Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 36.1920-1921

DOI article:
Howe, Georg: Der Tiermaler Paul Neuenborn
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14150#0137

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
PAUL NEUEN BORN

FLAMINGOS (FARBIGE LITHOGRAPHIE)

einer Kunstschule nicht fügen, wennschon er
die Förderung seines technischen Könnens, die
er hier erlangt, stets warm anerkannte. Ohne
feste Zielpunkte seines künstlerischen Strebens
schwankte er lange Zeit zwischen verschiedenen
Richtungen. Ein kürzerer Aufenthalt in der
Fehr-Schule zu München, später auch ein sol-
cher im Atelier Uhdes, brachte ihm neue An-
regung, aber keine endgültige Befriedigung; am
stärksten wirkten wohl längere Kunstreisen
nach Paris und nach Belgien auf ihn ein, wo
er gemeinsam mit seinem besten Freunde, dem
gleichfalls von Düsseldorf nach München über-
gesiedelten Maler Adalbert Niemeyer weilte.
Daneben ging das dauernde Studium der alten
Meister, dem er in Dresden und München, Paris
und London, in Florenz und Madrid, hier in Ge-
meinschaft mit Arthur Kampf, mit Begeisterung
nachging, das ihm ein reifes und vertieftes
künstlerisches Urteil verlieh, andererseits frei-
lich zu einer Überfülle des Wissens, zu einer
Zersplitterung des Interesses führte, die dem
Schaffenden nie förderlich sind. Trefflich nach-
empfundene Kopien nach Velasquez und van
Dyck waren die Frucht dieser Reisen. Seine
selbstständigen Versuche auf dem Gebiete des

Figurenbildnisses und der Landschaft führten
aber — abgesehen von einzelnen trefflichen
Bildnissen — zu wenig tröstlichen Ergebnissen,
so daß er aus ihnen kaum die Ermutigung zu
weiterem Schaffen holen konnte. Auf dem Wege
über die Karikatur, die er, unterstützt von seiner
unerschöpflichen Erfindungskraft in geistreicher
Weise übte, ist er dann auf das Gebiet der Tier-
darstellung geraten, für das er, wie es scheint,
von Jugend auf eine besondere Begabung be-
saß, und auf dem er jene Erfolge erzielte, die
ihm ein dauerndes Andenken als Künstler
sichern.

Wer von Paul Neuenborn spricht, denkt aus-
schließlich an den höchst eigenartigen Tier-
maler, zu dem er sich mehr und mehr ent-
wickelte, nachdem er 1896 dauernd seinen Wohn-
sitz nach München verlegt hatte. Nicht ein
Tiermaler im üblichen Sinne ist er geworden!
Nicht die friedlichen Bewohner unserer Wei-
den und Wälder interessierten ihn; wohl aber
die exotischen Erscheinungen des zoologischen
Gartens in ihrer barocken Absonderlichkeit.
Nashörner und Nilpferde, Giraffen und See-
hunde, der Orang-Utan mit seinem bald schlau-
possierlichen, bald trüb-elegischen Mienenspiel,

124
 
Annotationen