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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 7.1892

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Kretschmer, Paul: Zwei Perseus-Sagen auf attischen Vasen
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https://doi.org/10.11588/diglit.37649#0051
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Kretschmer, Zwei Perseus-Sagen auf attischen Vasen.

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sind bereits zwei Darstellungen bekannt, beide auf Vasen des späten rotfigurigen
Stils, veröffentlicht von Luckenbach, Annali 1889 Taf. F. G und O. Jahn, Philo-
logus 27. Bd., Taf. III. Luckenbach a. a. O. S. 82 ff. möchte beide Vasenbilder auf
das Gemälde der athenischen Pinakothek zurückführen, welches Pausanias I 22, 7
folgendermafsen beschreibt: FLpasus scmv sc 2epicpov xoatTj-tsvoc, FloXuSsx-q) cpepmv tJv
xscpaMjv xrjv jMsoouar/jc. Welchen Augenblick hier der Künstler gewählt hatte, wird
aus Pausanias’ Worten nicht ersichtlich. Auf den Vasen ist die Katastrophe bereits
in vollem Gange: Polydektes ist schon bis an die Hüften zu Stein geworden, und
die Rückseite des Kraters aus Bologna zeigt eine ganz versteinerte Figur, welche
ein Jüngling auf seinen Stab gelehnt nachdenklich betrachtet. Anders auf unserem
schwarzfigurigen Fragment: hier hat der Maler, einer Lessing’schen Forderung ge-
nügend, zur Darstellung nicht die Katastrophe selbst, sondern einen Augenblick
davor gewählt, wo Perseus eben die Stufen des Bema hinaufsteigt, um der unge-
duldigen und lebhaften Erwartung der Seriphier zu entsprechen: noch steht er aber
auf der unteren Stufe und blickt sich wie zaudernd nach einem Sprecher um, noch
ruht das verderbenbringende Haupt verborgen in der Tasche des Helden — im
nächsten Augenblick, so müssen wir erwarten, wird er es hervorholen, wird er die
ganze eben noch lebendig bewegte Versammlung samt der Insel in Stein verwan-
deln. Ist diese Erklärung richtig — und ich vermag keine andere Möglichkeit der
Deutung abzusehen —, so wird man dem Vasenmaler ein gewisses Geschick in der
Wahl des darzustellenden Augenblicks nicht absprechen können.
Von Interesse ist uns das Fragment ferner als eines der ältesten Zeugnisse
für die seriphische Sage. Aus den Münzen sowohl als aus Pausanias II 18, I geht
hervor, dafs Perseus auf Seriphos wie in Argos28 heroische Verehrung genofs.
Wahrscheinlich haben Argiver, die auf dem Wege nach Rhodos an der Insel vor-
über mufsten, den Cult ihres Heros dorthin gebracht29. Das unbedeutende Eiland
scheint im 5. Jahrhundert die Rolle eines Krähwinkel unter den hellenischen Ge-
meinden gespielt zu haben: bezeichnend hierfür ist die Anekdote von Themistokles
und dem Seriphier3". Die Kleinheit der Insel war fast sprichwörtlich31 und ihre
Bedeutung so gering, dafs ihr Name auf dem nach den Perserkriegen aufgestellten
delphischen32 sowie dem olympischen33 Siegesdenkmal fehlte, obwohl die Seriphier
zur hellenischen Kriegsflotte eine Pentekontere gestellt hatten und mit den Siphniern

38) Paus. II 18, 1. Ein Dekret der Dymaeer erteilt
dem Ti. Claudius Diodotus dieselben Ehren wie
Perseus und Herakles, C. I. Gr. 1123. Argivische
Münzen mit Perseus Journ. of Hell. Siud. VT
1885 S. 84 ff.
29) Vgl. O. Müller, Prolegomena S. 307. Das Bruch-
stück einer Inschrift von Nemea in argivischem
Dialekt, Bull, de corr. hell. IX 353, nennt zwei-
mal die Seriphier, ist aber zu klein, um den
Zusammenhang erkennen zu lassen.
30) Platon Staat 329 e. Cic. de sen. c. 3. Plut. Them.

18, 2. Herodot VIII 125 erzählt dieselbe Ge-
schichte von dem Aphidnäer Timodemos.
31) Vgl. Aristoph. Acharn. 542. Ovid Met. V 242.
Juven. VI 564. X 170
32) I. Gr. A. 70. Der Name der Siphnier, die auch
nur eine Pentekontere gestellt hatten (Herodot
VIII 48) und nicht angesehener als die Seriphier
waren (vgl. Strab. X c. 5), ist, wie Fabricius
Arch. Jahrbuch I 183 zeigt, erst nachträglich
eingefügt worden.
33) Pausan. V 23, 1.
 
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