Wörner, Ernst: Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Provinz Rheinhessen: Kreis Worms (Darmstadt, 1887)

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KREIS WORMS

ein schräges Gesims die Giebelwand hinan, umzieht den Turm derart, dass es in
der Mitte der Westseite einen Giebel bildet und von da wieder schräg herabläuft,
das Treppentürmchen umschliessend und im südlichen Strebepfeiler endigend. Es
möchte sich hier ein Dach angeschlossen haben.

Der Turm ist ohne Zweifel ein schönes Werk des ausgehenden 13. oder
beginnenden 14. Jahrhunderts.
Schiff-Chor Das daran gebaute Schiff stammt mit dem Chor laut der auf einem Quader

eingehauenen Jahrzahl aus dem Jahre 1792. Je vier Fenster unterbrechen auf den
beiden Langseiten die Mauer, unter einem derselben, das kleiner ist, geht der
Eingang in das Innere. Der Chor ist schmäler als das Schiff, fünfseitig mit einem
Fenster im Nordost und Südost. Eine flache Decke, die sich in Hohlkehlen an
die Wände anschliesst, bedeckt den Raum des Schiffs.
Altar u. Kanzel Der Hauptaltar trägt eine grosse Holzskulptur, Christus am Kreuz, zu den

Seiten Maria und Johannes, lebhaft bewegte Figuren. Älter als dieser Altar ist
jedenfalls die Kanzel, die eine tüchtige Leistung der Holzbildnerei und Tischler-
kunstfertigkeit in der Rokokozeit darstellt. Die Kanzel ladet in der Mitte weit aus;
Putten beleben die Aussenflächen. Über ihr ruht ein mächtiger Schalldeckel, auf
welchem wir die Figur Johannes des Täufers sehen. Die Decke des Schalldeckels
ist mit linearen Intarsieen in gutem Muster geschmückt; sehr glänzend sind die
Intarsieen der konvexen Holzwand, welche als Hinterwand der Kanzel der Kirchen-
mauer vorgelegt ist; ein Wappen zeigt das Bild dreier Sterne, darüber eine Krone.
An den Seiten schliessen Voluten ab.
Glocken Der Turm enthält zwei Glocken, von denen die kleinere erwähnenswert ist.

Dieselbe hat folgende Inschriften: »Goss mich Joh. Casp. Schräder in Worms
anno 174g«. Auf der Vorderseite ein Kruzifixus, zu dessen Seiten Johannes und
Maria stehen. Darunter die Worte: »Oro Deum, ut vadant longe mag(n)a(e)
flamma(e) recedant et fulmen, tonitru, fulgura, grando, gelu«. Die Rückseite enthält
die Worte: »Sum communitatis catholicae Osthofen tempore pastoris J. F. Hiel
Gernsheimensis«. (Fragenb. des kath. Pfarramts.)
Kunstgewerb- Zwei Ölgemälde sind nicht bemerkenswert. Eine technisch vollendete Arbeit

liehe Arbeiten

des vorigen Jahrhunderts ist die kleine Elfenbeinfigur des Gekreuzigten an einem
Holzkreuz. Auch ein hölzernes Vortragskreuz aus gleicher Zeit ist wegen der guten
Schnitzarbeit, die wir an der Gestalt Christi erkennen, zu erwähnen.

Die Kirche ist dem h. Remigius geweiht. Sie war im Mittelalter eine dem
h. Johannes geweihte Kapelle, welche den Johannitern gehörte und wird im Wormser
Synodale von 1496 erwähnt.
Pfarrsiegel In dem Besitz des Pfarramts ist das Pfarrsiegel mit dem Bildnis des

h. Remigius und der Jahrzahl 1775.
Luth. Kirche Die lutherische Kirche ist nach der Jahrzahl am Portal 1778 errichtet. Sie

besteht aus zwei verschieden langen Flügeln, die rechtwinklich aufeinanderstossen
und zwischen denen der achteckige, mit doppeltem Glockendach versehene Turm steht.
Gemeindesiegel Im Jahr 1651 verlieh der Pfalzgraf Carl Ludwig dem Gericht Osthofen ein

Wappen, dessen Bild einen stehenden Löwen der aufgehenden Sonne gegenüber
darstellte. Dieses Wappenbild, dazu drei Sterne unter der Sonne, sehen wir an dem