einen Vortrag des Herrn Prefeffor Dr. Scherer über den deutschen
Minnesang. Zuerst die Entwicklung desselben aus dem eu cyei
Volksliede nachweiseud, dann den durch ihn immer mehr un ine
Zur Entwicklung gelangenden Kultus des Frauendienstes in ungemei
poetischer Weise schildernd, charakterisirte der Vortragende den iinne
sang in seiner Blüthezeit als eine Epoche deutscher Dichtung. t'c 10,1
heiterem Frohsinn durchzogen, wie keine andere, von Freude sür !on
heit und Pracht, von reicher Sinnenlust und ossener unbefangener hm
gäbe an irdische Schönheit getragen, in vielfacher Beziehung etwas
verwandtes mit dem klassischen Griechenthume hatte, währen eoch
ihr Wesen durch die enge Verbindung mit dem Leben der Natur, >e
der deutschen Poesie überhaupt eigen ist, echt germanisch war. _el’
allmähligen verfall und dessen Ursachen eingehend schildernd, sch op
der Redner mit begeistertem Lobe auf die Nachtigall des Minnesanges,
des größten aller Minnesänger, der heute noch als einer ei r e
unter den Dichtern aller Zeiten Geltung hat, auf Walther von er
Vogel weide, seinen mit reichem Beifalle aufgenommenen Vortrag.
Zur Illustration desselben waren eine Reihe von Saiteninstrumen en,
wie solche zur Zeit der Minnesänger im Gebrauche gewesen, ausge-
stellt, welche auch in kunstgewerblicher Beziehung hohes Interesse
erregten.
Ihm folgte am 22. November Herr vr. h. Frauberger aus
Leipzig (Herausgeber des Spamer'schen Werkes „Die Erfindung«! er
neuesten Zeit") mit einem vortrage über „die Machtsxhäre des o es
in der Kunstindustrie", den wir im Auszuge in einem der nacsttm
hefte bringen werden. Eine große Anzahl hübscher moderner S ?rou
gegenstände, ausgeführt von Mitgliedern des Vereins, veranf an ich e
m mannigfaltiger weise die der Neuzeit geltenden Bemerkungen des
Redners.
Am 2g. November wurden in der Abendversammluug die Resul-
tate der für die xrojektirte großartige verloosung ausgeschriebenen Kon-
knrrenz kunstgewerblicher Vriginalentwürfe bekannt gegeben. Die prä-
miirten Entwürfe, sowie eine stattliche Anzahl der eingelaufenen Arbeiten
schmückten die wände des Saales, — reiche Belehrung bietend. Alles
Nähere über diese in hohem Grade erfreulich verlaufene Konkurrenz
ist aus dem Berichte der Jury (Heft XI und XII, Jahrgang 1881) zu
entnehmen. Nachdem der II. Vorsitzende, Herr Direktor Lange,
an diesem Abende noch bekannt gegeben hatte, daß die Herren Vr.
Rüttler, Fritz August Kaulbach und Lossow an Stelle des ver>
storbenen vr. Lichten stein und der ausgeschiedenen hochverdienten
Ausschußmitglieder, der Herren Hofmaler Pecht und Ministerialiath
^r. von Bezold, in die Vorstandschaft eingetreten seien und Herr
Architekt v. Schmädel nunmehr definitiv die Redaktion der Vereins-
Zeitschrift übernommen habe, ging die Versammlung zum gesellschaft-
lichen und musikalischen Theil des Abends über.
Auch bezüglich des in der wochenversaminlung am 6. Dezember
gehaltenen Vortrages „das Buch als Gegenstand des Kunstgewerbes"
von Herrn Or. hnttler können wir an dieser Stelle kurz notirend hin-
weggehen, da derselbe ausführlich in unserem Blatte erscheinen wird.
Konstatirt sei nur, daß der Redner, welcher seine Worte mit einer
Sroßen Anzahl von typographischen Werken und Linzelnblättern ans
den verschiedensten Jahrhunderten belegte, reichsten Beifall erntete,
welcher nicht allein diesem vortrage, sondern überhaupt auch den Ver-
diensten vr. Huttiers u,n die künstlerische Hebung der modernen Typs-
graphie galt. Lin exquisiter, seltener Gennß wurde der Versammlung
hierauf durch die musikalischen Vorträge des Herrn Hofmusiker wihan
(Cello) und des Herrn Professor Gierl (Klavier) zu Theil.
