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Oechelhäuser, Adolf von; Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 4,4): Die Kunstdenkmäler der Amtsbezirke Mosbach und Eberbach — Tübingen [u.a.], 1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.3997#0098

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AMT MOSBACH. — MOSBACH. FAYENCE-FABRIK.

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So kam die Mosbacher Fabrik unter die Souveränität des Fürsten von Leiningen.
Die verlorenen Vorrechte wurden vom Fürsten Carl grösstentheils wieder verliehen und
der Erbbestand von neuem bestätigt.

Das Jahr 1806 brachte für Mosbach abermals eine politische Veränderung, indem
das Ländchen unter die Landesoberhoheit des neu errichteten Grossherzogthums Baden
kam, während der Fürst von Leiningen auch fernerhin Lehensherr verblieb, sodass von
nun an die Fabrikverwaltung bald mit dem Grossherzoglich Badischen Ministerium, bald
mit fürstlich Leiningischen Behörden in Verkehr treten musste.

Dass die Fabrik in den damaligen unruhigen Zeiten schwer um ihre Existenz zu
ringen hatte, ist begreiflich. Von einem Verdienst war keine Rede, und in einem amt-
lichen Bericht wird mitgetheilt, dass die Fabrik jeden Tag mehr zurückgehe, was von
mangelhaftem Absatz herrühre, der grösstentheils in den ungünstigen Zollverhältnissen
begründet sei. Nicht nur Frankreich, sondern auch Bayern und Württemberg hatten
neuerdings hohe Zölle auf die Einfuhr fremder Erzeugnisse gelegt, wodurch den badischen
Fabriken ein bisher günstiges Absatzgebiet verschlossen wurde, während Baden für jene
Waaren keine höheren Abgaben erhob, als die Landesangehörigen selbst entrichten
mussten. Erst i. J. 1818 wurden die Zollverhältnisse in der von der Fabrikverwaltung
gewünschten Weise geregelt, indem Baden von nun an den gleichen Einfuhrzoll auf
fremde Waaren legte, den die Nachbarländer von badischen Erzeugnissen erhoben. Doch
war mit der günstigen Zolleinrichtung der sinkenden Fabrik nicht mehr aufzuhelfen. Sie
war stark verschuldet und i. J. 1823 beantragten die Eigenthümer deren Versteigerung.

Bei der am 5. März 1828 erfolgten Versteigerung wurde die Fabrik, die zu 11 958 fl.
30 kr. taxirt war, von dem bisherigen Werkmeister Heinrich Stadler um 6388 fl. erstanden.

VII. Heinrich Stadler.
1828 bis 1836.
Der neue Erbbeständer hatte zwar keine Baarmittel, er erwarb aber die Fabrik, weil
er an die bisherige Gesellschaft grössere Forderungen zu machen hatte »und kein anderes
Gewerbe verstand«. Trotzdem suchte Stadler bald darum nach, das Werk als freies
Eigenthum zu erhalten. Die Allodifikationssumme wurde 1830 auf 2000 fl. festgesetzt.
So besass Stadler zwar die Fabrik als freies Eigenthum, allein er konnte weder vom
Steigerungs-Schilling noch von der Allodifikationssumme etwas zahlen. In verschiedenen
Eingaben wies er auf »seine sehr beschränkten Umstände« hin, und war häufig nicht im
Stande, seine Arbeiter auszuzahlen, so dass er ihnen statt Geldes Geschirr überliess, um
es zu Geld zu machen. So siechte die Fabrik dahin, bis sie 1836 völlig einging.

Die Mosbacher Erzeugnisse, die bis vor wenigen Jahren als solche ganz unbekannt
waren, sind keineswegs so gering, als man dieser Thatsache nach schliessen sollte.

Es sind aus Taennichs und Lists Zeiten, sowie aus späteren Epochen noch zahlreiche
Stücke nach mehrjähriger Bemühung von dem Verfasser dieses Aufsatzes gesammelt
worden. Diese einzige Sammlung, welche auf einige Vollständigkeit Anspruch erheben
darf, ging vor Jahresfrist in den Besitz der Stadtgemeinde Mosbach über, um Zeugniss
abzulegen von dem kunstgewerblichen Schaffen längst vergangener Zeiten. Sie enthält
etwa 120 Nummern aus allen Epochen der Fabrik. Proben davon zeigt unsere Licht-
druck-Tafel IX. Ein Prachtstück, das sich leider nicht in dieser Sammlung befindet, ist
die grosse Standuhr im Besitz des Grossherzogs von Baden in Karlsruhe.

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