Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 32.1916-1917

DOI Artikel:
Römer, E.: Von deutscher nationaler Kunst, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13746#0149

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
sich sehen lassen können in der Welt, der sie
dienen, wenn man so will: national geschaf-
fen, international in der Bestimmung. Wir
haben gewiß auch die Leistungen neuer
deutscher Kunst, die geschaffen sind mit den
Mitteln der Zeit, die nicht immer deutsche
sind der Herkunft nach, aber geschaffen im
deutschen Geiste.

Wir haben eine nationale Kunst. Wir soll-
ten, wenn es nach Einigen ginge, auch eine
bewußt nationale Kunst haben. Als wenn
die Richtung unserer „jüngsten" Kunst
heute nicht genug lehrte: nichts schädigt
Kunst mehr als Bewußtsein. Waren Fried-
rich, Waldmüller, Schwind bewußte Natio-
nalisten? Den Sinn, in dem sie es waren,
wollen wir uns gefallen lassen, aber keine
auf Altertümelei oder gar Beschränktheit
pochende Spekulation auf Deutschtum. Wir
fürchten Geschäftspatrioten, deren Deutsch-
heit im Thema liegt. Wir sehnen uns nach
Malern, die fern dem Wirkungsbereich der
üppig grassierenden Kunstphrase, der natio-
nalen und ebenso der internationalen, im
Geiste jener Alten, wenn auch keineswegs
mit ihren Mitteln, im Geiste der Treue und
Lauterkeit das ewig alte und ewig neue
Deutschland malen, wozu sie ihr eigener
Geist locken mag.

Goethe schalt auf die Französlinge. Kas-
par David Friedrich auf die Römlinge. Heute
sind wieder die Französlinge an der Reihe.
Noch Feuerbach, dem niemand das rein
deutsche Empfinden abstreiten darf, konnte

bekennen: „Paris ist der Wendepunkt mei-
nes Künstlerlebens, das Fundament meiner
künstlerischen Bildung geworden." Böcklin
spottete von Italien her schon wieder über
das Spezialistentum der Pariser Kunst und
sah trübe für Deutschland: „Die Kunst in
Deutschland (nirgendwoanders) ist gänzlich
international geworden oder zu werden be-
strebt." In der Tat haben seit Leibi alle die
Maler unserer Wirklichkeiten in Paris die
Beherrschung ihrer Kunstmittel vervoll-
kommnet. Sind sie darum undeutsch? Zwi-
schen charakterloser Hingabe an das Fremde
und der Verarbeitung dieses Fremden zum
Aufbau eines Meisterkönnens sind viele
Wege.

Runge hat bei einem Dänen, Friedrich bei
| einem Norweger das Beste gelernt. Spitz-
J wegs Malkunst schulte sich an französischer
Kunst, Ludwig Richter fand seinen Stil in
Italien: sind sie darum undeutsch? Es ist
der gleiche Fall wie bei der Gotik, bei
Dürer. Nicht die Kunstmittel stempeln die
Kunst zur nationalen, sondern die Empfin-
dung, die souverän ihre Mittel behandelt.

Und auch kein Programm stampft eine
deutsche Kunst hervor. Goethes Ruf ist ver-
hallt. Wackenroder half einer Malerei auf
den Weg, die in Overbeck und Cornelius,
Schnorr und Kaulbach endete, den hochge-
rühmten Malern, deren Werke vom Deutsch-
tum weniger bewahrten als die kleinen Bil-
der der Friedrich und Spitzweg.
Als der Impressionismus französischen

134
 
Annotationen