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Wörner, Ernst
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Provinz Rheinhessen: Kreis Worms — Darmstadt, 1887

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https://doi.org/10.11588/diglit.18790#0272

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KREIS WORMS

Abbildungen. Bei Quast a. a. O. M. Th. King, Etudes pratiques tirees de l'architecture du
moyen äge en Europe Tome IV, 4 PL 37, 38 (kleiner Grundriss, Querschnitt, Westportal mit
Grundriss desselben). Denkmäler der deutschen Baukunst, dargestellt v. d. Hess. Vereine zur Auf-
nahme von mittelalt. Kunstwerken. 5 Tfln.

Baugeschichte PAULSKIRCHE. Nicht in dem Grade wie der Dom, hat die Paulskirche

in den Stürmen der Zeit ihre Ursprünglichkeit zu erhalten vermocht. Ihr ganzes
Langhaus, die Bedachung der Kuppel sind neueren Ursprungs, gleichwohl gewährt
der romanische westliche Querbau mit dem ehrwürdigen Portal und den schönen
Rosenfenstern, gewähren die zur Seite des Kuppelturms in ihrem originellen Abschluss
aufragenden Westtürme demjenigen, der von dem ruhigen Paulusplatze aus der Kirche
nahe kommt, ein Bild, das reizvoll genug den Anhauch der Jahrhunderte wiederspiegelt.

Der grosse Bischof Burkard, dem Worms so vieles verdankt, war auch der
Erbauer der Paulskirche. Von allen seinen Kirchenbauten hat er diesen zuerst
begonnen, auf der Stelle der alten salischen Stammburg und, wie es heisst, mit
denselben Steinen, aus denen die Burg bestanden hatte. Wir haben noch zwei
die Gründung bezeugende Urkunden von 1016*); Bischof Burkard sagt in ihnen,
dass er das Haus des Herzogs Otto angekauft und in die Kirche des Iii." Paulus
verwandelt habe. Damals war die Paulskirche also erbaut. Was von ihrer ersten
Anlage noch erhalten ist, lässt sich mit historischer Begründung nicht nachweisen;
die beiden zwischen dem westlichen Querbau und dem Schiff stehenden Rundtürme
dürfen wir jedoch in ihrem Unterbau der ersten Anlage zuschreiben**). Diese Türme
schlössen dieselbe im Westen ab; jetzt legt sich der westliche Querbau, ohne mit
den Türmen in irgend welchem Steinverband zu stehen, im Westen vor und lässt
sie als zwischen sich und das Schiff eingezwängt erscheinen. Das ursprüngliche
Schiff ist jetzt vollständig verschwunden, und das jetzige ist ein Neubau des vorigen
Jahrhunderts. Das Querhaus im Westen und der Chor gehören dagegen noch der
spätesten romanischen Bauperiode an. Ersteres mit dem achtseitigen Steinbau der
Kuppel erscheint als Vorhalle der Kirche und als eine durchaus einheitliche Anlage,
deren Entstehung in die Mitte des 13. Jahrhunderts zu setzen ist. In der ersten
Hälfte dieses Jahrhunderts war***) die Paulskirche so baufällig, dass sie von den
Fundamenten aus neu erbaut werden musste. Die Baufälligkeit rührte von einem
alten Brande herf).

Mit den Quellenzeugnissen stimmen die der Übergangszeit angehörigen Formen,
die Anwendung des Spitzbogens an den Gewölben, die südliche Oberkapelle und die
Strebepfeiler an den Aussenwänden überein ff). Leider verhelfen uns die Inschriften,
die der Querbau an sich trägt, zu keiner sicheren Datierung. An dem Rahmen
des grossen Rosenfensters steht das Wort: CVNRAT in Majuskeln und ein anderes

*) Bei Schannat, Hist. Ep. Worm. II, S. 41 und Boos, Urkb. der Stadt Worms I. S. 34, der die Urkunden
für Aufzeichnungen des 12. Jahrhunderts hält. •
**) S. auch Möller, S. 5.
***) Nach Urkunden bei Baur, Hess. Urk. II, S. 134, 166.

t) Am 10. Aug. 1254 bewilligte Bischof Heinrich von Speier einen Ablass an diejenigen, welche zu den
Kirchen S. Paul und S. Rupert in Worms wallfahrten, »cum (sc. die 2 Kirchen) ex antiqua exustione — adeo sunt
collapse, quod eos a fundamentis necessario opportet innovari«. Ebenso drückt sich eine Urkunde des Bischofs von
Konstanz vom 2. Mai 1261 aus. (S. auch Boos, Urkb. d. St. W. I, S. 199.)

ff) S. Schneider, die S. Pauluskirche S. 8, v. Quast a. a. O. S. 53.
 
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