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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 7.1892

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Hartwig, Paul: Der Tod des Pentheus
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https://doi.org/10.11588/diglit.37649#0173
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Hartwig, Der Tod des Pentheus.

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nur Frauen, welche bei Euripides das schwärmende Gefolge des Dionysos bilden.
Man begreift nicht recht, warum der Maler unserer Schale, wenn er unter dem Ein-
drücke des Euripideischen Dramas stand, durch die Einführung von Silenen ein dem
Werke des Euripides fremdes Element in seine Darstellung hineingetragen hat.
Hatte der Maler aber nur ganz allgemein den Thiasos des Dionysos im Sinn, so lag
es sehr nahe, Silene zwischen die schwärmenden Maenaden einzumischen, vielleicht
nur aus der rein künstlerischen Absicht, eine gröfsere Mannigfaltigkeit der Darstellung
zu erzielen. Erforderlich sind die Silene für die Scene nicht.
Nicht sowohl seiner Entstehungszeit, sondern nur der Darstellung nach reiht
sich eng an die fragmentirte Schale des Museo di Papa Giulio ein Skyphos der
Sammlung Don Marcello Spinellis in Cancello an. Es ist ein Gefäfs späteren
unteritalischen Stiles von geringer Sorgfalt der Zeichnung. Die Vorderseite zeigt
eine Maenade mit einem kurzlockigen Jünglingshaupt in der Hand und eine zweite
Maenade mit einem Thyrsos, auf der Rückseite halten zwei Maenaden mit Thyrsen
ein Thier gefafst. Die Beziehung der Darstellung der Vorderseite auf den Tod des
Pentheus steht, besonders im Hinblick auf die Figur mit dem jugendlichen Haupte
im Museo di Papa Giulio, aufser allem Zweifel. Die Vermischung der Zerreifsung
eines Thieres auf der einen Seite des Gefäfses mit der Zerreifsung des Pentheus
auf der anderen Seite beeinträchtigt empfindlich die tragische Wirkung des Vor-
ganges. Wir sehen hier die allmälige Lockerung und den Zerfall der monumentalen
Darstellung der Pentheussage vor uns.
Durch die letzteren Darstellungen wird, wie ich glaube, ein Monument,
welches früher auf die Pentheussage bezogen, dann aber aus diesem Denkmälerkreise
ausgeschieden worden ist, für denselben zurückgewonnen, die in der Gazette archeo-
logique V, pl. 3—5 abgebildete Schale aus dem Besitze des Duc de Luynes im
Cabinet des medailles zu Paris. Dargestellt ist im Innenbilde eine sitzende Frau,
welche ein stierköpfiges Kind auf dem Schofse hält, auf der Aufsenseite je eine
Maenade zwischen zwei Silenen, von denen die eine ein menschliches Bein, die an-
dere einen menschlichen Arm in ekstatischer Bewegung vor sich hin hält. Braun
(Bullett. 1847 S. 121) und Panofka (Arch. Ztg. 1847 S. 22*, 15) erkannten in der Dar-
stellung des Innenbildes Pasiphae mit dem Minotauroskinde 12, in den Aufsenbildern
Bakchen mit den Gliedern des Pentheus. Dagegen erklären Stephani, Compte rendu
1863 S. 78 und S. 119, und Lenormant, a. a. O. S. 33, das stierköpfige Kind für
Dionysos Zagreus und, da in dem Cult dieses Gottes Menschenopfer nachweislich
sind, veröffentlichte Lenormant die Aufsenbilder der Schale a. a. O. unter dem merk-
würdigen Titel: Scenes d'omophagie. Allerdings fehlten Lenormant Analogien für
Maenaden mit den abgerissenen Gliedern des Pentheus, die wir jetzt besitzen. Die
in der Gazette abgebildete Schale ist ein spätes Produkt griechisch - italischer
Keramik, nicht t>du plus beau style et de la meilleure epoque«, wie Lenormant a.a.O.

12) Dieser Deutung schliefst sich auch Heydemann,
7. Hall. Winckelmannsprogr. S. 18 an. — Vgl.

Körte in den Hist, und phil. Aufsätzen für Erns
Curtius S. 197 ff.
 
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