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Jäger, Hermann
Gartenkunst und Gärten sonst und jetzt: Handbuch für Gärtner, Architekten und Liebhaber — Berlin, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.20105#0548

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526 Blicke auf den gegenwärtigen Znstand der Gartenkunst nnd deren Zukunst.

Grund der Ueberfüllung mit Kouifereu ist, daß solche Gärten schon im ersten Jahre durch
das ungestörte Wachstum derselben eineu gewissermaßen fertigen Eiudruck macheu, und daß
die Pflanzer auf eigene Rechnung darau eiuen größeren Gewinu haben als durch audere
Gehölze in gewöhnlicher Pflauzgröße. Haben die Unternehmer selbst Baumschulen, so
sucheu sie bei jeder Gelegenheit die altereu Kouiferen loszuwerden.

Aehnlicher verhält es sich nüt den buutfarbigen Gehölzen. Da sie urit dem Grün
der Hauptpflanzungeu eiueu Koutrast bildeu, so dürfeu sie zu diesem Zwecke nur ver-
einzelt verweudet werdeu. Nun verwechseln aber viele Gärtner uud Gartenbesitzer
Seltenheit mit Schönheit uud pflanzeu von dieseu zum Teil recht uubedeutendeu, oft
unschöu gewachseneu Gehölzeu niehr als für die Schönheit gut ist. Ueberhaupt ift das
Bestreben, ungewöhnliche Pflanzen im Garten anzubriugeu, eiue Modethorheit, welche der
wahren Schönheit gefährlich werdeu kauu.

Eiue Schlußfolgcruug über deu jetzigeu Zustaud der Gartenkuust zu zieheu, ist schwierig
und bedeuklich. Wir siud zwar auf gutem Wege, aber immer uoch im Uebergangc und
über die Ziele uusicher. Ein großer Teil der mit der Anlage von Gärten beschäftigteu
Gärtuer scheiut übcrhaupt das Ziel uicht zu kennen, ahmt uach, was audere gemacht habeu.
Geniale Ausnahmeu verfallen leicht auf Souderbarkeiten, werden auch meist uicht verstan-
den. Hierzu kommt, daß der Dilettautismus, oft sogar durch Damen vertreten, sich in
deu Gärteu breiter macht als bei anderen bildeudcu Küusten möglich ist, und das Recht
zu haben glaubt, eiue Meinuug auszusprechen. Weuu die Kuust überhaupt nicht still
steheu kann, so gilt dies besonders vou der Gartenkuust, dereu Werke dem Wechsel uuter-
worfeu siud. Die größte Schwäche der Gartenkuust ist, daß sie sich dem Einflusse der
Mode nicht entzieheu kanu.
 
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