Am zz. Dezember sprach Herr Architekt v. Schmädel über das
Thema „Phantasie und verstand imKampfe um diewelt-
Herrschaft", am 20. Dezember Herr vr. Wilhelm v. Miller über
Farbstoffe. Er behandelte aus dem umfangreichen Gebiete speziell
die Zeugfarben, denen unsere moderne Chemie hauptsächlich nahe ge-
treten ist, und von diesen wiederum in eingehenderer weise die rothe
Farbe, deren kulturhistorisch höchst interessante Geschichte er bis in
unsere Tage entwickelte.
Menige in unserer Zeit haben eine Ahnung davon, welch' enormen
Werth die Farbstoffe im Alt-rthume gehabt haben. Purpurseide z. B.
wurde geradezu mit Gold ausgewogen und es war das bevorzugte
Recht der Fürsten, als Attribut ihrer weltlichen Macht gleich dem
Szepter auch den Purpur zu trage». An der Hand griechischer und
lateinischer Urkunden gelingt es, die längst verloren gegangene und
bis heute nicht wieder aufgefundene Technik der Purpurbereitung, deren
Entstehung sich in die graue Sagenwelt verliert, als deren Erfinder
aber offenbar die Phönizier gelten müssen, wenigstens in großen Um-
rissen von ihrer Blüthe bis zu ihrem Untergange zu verfolgen.
Der Purpur wurde ans 2 Schneckengattungen, der eigentlichen
Purpurschnecke (purpura) und der Trompetenschnecke (buccinum), die im
ganzen Mittelmeere Vorkommen, gewonnen. Durch geeignete Vermisch-
ung des Saftes dieser Schnecken und durch Variationen im Anfärben
erreichte inan alle möglichen Nuancen, unter denen indeß der violette
Amethystpurpur und der blutrothe lyrische Purpur die berühmtesten
waren. Die Prozedur der Purpurbereitung, über die eine ganze Lite-
ratur besteht, ist fast durchgehends mißverstanden worden, selbst von
M. Schmidt, dem Uebersetzer der griechischen Papyrosurkunden der k.
Bibliothek zu Berlin (18^2), der allgemein als Autorität zitirt wird.
Redner weist dies in sehr scharfsinniger weise von seinem chemischen
Standpunkt aus nach, der übrigens auch von den lateinischen Texten
völlig gedeckt wird. Trotz des ungeheuren Preises des Purpurs wurde
allmählig solcher Luxus damit getrieben, daß mit Beginn des römischen
Kaiserreichs eigne Purpurverbote (das bekannteste stamint aus dem Jahre
282) diesen Farbstoff dem privaten Gebrauche zum größten Theil ent-
zogen und sür die Kaiser reservirten. Unter diesen strengen verboten,
deren Uebertretnng sogar mit dem Tode bestraft wurde, ging diese schöne
blühende Industrie verloren, wozu freilich die Alles zerstörende Völker-
wanderung auch das Ihrige beitrug.
Mit dem Untergänge des byzantinischen Reiches verschwindet der
Purpur und Papst Paul VI sah sich iqs-f veranlaßt, den Larmesin
statt des Purpurs für die liturgischen Gewänder einzuführen. So über-
nahm der Larmesin, dessen Geschichte ebenso alt und wohl ebenso
interessant ist, als die des Purpurs, im Mittelalter die Rolle des
Letzteren. Das Insekt, welchem dieser Farbstoff entnommen wurde,
ist unser heutiger Kermes, den die Alten, welche seine thierische
Natur nicht kannten, Scharlachbeeren nannten. welch' prachtvolle
Wirkungen man mit diesem Farbstoff erzielte, konnte Redner an alten
in vollständiger Farbenfrische prangenden Seidenstoffen aus dem
Nationalmuseum zeigen. Die Kermes der alten Welt wurde durch die
schönere Lochenille, ein Insekt, das durch die Indianer auf den
Nexal-Pflauzen gezüchtet worden, verdrängt. Heutzutage noch färbt
man (Plüsche rc.) mit Cochenille und der Lochenillelack ist unter dem
Namen Larmin bei den Malern wohlbekannt. Aeltesten Ursprungs
sind auch die G r s e i! l e (aus gewissen Flechtenarten) und das K r a p p-
roth aus der Krappwurzel. Redner schildert nun wie Färberei und
Weberei, die im J2. Jahrhundert besonders in Florenz blühten, nach
Flandern zogen und dort die höchste Stufe erreichten. Die bekannten
Teppiche, zu denen Raphael seine berühmten Kartons lieferte, ließ
Papst Leo X. zu Arras in Flandern fertigen. Beim Ausbruch der
Unruhen in Flandern und Brabant flüchteten die Arbeiter nach Eng-
land , Deutschland und Frankreich und verbreiteten so ihre Industrie
auch in diesen Ländern. Dir französischen Gobelins stellten die fland-
rischen Teppiche bald in den Schatten.
