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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 58.1942-1943

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Klapheck, Anna: Neue Bilder von Theo Champion
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https://doi.org/10.11588/diglit.16491#0044

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B Kunstbibllothek

gelagerte Kuh, ein lautlos vorübergleitender Schlit-
ten, treten überdeutlich ins Bewußtsein hervor. Er
nennt ein Bild „Das rote Haus", und auch ein solches
Haus ist für den Betrachter von einem leisen, schwe-
benden Geheimnis erfüllt. Gern malt er winterliche
Bäume, deren entlaubte Äste sich spukhaft zueinan-
derneigen. Formen, Farben und Gestalten treten zu-
sammen und erzeugen gemeinsam eine seltsam „ver-
dichtete" Stimmung, wie sie mit anderen Mitteln,
aber ähnlicher Wirkung, auch das „Gedicht" fest-
zuhalten sucht. Man halte einige Zeilen von Stefan
George

Wir stehen an der hecken gradem wall.
In reihen kommen kinder mit der nonne.
Sie singen lieder von der himmelswonne
in dieser erde sichrem klarem hall.

neben Champions Bild „Am Abend", um zu fühlen,
wie hier Dämmerzustände der Natur und des mensch-

lichen Herzens in Lied und Bild ganz absichtslos über-
einstimmen. Von der „abendneige" spricht der fol-
gende Vers des Gedichts.

Nicht die Gebilde der Phantasie dünken dem echten
Träumer am rätselvollsten. Die am Auge unablässig
vorübergleitende Wirklichkeit ist oft voll tieferen Ge-
heimnisses und schwerer deutbar wie Spuk und Fabel-
welt. Wohl nicht alle Bilder Champions wollen so
verstanden sein — einige wollen vielleicht wirklich
nur als heiteres Abbild des Lebens und der Welt er-
freuen. Vor allem liegt es dem Künstler in seiner
schlichten Art völlig fern, mit Bewußtheit in seine
Bilder tiefere Bedeutung hinein zu geheimnissen.
Aber auch jede schlichte, wirklich empfundene Land-
schaftsmalerei läßt hinter dem Sichtbaren ein Ewiges
ahnen, und in einem ganz weiten Sinn gilt wohl über-
haupt für jede echte Kunst das Wort abermals eines
Romantikers, Friedrich Schlegels: „Alle Schönheit in
der Kunst ist Allegorie."

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