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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 36.1920-1921

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Wolf, Georg Jacob: Josef Anton Koch: (1768-1839)
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https://doi.org/10.11588/diglit.14150#0267

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Eine hübsche Antwort, indessen, auch ästhe-
tisch, nicht poetisch-philosophisch angesehen,
ist an diesen Werken etwas Bestrickendes und
Anziehendes. Es bedarf, um den inneren Reich-
tum des römisch-tirolischen Meisters zu er-
kennen, der Analyse überhaupt nicht. An ihn
und seine Kunst darf man sich ganz verlieren,
in seine Bilder kann man hineinträumen. Das
Pathos seiner Bilder ist der Art, daß es sich
nicht zudrängt, sondern eine ihm entgegenkom-
mende Stimmung bereitwillig auffängt und em-
porbauen hilft. Wenn man Koch, wie man häufig
liest, den Vater der deutschen klassizistischen
Landschaftsmalerei nennt, so ist unter solchen
Umständen nicht zu vergessen, daß Koch nicht
eigentlich klassizistisch ist im Sinne seiner Zeit-
genossen, die ein Ideal veräußerten. Er war zu
gesund, vielleicht auch etwas zu derb und grob-
schlächtig, als daß er in solche süßliche Manier
hätte verfallen können. Er war bei weitem nicht
so bewußt und in seinem Wesen nicht so geziert
wie seine Weggenossen. Er war naiver, kind-
licher, unmittelbarer. Wem es seine Bilder nicht
sagen, der muß es wenigstens aus seinen Schrif-
ten, die so aufrichtig daherpoltern, erkennen.

Trotzdem darf man Koch mit gutem Recht
einen Ahnen der deutschen Malerpoeten nen-

nen. Von ihm gingen Ströme der Anregung
aus. Er war das Haupt der deutschen Maler
in Rom: Richter stand vor ihm und Genelli,
und irgendwie schwingt Kochs Art weiter in
Rottmann, wie in Schirmer und Böcklin. Die
beiden Olivier empfingen Kochs Anregung, und
so war das Schaffen des Tiroler Bauernbuben
und entlaufenen Karlschülers in seiner Spät-
zeit ein weit auswirkendes, vielseitiges, glück-
liches, das sich nicht in seinem eigenen Werke
erschöpfte, sondern viele und bedeutende
Künstler befruchtete.

Als Koch im 71. Lebensjahr am 12. Januar
1839 über der Arbeit an dem Bilde „Der Raub
des Ganymed" einem Schlagfluß erlag, war sein
Ruhm bereits gefestigt und seine Bedeutung über
allen Zweifeln klar. Die Künstlerschaft, die ihn
feierlich zu Grabe geleitete, — neben St. Peter
ruht er unter den Teutones in pace — wußte
es, darüber hinaus die ganze Künstlerwelt. Eine
Richtung, die wie eine brandende Welle rasch
verzischte, konnte Kochs Gestalt und Werk
kurze Zeit verschleiern, sie konnte es indessen
nicht auslöschen. Heute strahlt es so hell wie
je, und man geht nicht fehl, wenn man in Joseph
Anton Koch einen sicheren Führer zu neuen
Zielen zu erkennen wagt. Georg Jacob Wolf

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