Nach diesen geschichtlichen Rückblicken wendete sich der Vortragende
zu den künstlichen Farben, welche die neuere Chemie aus dem un-
scheinbaren Theer, einem Nebenprodukte der Gasfabrikation, hervorge-
zaubert hat. 1856 kam die erste derselben unter dem Namen Mauvein
auf den Markt. 1858 wurde das Fuchsin, der schönste rothe Anilin-
farbstoff, von A. w, Hofmann entdeckt, vor den Augen seiner Zu-
hörer stellte nun der Redner unter Erläuterung der chemischen Vor-
gänge auf experimentellem Wege den prachtvollen Farbstoff ans Anilin
(einem Bestandtheile des Theeres) durch Sauerstoffzufuhr dar, zugleich
die aus diesem Fuchsin weiter erzeugten violetten, blauen, grünen
Farbstoffe rc. vorweisend. Ls ist eines der interessantesten Kapitel in
der Lntwickelungsgeschichte der chemischen Industrie, wie sich dieselbe
auf diesem Gebiete sozusagen durch eine Reihe von Kinderkrankheiten
hindurch zu ihrer jetzigen Blüthe emporrang. Da indeß die Anilin-
färben vielerlei Mißstände, die ihren Grund in der Unechtheit derselben
haben, besitzen, so ist man unausgesetzt bestrebt, sie durch bessere zu er-
setze». Die kürzlich gemachte Entdeckung einer neuen Klasse von Farb-
stoffen, die sogenannten Azosarbstoffe, bezeichnen bereits einen der-
artigen Fortschritt. Sie wetteifern an Echtheit mit der Lochenille.
Auch diese Farben erzeugte der Vortragende experimentell durch Zu-
führung einer Stickstoffverbindung zu Naphtalin, indem er mit dem
feurigen Roth zugleich verschiedene Stoffe ausfärbte. Es wurde dann
die so wichtig gewordene künstliche Darstellung des Krapproth erwähnt
und beim Ausfärbeu mit diesem Farbstoff das vielbewunderre Geheimniß
Minnesang. Zuerst die Entwicklung desselben aus dem eu cyei
Volksliede nachweiseud, dann den durch ihn immer mehr un ine
Zur Entwicklung gelangenden Kultus des Frauendienstes in ungemei
poetischer Weise schildernd, charakterisirte der Vortragende den iinne
sang in seiner Blüthezeit als eine Epoche deutscher Dichtung. t'c 10,1
heiterem Frohsinn durchzogen, wie keine andere, von Freude sür !on
heit und Pracht, von reicher Sinnenlust und ossener unbefangener hm
gäbe an irdische Schönheit getragen, in vielfacher Beziehung etwas
verwandtes mit dem klassischen Griechenthume hatte, währen eoch
ihr Wesen durch die enge Verbindung mit dem Leben der Natur, >e
der deutschen Poesie überhaupt eigen ist, echt germanisch war. _el’
allmähligen verfall und dessen Ursachen eingehend schildernd, sch op
der Redner mit begeistertem Lobe auf die Nachtigall des Minnesanges,
des größten aller Minnesänger, der heute noch als einer ei r e
unter den Dichtern aller Zeiten Geltung hat, auf Walther von er
Vogel weide, seinen mit reichem Beifalle aufgenommenen Vortrag.
Zur Illustration desselben waren eine Reihe von Saiteninstrumen en,
wie solche zur Zeit der Minnesänger im Gebrauche gewesen, ausge-
stellt, welche auch in kunstgewerblicher Beziehung hohes Interesse
erregten.
Ihm folgte am 22. November Herr vr. h. Frauberger aus
Leipzig (Herausgeber des Spamer'schen Werkes „Die Erfindung«! er
neuesten Zeit") mit einem vortrage über „die Machtsxhäre des o es
in der Kunstindustrie", den wir im Auszuge in einem der nacsttm
hefte bringen werden. Eine große Anzahl hübscher moderner S ?rou
gegenstände, ausgeführt von Mitgliedern des Vereins, veranf an ich e
m mannigfaltiger weise die der Neuzeit geltenden Bemerkungen des
Redners.
