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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 58.1942-1943

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Barthel, Gustav: Betrachtungen zur schlesischen Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.16491#0155

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Herbert Schnürpel. Ruinen in Frankreich
Aus der Aussteilung ,,Sch!esische Kunst" in Wien

Foto Damerau, Breslau

Vielfältiges zurückgab oder neu hinzufügte, was wir
in vollem Umfange erst in letzter Zeit zu erkennen
vermögen. In Schlesien haben die schweren Schick-
sale der Nach-Weltkriegs] ahre mit all ihren lange
wirkenden Folgeerscheinungen hart auf das Land ge-
drückt. Die Sorgen um Arbeit und Brot, Raum und
Grenzen und die Sorge um das eigene Leben waren
vordringlicher Art und haben naturnotwendig die
Kräfte der Schaffenden wie die Augen der Urteilen-
den auf die Behebung und Abwehr dieser Not gelenkt.
Dieser Wille zur Selbsterhaltung war dem Schlesier
nicht fremd. Er begleitet sein geschichtliches Schick-
sal, das auf Jahre in der Abwendung von Gefahren
und Eingriffen gegen Grenzen und Volkskörper be-
stimmt war.

Dieser Kampf macht nach außen hin zäh und hart,
er macht verschlossen, vielleicht auch einsam. Eine
gewisse Schwerfälligkeit und nüchterne Sachlichkeit
begleiten diesen Menschen. Wie unter einer Decke
verborgen leuchtet die Heimatliebe auf, die unlösbare
Verbundenheit mit der Heimat, die auch denen an-
eignet, die in die Ferne gewandert sind — in die lok-
kende Ferne, die der Schlesier so oft und so gerne
sucht, getrieben von dem Drang in die Weite, in der

er sich oft genug verliert in dem Sinne, daß er sich
einfügt in das Leben anderer Stämme und seine Liebe
zur Heimat und damit die Züge seiner Art nur heim-
lich, gleichsam verschlossen und nur in kleinstem
Kreise pflegt und hütet.

Wer sich wehren muß, verschließt sich nach außen
hin, und wer nur unter dem Gesetze der Bewährung
lebt, den ficht die äußere Not des Daseins wenig an.
Er kehrt sein Antlitz nach innen, schirmt seine Seele
ab, in deren Innern es wachsen und blühen, brodeln
und glühen kann. Sein Wesen wird schwer durch-
schaubar, ja widerspruchsvoll. Ihn packt eine Sehn-
sucht nach der Stille des Herzens, und er sucht mit
der Welt fertig zu werden, indem er seine Blicke
nach innen wendet. Es fehlt ihm an Tatkraft des Wa-
gens nicht. Sie galt der Erhaltung und Abwehr des
Ganzen. Aber es fehlt ihm auch nicht die Problematik
des Wägens, die ihn so oft hin und hergerissen er-
scheinen läßt, voll Lebensfreude mit durchaus wilder
Leidenschaft und oft mit einem Hang zum Grübeln
und Spintisieren, der sich bis zur religiös-mystischen
Schau vertiefen kann.

Fast möchte es scheinen, daß der Vielschichtigkeit des
Menschen die Vielgestaltigkeit der schlesischenLand-

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