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Jäger, Hermann
Gartenkunst und Gärten sonst und jetzt: Handbuch für Gärtner, Architekten und Liebhaber — Berlin, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.20105#0377

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Die deutschen Gärten der Neuzeit.

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alten Eichen besetzt. Nachdem der Fürst nach Art der deutschen großen Grnndbesitzer erst
nach eigenen Jdeen eine Umgestaltnng seiner Gärten versucht hatte, ohne etwas Schönes
hervorzubringen, ging er nochmals nach England, hauptsächlich in der Absicht, Gärten zu
studieren. Fürst Pückler war weder von deutschen Parkanlagen voreingenommen, noch
hatte er sich um die zu jener Zeit bereits veraltete Gartenkunst-Litteratur gekümmert.
Daß der englische Garten und Nymphenburg bei München, welcheS er in den „Briefen
eines Verstorbenen" so eingehend bespricht, gar keinen Einfluß aus ihn gemacht haben
sollten, ist fast unglaublich. Aber gleichwohl hat er nie, weder schriftlich noch mündlich
Sckell erwähnt, als habe er für ihn nicht existiert. Nur einmal spricht er sich gegen
die erwähnte Sckellsche Pflanzweise aus, aber ohne den Namen zu nennen. Er ging
daher, gleichwie die Baukunst und Plastik sich an der Antike ersrischte und daraus zurück-
giug, sogleich an die erste reinste Quelle der Gartenkunst in England selbst. Wir können
dieses nicht hoch genug anschlageu, weil nur so es möglich wurde, den Stil Kents u. A.
rein zu übertragen. Wir Gärtner lernen schülerhaft schon in jnngen Jahren, wo wir selbst
noch kein sicheres Urteil haben, und lassen uns durch berühmte Beispiele imponieren, selbst
wenn diese oft voller Fehler sind. Sehen wir dann später die Mustergärten Englands,
so brauchen wir lange Zeit, ehe wir eingelebte Jdeen los werden und bessere ausnehmen.
Fürst Pückler dagegen sah sozusagen unwissend die besten Mustergärten und nahm nur
solche in seinen Jdeenkreis aus. Aber dieser Mangel des Angelernten hatte noch eine
andere gute Seite: er führte auf das Vorbild aller landschastlichen Schönheit, auf die
Natur zurück. Wir finden darum in den Anlagen des Fürsten, wenn er auch englische
Gärten zum Muster uahm, nichts Nachgeahmtes, erkennen darin seinen eigenen landschaft-
lich-künstlerischen Genius. Es würde uns zu weit abführen, wenn ich eine vollständige
Darstellung des Fürst Pücklerschen Wirkens und eine Charakeristik seiner Parkanlagen
geben wollte, und ich kann sie hier um so eher übergehen, als beides sehr vollständig in
besonderen Schristen*) vor und nach seinem Tode geschehen ist, am besten durch seiu eigeues
Werk „Audeutungen über Landschaftsgärtnerei", worauf ja alle Mitteilungen Fremder
beruhen.

Fürst Pückler begann in Muskau 1816 mit dem Freilegen des ansehnlichen Schlosses,
indem er Mauern sprengen, Wälle abtragen ließ, die von dem Städtchen bis an das
Schloß sich vordrängenden Häuser ankaufte und niederriß, und an dieser Stelle später
einen See schus, welcher das Schloß von zwei Seiten umgibt. Zu diesem Zwecke wurde
aus der Neiße ein starker Flußarm abgeleitet, welcher thalwärts, nachdem er entzückende
hainartige Partien belebt, einen zweiten See bildet. Aber während dieser Arbeiten erkannte
der fürstliche Gärtner die Unmöglichkeit, ohne Kenntnis der Gartenkunst und das ernste
Studium guter Muster etwas seinen Jdeen Aehnliches zu schaffen, und ging noch vor der
Vollendung der genannten Anlagen mehrere Jahre nach England. Nachdem er mit
englischen Gärtnern, vermutlich weil sie ihren eigenen Weg gehen wollten, nichts aus-
gerichtet, entstanden die neuen Anlagen, nach seiner Heimkehr und während seiner Abwesen-

*) Es sind besonders die meines verehrten Freundes Petzold, Schüler der Muskauer Gärten
nnd seit zwanzig Jahren deren Direktor und Verschönerer im Geiste des Fürsten, nämlich 1. „Der Park
von Muskau", mit Plänen (Hoyerswerda, Verlag von W. Erbe, 1856); 2. „Fürst Hermann von Pückler-
Muskau in seinem Wirken in Muskau und Branitz" rc. Von E. Petzold. (Leipzig 1874. Verlag von
I. I. Weber.)

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