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Jäger, Hermann
Gartenkunst und Gärten sonst und jetzt: Handbuch für Gärtner, Architekten und Liebhaber — Berlin, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.20105#0286

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270

Nückblick.

mußten sich daher in ihrer Einteilung und ihren Formen ganz nach den Banwerken richten.
Nach der Ansicht der neueren Landschaftsgärtner, welche auch ich vertrete, ist dies bei Land-
häusern auch das einzig richtige. Reihen sich größere Gartenanlagen daran, so hängt
deren Einrichtung nicht von der Gebändestellnng ab. Daß die Römer kleine Garten-
abtheilungen und die Gärten innerhalb der Gebäude mit verschnittenem Heckenwerk und
Spielereien ans Buchsbaum, Myrten u. s. w. verzierten, soll uns nicht zur Nachahmung reizen.
Bekannte Nachahmungen des edlen Villenstils der Römer sind Charlottenhof bei Potsdam
und das „Römische Hauö" bei Aschafsenbnrg. Lenne hat in Sanssonci zwischen den
Alleen des Neucn Palais und Charlottenhof ein im Walde liegendes römisches Hippodrom
angelegt und dabei das der Villa des Plinius einigermaßen nachgeahmt.

Die Ausnahmen von der gewöhnlichen Einrichtung der Villengärten, welche wir im
zweiten Abschnitte kennen lernten, nämlich die natürliche Anordnung in einem Teile der
Gärten des Nero, in der Villa des Hadrian und des M. T. Cicero, sind nicht genug ver-
bürgt, um großen Wert darauf zu legen. Jedenfalls waren diese Gärten für cine ganz
symmetrische Einteilung zn groß, daher ließ man die im Villenbezirk eingeschlossenen
Waldpartien ungezwnngen fortbestehen und half durch Kunst nach.

Jn der Renaissancezeit, die wir im vierten Abschnitt kennen lernten, finden wir ge-
ordnetere Zustände, und die Gärten werden nach architektonischen Gesetzen von Architekten
eingerichtet. Die Freiheit in der Anordnung, welche uns bei der römischen Villa so sehr
anmutete, mnßte den Vorschriften strenger Symmetrie weichen. Aber diese Symmetrie war
nicht beengend und ein notwendiges Beiwerk der Gartenpaläste. Die Gärten dieser Zeit
waren schön nnd edel. Zum ersten Male sahen wir das Wasser als unentbehrliches Ver-
schönerungsmaterial benutzt, während es zur Zeit der Römer meist nur dann zur Zierde diente,
wenn es zugleich einen andern Zweck erfüllte. Die Gärten der älteren Nenaissance können
uns jetzt noch als Muster dienen, aber nur in Verbindung mit edlen Bauwerken dieses
Stils. Jn bürgerlichen und andern bescheidenen Gärten können wir diese Formen kaum
anwenden, und auch in ausgedehnten Parken können sie nicht nachgeahmt werden, weil sie
eine gewisse räumliche Beschränkung erfordern. Große Villengärten jener Zeit waren unr
dadurch groß, weil vorhandener Wald in sie anfgenommen wnrde. Es gibt viele neuere
Schloßanlagen im Stile der Renaissance. Bereits Fürst Pückler-Muskau forderte dazu
auf, obschon er keine Gelegenheit hatte, selbst eine solche Anlage zu schaffen. Lenne legte
mehrere Gärten in diesem Stile an, znletzt die Terrassen vor dem schönen Bauwerke der
neuen Orangerie bei Potsdam. König Ludwig II. von Bayern umgab zwei seiner damals
unnahbaren Schlösser mit altitalienischer Pracht, und das herrliche Schloß auf der schönen
„Herreninsel" im Chiemsee ward ebenfalls von solchen Anlagen umgeben. Jn England
that Paxton 1851 den ersten Schritt zur Erneuernng dieses schönen Stils, indem er die
Terrassen von Sydenham nach italienischem Muster anlegte.

Der Barockstil der Gebände der dem Verfalle der italienischen Renaissance folgenden
Zeit änderte wenig an den Gärten, aber sie erhalten durch die Einführnng oder vielmehr
Vermehrnng der Muschelgrotten einen neuen zum Ganzen passenden Schmuck, mit welchem
leider die geschmacklosen Wasserspielereien und sogenannten Vexierwasser unzertrennlich ver-
bnnden waren. Zugleich wurde die schon früher vorhandene Banmkünstelei in das Lächer-
liche ansgebildet. Jn den Gärten der Jsola bella anf dem Lago maggiore ist uns ein
solches Bild der Barockzeit erhalten worden, anch finden wir noch hie nnd da Reste der
 
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