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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 7.1892

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Winter, Franz: Der Apoll von Belvedere
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https://doi.org/10.11588/diglit.37649#0177
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Winter, Der Apoll von Belvedere. 167

der Ausdruck an dem Steinhäuser’schen Kopfe ein ganz anderer als an den Köpfen
des Skopas. Die Ähnlichkeit in dem Mafse der Durchführung tritt namentlich im
Vergleich zu Werken wie dem Hermes des Praxiteles oder dem Apoxyomenos sehr
deutlich hervor. Der Steinhäuser’sche Kopf hat nicht den Formenreichtum und die
feine Formenvollendung des Hermeskopfes, nicht die Tiefe der Charakterzeichnung,
die in der reichen Mannigfaltigkeit der geistvollen Formen des lysippischen Kopfes
zum Ausdruck kommt. Die Behandlung ist einfacher, allgemeiner, weniger ins Detail
geführt, mehr auf die Wirkung im Grofsen gerichtet. Und leichter und rascher, als
bei diesen Köpfen, die bei jedem neuen Betrachten neue Züge enthüllen, erschliefst
sich der Formen- und Gedankeninhalt des Steinhäuser’schen Kopfes dem Verständ-
nis. Auch diese Eigenschaft teilt er mit den Werken des Skopas.
Wenn Graef in der Formenbildung des Skopas’schen Herakleskopfes eine Nach-
wirkung des polykletischen Typus erkennt, so hat Kekule den Apollokopf mit Recht
in Beziehung zur attischen Kunst gestellt. Der Steinhäuser’sche Kopf steht zu den
Werken der Skopas’schen Kunst tatsächlich nicht in dem Verhältnis unmittelbarer
Abhängigkeit, er setzt nicht die von Graef aufgestellte Reihe fort, sondern geht
selbständig neben ihr her und ihre Verwandtschaft ist keine andere als wie sie sich
aus den Bedingungen gleichzeitiger Entstehung und gegenseitiger Anregung bei
Werken verschiedener Künstler, die ähnlichen Zielen zustreben, erklärt.
Aber auch auf anderem Wege gelangen wir zu demselben Zeitansatz, der
sich hiernach für den Apollokopf ergiebt. Auf die Bedeutung der Silbermünzen
von Amphipolis, die gegen Mitte des vierten Jahrhunderts, sicher vor dem Jahre
358 geschlagen sind, hat bereits Furtwängler hingewiesen,0. Sie führen, zum Theil
in hervorragend schöner Prägung, den Kopf des Apollo als Emblem. Er ist in
Vorderansicht gestellt und mit derselben scharfen Wendung des Halses meist nach
derselben Seite hin gekehrt wie in der belvederischen Statue. Ein Lorbeerkranz
liegt im Haar, das sich schlangenartig über dem Scheitel aufsträubt und dicht neben
den Schläfen niederfällt. Die runden Formen des Gesichtes, wie die weitgeöffneten
Augen mit den schwungvoll gezeichneten Brauen, der offene Mund und die vollen
Lippen, der energische Ausdruck, die Wendung des Kopfes, alles bis auf die den
Münzen eigentümliche Haaranordnung erinnert auf das lebhafteste an den Stein-
häuserschen Kopf.
Es läfst sich nicht beweisen oder auch nur wahrscheinlich machen, dass
grade das Original der belvederischen Statue für das Bild auf den Münzen von be-
stimmtem Einflufs gewesen wäre. Aber dafür ist das Miinzbild ein sicheres Zeugnifs,
dafs die Ausgestaltung des Typus, wie er im Steinhäuser’schen Kopfe vorliegt, schon
gegen Mitte des vierten Jahrhunderts erfolgt war.
Die Münzen können für die gegebene Datirung des Kopfes nur eine Stütze
geben: den Beweis für sie finden wir in den Sculpturen vom Maussoleum. Die
10) Archäologische Zeitung 1882 S. 252. Vgl. die pl. 4, Annuaire de la societe frangaise de numis-
Abbildungen Revue numismatique N. S. IX 1864 matique 1869 pl. 4 n. 23 , Berliner Münzkatalog
II Taf. 3 n. 23 ff., Head, Historia nmnorum S. 190.
Jahrbuch des archäologischen Instituts VII.

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