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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 58.1942-1943

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Lorck, Carl von: Neugefundene Meisterwerke von C. D. Friedrich, J. A. Koch und C. Blechen
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Gorke, Manfred: Der Kirchhof beim Frühlingsbeginn: noch ein wiedergefundenes Bild Caspar David Friedrichs
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https://doi.org/10.11588/diglit.16491#0130

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Er steht dort in der Schicht des Mittelgrundes ganz
links am Bildrande. Beide Bäume, dieser und der neu-
gefundene, gehen doch wohl auf die gleiche Natur-
skizze Friedrichs nach seiner oft bezeugten Gewohn-
heit zurück. Einen dritten Niederschlag fand die
Skizze schon in der frühen Weimarer Sepia-Kompo-
sition „Hünengrab am Meer'' von 1806 (Einem,
Bild 10). Dort steht ebendieselbe Eiche als rechter
Baum in der Dreiergruppe.

Es muß jene Urzeichnung gegeben haben, auf die
alle drei Werke zurückgehen. Solange wir, im Vor-
übergehen sei es bemerkt, kein des großen Mannes
würdiges Korpus von Friedrichs sämtlichen Zeich-
nungen und Gemälden haben, tappt die Forschung
im Ungewissen.

Es gibt ein zweites Gemälde, das einen einzelnen
Eichbaum darstellt. Doch ist er ein anderer mit einem
völlig anderen Charakter und Schicksalsmarken als
unserer. Ich meine den Eichbaum im Schnee von
1821 in der Nationalgalerie Berlin (Einem, Bild 60),
der gleichfalls auf dem Klosterfriedhof von 1819 im
Vordergrunde links und auch sonst mehrfach im Werk
Friedrichs wiederkehrt. Das neue Bild und dieser
andere Eichbaum gehen jedoch beide entwicklungs-
geschichtlich über den Klosterfriedhof von 1819 hin-
aus, aus dem sie als Sonderexistenzen hervorgewach-
sen sind. Die Verwendung der älteren Motive ist je-

„Der Kirchhof beim Frühlingsbeginn."

David Friedrichs. Von Manfred Görke

Im Südwesten von Dresden liegt der Plauensche
Grund, der Ende des 18. Jahrhunderts und auch im
ersten Drittel des 19. Jahrhunderts immer wieder mit
niemals nachlassender Kraft der Anziehungspunkt
für Dichter und bildende Künstler war, die seine
Schönheiten besangen und wiedergaben. Hier erlebte
Philipp Otto Runge im Jahre 1802 den Frühling in
Dresden und berichtete in seinem Briefe vom 10. Mai
seinem Vater in begeisterten Worten von einem Spa-
ziergang, den er mit Demiani und zwei anderen
Freunden unternahm, von Plauen, „welches wie eine
Blüte weiß ist", und dem Plauenschen Grunde. Um
1800 schildert uns Caspar David Friedrich in einem
heiteren Gedicht von 42 Strophen ganz ausführlich
eine Wanderung durch Plauen und den Plauenschen
Grund nach Tharandt. Und von den Schönheiten des
Plauenschen Grundes künden auch jene drei, um
1800 entstandenen Deckfarbenbilder C. D. Fried-
richs im Besitz des Dresdener Stadtmuseums, welche
die Königsmühle, die Neumühle und die Pulver-
mühle darstellen.

Im Kernpunkt des Vorortes Plauen liegt malerisch
auf einem kleinen Hügel, umgeben von einem alten
Friedhof, die Kirche des Ortes, an der alle diese Wan-
derer einer romantischen Zeit vorübergezogen sind,
und wo sie gar oft Einkehr hielten.
Ein glücklicher Zufall hat jetzt ein bisher verscholle-
nes Ölbild C. D. Friedrichs aus namenlosem Verbor-

weils — übrigens auch beim Benutzen der Zeichnung
der liegenden Aste auf dem neuen Bilde — derber,
reicher, kräftiger und vielgestaltiger. Das neue Bild
ist im Format kleiner als das Berliner. Durch die An-
ordnung des Teiches vor der Eiche, durch die Eichen-
äste im Schnee und die Hintergrundslinien, schließ-
lich durch den mächtigeren Eichbaum mit vielfälti-
ger Krone ist es geschlossener in der Gesamtstruktur.
Es wird später als 1821 zu datieren sein.
Die kleine Landschaft des Elbschiffes im Frühnebel
(s. Farbtafel) hat in ihrer Handschrift, Farbgebung,
Struktur und innerem Sinngehalt so viel vom Wesen
Friedrichs, daß es kaum einzelner Übereinstimmun-
gen mit gesicherten Werken bedarf, um die Zuschrei-
bung zu rechtfertigen. Ähnlich sich traubenhaft nei-
gende Weidenbüsche hat der späte Hamburger Sturz-
acker (Einem, Bild 70), ähnlich aufsteigende Früh-
nebel kennen wir von dem Morgen in Hannover
(Einem, Bild 65) und aus dem Nebel im Elbtal von
1821, den die Nationalgalerie als Leihgabe der staat-
lichen Schlösser besitzt (Einem, Bild 74). Das Bild ist
farbig hell, im wesentlichen blaßgrün und von mei-
sterlicher Luftbehandlung. Hervorragend schön ist
die blühende Wiese. Sie ist mit jener Andacht vor der
Wirklichkeit der Natur und mit liebevoller Vertie-
fung in das kleinste Gras und Kraut gemalt, die
Friedrich unter allen Zeitgenossen auszeichnet.

Noch ein wiedergefundenes Bild Caspar

gensein ans Tageslicht gebracht, eines jener bedeu-
tenden Bilder, die bereits zu Lebzeiten Friedrichs
durch mannigfache, zeitgenössische Zeugnisse ein-
wandfrei belegt sind.

Das Bild stellt den Eingang zum Kirchhof in Plauen
dar. Die näheren Einzelheiten des Bildes sind fol-
gende: Öl auf Leinwand. Höhe 58 cm, Breite 55,5 cm.
Auf der Rückseite der Leinwand in Zierschrift der
Vermerk „für F. Kramer in Haiherstadt. 1822". Das
Bild besitzt noch den alten Goldrahmen und trägt auf
der Rückseite desselben in der linken, oberen Ecke
das kleine, weiße Schildchen der Königsberger Aus-
stellung vom Jahre 1857.

Erstmalig war das Bild im Jahre 1822 in Dresden
ausgestellt, und es findet sich in dem „Verzeichnis der
am Augustustage den 5. August 1822 in der Königl.
Sächs. Akademie der bildenden Künste zu Dresden
ausgestellten Kunstwerke"' im Nachtrag als Nummer
„LXXXIV Eingang zum Kirchhof in Plauen, nach
der Natur gemalt von demselben'" verzeichnet. Als
Nr. LXXXII sind in diesem Nachtrage „Des Künst-
lers Atelier, nach der Natur gemalt von Friedrich"'
und als Nr. LXXXIII „Ein gescheitertes Schiff auf
Grönlands Küste im Wonnemond, eigne Erfindung
und gemalt von demselben" (= Friedrich) zu finden.
Diese Dresdener Ausstellung vom Jahre 1822 wurde
von F. Ch. A. Hasse in dem von C. A. Böttiger her-
ausgegebenen „Artistischen Notizenblatt" ausführ-

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