die reizlose sandige
nahe Rheinebene verlegte, führte er den seltsamen Plan aus, die ueue Stadt Karlsruhe
und den Schloßgarten nach einem System anzulegen. Das Schloß, an der Grenze des
weiten Hardtwaldes, bildete den Mittelpunkt, von welchem sternförmig einerseits die Stadt-

*) Es gibt ein besonderes Kupferwerk über die Favoritengärten, gezeichnet von Kleiner, gestochen
von Stiedlin.
 
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