I
LOUIS EYSEN
MÜNCHNER AUSSTELLUNGEN
Der Maler Josef Futterer hat sich gelegentlich
seines fünfzigsten Geburtstages dazu entschlos-
sen, eine Atelier-Ausstellung zu veranstalten. An der
Hand einer stattlichen Reihe graphischer Arbeiten
und von etwa zwanzig Gemälden aus verschiedenen
Entwicklungsperioden des Künstlers ergibt sich ein
Bild des künstlerischen Wesens eines gewollt und
bewußt Abseitigen. Unter den Zeichnungen befin-
den sich zahlreiche aus Futterers früher Jugend.
Es ist erstaunlich, was dieser Künstler schon als
Vierzehnjähriger nicht nur zu empfinden, sondern
auch bildmäßig auszudrücken wußte! Eine lebhaft
bewegte Volksmenge vor der Münchner Feldherrn-
halle wurde ihm zum sprechenden Bild — wie
das quillt und sich emporbaut! Erstaunlich, wenn
man sich darüber Rechenschaft gibt, daß das von
einem Autodidakten stammt, der bis zu der Zeit,
da dieses Blatt entstand, in seinem kunstfernen
Heimatdorf Mondfeld am Main saß! Was wußte
Futterer vom Impressionismus und vom Koloris-
mus der Franzosen, was kümmerte er sich auch
"■1381
AMPEZZOTAL
späterhin darum — und doch, wie nahe steht diese
Kunst den besten Schöpfungen des Impressionis-
mus! Auch Futterer liebt es, bei den Gemälden
seiner reifen Zeit die Form zu zerbrechen, die
Starrheit des Konturs aufzulösen in eine unend-
lich prickelnde, gleichsam phosphoreszierendeViel-
heit farbig ungemein klarer, leuchtender Flächen
und Flächelchen — indessen handelt es sich bei
ihm doch um viel mehr als um die Ausformung
eines Erlebnisses des Auges; alle diese Bilder sind
Ausdrücke seelischer Erlebnisse: etwas Lyrische-
res, tiefer Erfühlteres als die Poesie eines kleinen
Blumenstillebens, das ganz aufgelöst ist in Duft
und Licht, kann ich mir kaum vorstellen. Tschudi
schätzte Futterer und erwarb von ihm ein pre-
tiöses, miniaturhaftes, delikates Bildchen für die
Münchner Pinakothek: schade, daß man diese
Linie, unsere Pinakothek um außergewöhnliche
Arbeiten zu bereichern, verließ — sonst müßte
bei dieser Gelegenheit auch die Pinakothek oder
die Staatsgalerie daran denken, aus dieser intimen
Ausstellung für sich Gewinn zu ziehen.
Bei Goltz sieht man das graphische Gesamt-
171
22*
LOUIS EYSEN
MÜNCHNER AUSSTELLUNGEN
Der Maler Josef Futterer hat sich gelegentlich
seines fünfzigsten Geburtstages dazu entschlos-
sen, eine Atelier-Ausstellung zu veranstalten. An der
Hand einer stattlichen Reihe graphischer Arbeiten
und von etwa zwanzig Gemälden aus verschiedenen
Entwicklungsperioden des Künstlers ergibt sich ein
Bild des künstlerischen Wesens eines gewollt und
bewußt Abseitigen. Unter den Zeichnungen befin-
den sich zahlreiche aus Futterers früher Jugend.
Es ist erstaunlich, was dieser Künstler schon als
Vierzehnjähriger nicht nur zu empfinden, sondern
auch bildmäßig auszudrücken wußte! Eine lebhaft
bewegte Volksmenge vor der Münchner Feldherrn-
halle wurde ihm zum sprechenden Bild — wie
das quillt und sich emporbaut! Erstaunlich, wenn
man sich darüber Rechenschaft gibt, daß das von
einem Autodidakten stammt, der bis zu der Zeit,
da dieses Blatt entstand, in seinem kunstfernen
Heimatdorf Mondfeld am Main saß! Was wußte
Futterer vom Impressionismus und vom Koloris-
mus der Franzosen, was kümmerte er sich auch
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AMPEZZOTAL
späterhin darum — und doch, wie nahe steht diese
Kunst den besten Schöpfungen des Impressionis-
mus! Auch Futterer liebt es, bei den Gemälden
seiner reifen Zeit die Form zu zerbrechen, die
Starrheit des Konturs aufzulösen in eine unend-
lich prickelnde, gleichsam phosphoreszierendeViel-
heit farbig ungemein klarer, leuchtender Flächen
und Flächelchen — indessen handelt es sich bei
ihm doch um viel mehr als um die Ausformung
eines Erlebnisses des Auges; alle diese Bilder sind
Ausdrücke seelischer Erlebnisse: etwas Lyrische-
res, tiefer Erfühlteres als die Poesie eines kleinen
Blumenstillebens, das ganz aufgelöst ist in Duft
und Licht, kann ich mir kaum vorstellen. Tschudi
schätzte Futterer und erwarb von ihm ein pre-
tiöses, miniaturhaftes, delikates Bildchen für die
Münchner Pinakothek: schade, daß man diese
Linie, unsere Pinakothek um außergewöhnliche
Arbeiten zu bereichern, verließ — sonst müßte
bei dieser Gelegenheit auch die Pinakothek oder
die Staatsgalerie daran denken, aus dieser intimen
Ausstellung für sich Gewinn zu ziehen.
Bei Goltz sieht man das graphische Gesamt-
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