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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 36.1920-1921

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Wolf, Georg Jacob: Franz von Defregger
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https://doi.org/10.11588/diglit.14150#0165

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FRANZ VON DEFREGGER f

Franz von Defregger ist am 2. Januar in dem
hohen Alter von fast sechsundachtzig Jahren
in seinem Haus an der Königinstraße in München
gestorben nach einem Leben, das reich war an
Geschicken und an Beglückungen, und das in
seinem Aufstieg vom schlichten Tiroler Bauern-
burschen zu einem der erfolgreichsten und ge-
feiertsten Maler Deutschlands fast wie ein Mär-
chen anmutet. Sein Vaterhaus, den Ederhof bei
Dölsach über dem Pustertal, hat Defregger des
öftern im Bilde festgehalten, auch die schönen
grünen Almwiesen, die sich in dieser Landschaft
ausbreiten, nicht minder die verräucherten, alters-
braunen Bauernstuben seiner engsten Heimat.
Diese Arbeiten, meist in Defreggers früheste
Malerperiode zu verweisen, erscheinen unserer
Generation als das Köstlichste, was uns Defregger
hinterläßt. Das absolut Malerische, verbunden
mit Stimmung und Naturgefühl von unerhörter
Frische und Durchschlagskraft, das diese Früh-
werke auszeichnet, läßt sie neben dem Allerbesten
in Ehren bestehen, das in der Münchener Malerei
des 19. Jahrhunderts in die Erscheinung trat.

Unbillig aber wäre es, darüber den Meister
des Historienbildes und der mehr anekdotischen
Gemälde, des „Sittenbildes" aus dem Stoffbe-
reich seiner Bergheimat, zu vergessen oder gering
zu werten. In Pilotys Atelier, in das Defregger
als ein bereits mehr als Dreißigjähriger eintrat,
wehte historische Luft und wurde das Evan-
gelium des Kompositionsbildes gepredigt. In
dieser Akademiewerkstätte entstand der „Wild-

i schütz" (heute Stuttgarter Galerie) und „Speck-
1 bacher, der seinen Sohn unter den Landes-
1 schützen findet" (Innsbruck, Ferdinandeum) —
1 von diesen Bildern aber geht in gedoppelter
1 Reihe der Motive der Strom der Werke aus, die
Defregger zu einer Volkstümlichkeit verhalfen,
wie sie nicht leicht einem Maler seiner Zeit zu-
teil geworden. Er erschloß mit den Schilde-
i rungen aus seiner Heimat ein neues Stoffgebiet,
i Entzückt hing das Auge an diesen fein in den
1 Raum komponierten, charakteristisch zuge-
spitzten gemalten Begebenheiten in Bauern-
stuben und auf Sennhütten, man freute sich
der stattlichen Burschen und der blitzsauberen,
: zöpfegeschmückten Mädchen und hatte be-
sonderes Vergnügen an der behaglichen und
humorigen Stimmung, die der Meister über
seine Bilder auszugießen wußte. Und auf der
anderen Seite galt Teilnahme und Begeisterung
den Helden von 1809, jener Schar von Namen-
losen, die todesmutig als „Letztes Aufgebot"
ausmarschieren und in der Entschlossenheit
ihrer Gebärden und im Rhythmus ihrer Be-
wegungen starkes, inneres Pathos künden.

Stolz und stattlich steht Defreggers Werk in
ruhender Fülle. Er hat den Besten seiner Zeit
genug getan, hat als Lehrer und anregender
Freund weit hinaus gewirkt, war stets ein treuer
Sohn seiner Heimat, für die er viel Gutes tat,
und der er mit seiner Kunst zahllose Freunde
warb, und wird mit den stärksten seiner Arbeiten
die Zeiten überdauern. w.

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