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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 7.1892

DOI Artikel:
Assmann, Ernst: Nautisch-archäologische Untersuchungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.37649#0053
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Afsmann, Nautisch - archäologische Untersuchungen.

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Würfelung im Segel weifs und Grundton, die wellenförmige Verzierung der linken
Segelhälfte im inneren Theile purpurn, im äufseren weifs. Das Segel, ein auffallend
breites und niedriges Rechteck,
ist zwischen der eigentlichen (obe-
ren) Raa und einem Baum (Unter-
raa) ausgespannt; sein Unterrand,
überall steif am Baum befestigt,
hängt hoch über den Köpfen der
Besatzung, höher als die aufragen-
den Zierathen der Schiffsenden,
Gallion (dxpoaxoXiov, vorn) und Heck-
zierde (occpXacJTOV, hinten). Dieses
Segel ist ein ägyptisches, wäh-
rend bei den Griechen (und Rö-
mern) der bogenförmige Unterrand des Segels sich frei im Winde bläht und seine
beiden Zipfel (Schoothörner) bis zum Bord hinabreichen läfst. Anfänglich, im 3. Jahr-
tausend v. Chr. hatten die Ägypter hohe, schmale, bis zum Schiffsrumpf hinabgehende
Segel, dagegen zeigen ihre Denkmäler uns von der 12. Dynastie abwärts bis zur 18.
(etwa 2100—1400 v. Chr.) ausschliefslich den hier vorliegenden Typus. Der Grund
dieses Wechsels, welcher bei einem so zäh am Hergebrachten hängenden Volke
doppelt auffällt, ist unbekannt; ich habe mir darüber folgende Anschauung oder
Vermuthung gebildet. Die neue Segelform verräth das Bestreben, den Wind in
höheren Luftschichten mit breiteren Flächen aufzufangen unter Verzicht auf die
Triebkraft der in etwa 1—2 Mannshöhen über dem Schiffsbord befindlichen Luft-
strömung, sie deutet ferner auf häufige Benutzung von schwachem oder ungünstigem
Seitenwind, dem eine möglichst prall gespannte, nicht bauschende noch flatternde
Segelfläche geboten werden sollte. Dafs die Ägypter viel mit einem schräg von
vorn kommenden Wind arbeiten mufsten, ist auch daran zu erkennen, dafs sie be-
reits an dem älteren Segel um 3200 v. Chr. die Buline zum Steifhalten des Seiten-
randes befafsen (mein Nachweis bei Baumeister Denkm. S. 1594), welche Griechen
und Römer nie benutzt zu haben scheinen. Die örtlichen Verhältnisse am Nil
passen zu den soeben entwickelten Zwecken des Nilsegels. Das Strombett ist ver-
hältnifsmäfsig eng, die Fahrrinne noch durch zahlreiche Schlammbänke eingeengt;
die Schiffe waren häufig gezwungen, nahe längs hoher oder mit Gebäuden und Wäld-
chen besetzter Ufer, Deiche, Inseln zu segeln, welche ihnen den Wind abzuschneiden
drohten, um so mehr, je tiefer die Schiffe selbst bei Niedrigwasser lagen; wegen
der zahlreichen Flufskriimmungen mufste auch der bequemste Backstagswind sich
häufig in Seitenwind verwandeln; vom Februar bis Juni, ein Drittel des Jahres sahen
die stromaufwärts Segelnden sich der Verbindung von niedrigem Wasserstand und
südlichen, also Gegenwinden gegenüber. Eine Bestätigung des Gesagten scheint in
dem zu liegen, was Wilkinson (Männers and customs of the ancient Egyptians III
S. 200) von den heutigen Nilbarken berichtet: sie führen dreieckige Segel von übertrie-
 
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