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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 58.1942-1943

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Nannen, Henri: Junge Kunst im Deutschen Reich: zu einer vom Reichsstatthalter in Wien, Reichsleiter Baldur von Schirach veranstalteten Ausstellung im Künstlerhaus zu Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.16491#0172

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Fritz Hülsmann, München. Steilufer an der Ostsee

Ausstellung „Junge Kunst", Wien

noch auf das Verkünden philosophischer oder poli-
tischer Einsichten und ebensowenig auf die vielge-
rühmte „Malerpoesie" an, sondern zunächst und vor
allem auf die Malerei und das Malerische. „Ein
Maler muß malen können!" hat der bayerische Kunst-
könig Ludwig I. mit einem tadelnden Seitenblick auf
Peter Cornelius gesagt, und in diesem „Malen-kön-
nen" liegt mehr als eine nur virtuose Beherrschung
des Manuellen, es liegt darin die Forderung nach
dem eigentlich Malerischen, oder — mit einem Wort
Karl Schefflers — nach dem „schönen Handwerk",
dessen Aufgabe es ist, eine Ordnung zu schaffen,
wenn die Malerei in Gefahr ist, in Willkür auszu-
arten.

Gewiß ist damit die Allseitigkeit der Malerei nicht er-
faßt, das Malerische ist nur eine Seite, aber es ist der
zeugende Grund, aus dem die großen Individualitäten
sich bilden, die gute Herkunft, ohne die eine gute
Zukunft nicht denkbar ist. Die schöpferische Eigen-
willigkeit des Genies läßt sich weder in Regeln fas-
sen noch überliefern, der zündende Blitzstrahl des
Einmaligen ist keine erträgliche Dauerbeleuchtung.
Aber wo es auf ein Zurückfinden der Malerei zu ihren
wahren Wesensgründen ankommt, da kann gegen-

über aller kunstfremden Tendenz nicht nachdrück-
lich genug auf das hingewiesen werden, wovon Goethe
während seiner italienischen Reise schreibt: „Es ist
mehr Positives, das heißt, Lehrbares und Uberliefer-
bares in der Kunst, als man gemeinhin glaubt, und
der mechanischen Vorteile, wodurch man die geistig-
sten Effekte — versteht sich, immer mit Geist —
hervorbringen kann, sind sehr viele." Dieses „Po-
sitive" aber ist eben nicht „nur" Handwerk, ist kein
bloßes seelenloses Können, denn ihm liegt ja das
sinnliche Augenerlebnis vor der Natur zugrunde,
und die Natur ist überall ganz, sie hat weder Kern
noch Schale, sondern ist eines stets in allem und alles
in einem. Darum hat Leibi recht, wenn er sagt: „Ich
male was ich sehe, da ist die Seele ohnehin dabei."
Es ist freilich noch nicht die leidenschaftserfüllte
Seele eines Tizian oder der bewegte Geist eines Gova.
es ist vorerst weniger eine zeugende als eine empfan-
gende Haltung vor der Natur, immerhin waren
Tizian und Gova auch Maler, was sie darüber hinaus
waren, ist weder zu überliefern noch ist es erlernbar.
Die Schönheit des Malerischen ist die "Wahrheit des
Schaubaren, der existenziellen Natur — ihr Geist ist
..der Geist, der in den Fingerspitzen sitzt" (Courbet).

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