Am 2g. November wurden in der Abendversammluug die Resul-
tate der für die xrojektirte großartige verloosung ausgeschriebenen Kon-
knrrenz kunstgewerblicher Vriginalentwürfe bekannt gegeben. Die prä-
miirten Entwürfe, sowie eine stattliche Anzahl der eingelaufenen Arbeiten
schmückten die wände des Saales, — reiche Belehrung bietend. Alles
Nähere über diese in hohem Grade erfreulich verlaufene Konkurrenz
ist aus dem Berichte der Jury (Heft XI und XII, Jahrgang 1881) zu
entnehmen. Nachdem der II. Vorsitzende, Herr Direktor Lange,
an diesem Abende noch bekannt gegeben hatte, daß die Herren Vr.
Rüttler, Fritz August Kaulbach und Lossow an Stelle des ver>
storbenen vr. Lichten stein und der ausgeschiedenen hochverdienten
Ausschußmitglieder, der Herren Hofmaler Pecht und Ministerialiath
^r. von Bezold, in die Vorstandschaft eingetreten seien und Herr
Architekt v. Schmädel nunmehr definitiv die Redaktion der Vereins-
Zeitschrift übernommen habe, ging die Versammlung zum gesellschaft-
lichen und musikalischen Theil des Abends über.
Auch bezüglich des in der wochenversaminlung am 6. Dezember
gehaltenen Vortrages „das Buch als Gegenstand des Kunstgewerbes"
von Herrn Or. hnttler können wir an dieser Stelle kurz notirend hin-
weggehen, da derselbe ausführlich in unserem Blatte erscheinen wird.
Konstatirt sei nur, daß der Redner, welcher seine Worte mit einer
Sroßen Anzahl von typographischen Werken und Linzelnblättern ans
den verschiedensten Jahrhunderten belegte, reichsten Beifall erntete,
welcher nicht allein diesem vortrage, sondern überhaupt auch den Ver-
diensten vr. Huttiers u,n die künstlerische Hebung der modernen Typs-
graphie galt. Lin exquisiter, seltener Gennß wurde der Versammlung
hierauf durch die musikalischen Vorträge des Herrn Hofmusiker wihan
(Cello) und des Herrn Professor Gierl (Klavier) zu Theil.
Am zz. Dezember sprach Herr Architekt v. Schmädel über das
Thema „Phantasie und verstand imKampfe um diewelt-
Herrschaft", am 20. Dezember Herr vr. Wilhelm v. Miller über
Farbstoffe. Er behandelte aus dem umfangreichen Gebiete speziell
die Zeugfarben, denen unsere moderne Chemie hauptsächlich nahe ge-
treten ist, und von diesen wiederum in eingehenderer weise die rothe
Farbe, deren kulturhistorisch höchst interessante Geschichte er bis in
unsere Tage entwickelte.
Menige in unserer Zeit haben eine Ahnung davon, welch' enormen
Werth die Farbstoffe im Alt-rthume gehabt haben. Purpurseide z. B.
wurde geradezu mit Gold ausgewogen und es war das bevorzugte
Recht der Fürsten, als Attribut ihrer weltlichen Macht gleich dem
Szepter auch den Purpur zu trage». An der Hand griechischer und
lateinischer Urkunden gelingt es, die längst verloren gegangene und
bis heute nicht wieder aufgefundene Technik der Purpurbereitung, deren
Entstehung sich in die graue Sagenwelt verliert, als deren Erfinder
aber offenbar die Phönizier gelten müssen, wenigstens in großen Um-
rissen von ihrer Blüthe bis zu ihrem Untergange zu verfolgen.
Der Purpur wurde ans 2 Schneckengattungen, der eigentlichen
Purpurschnecke (purpura) und der Trompetenschnecke (buccinum), die im
ganzen Mittelmeere Vorkommen, gewonnen. Durch geeignete Vermisch-
ung des Saftes dieser Schnecken und durch Variationen im Anfärben
erreichte inan alle möglichen Nuancen, unter denen indeß der violette
Amethystpurpur und der blutrothe lyrische Purpur die berühmtesten
waren. Die Prozedur der Purpurbereitung, über die eine ganze Lite-
ratur besteht, ist fast durchgehends mißverstanden worden, selbst von
M. Schmidt, dem Uebersetzer der griechischen Papyrosurkunden der k.
Bibliothek zu Berlin (18^2), der allgemein als Autorität zitirt wird.
Redner weist dies in sehr scharfsinniger weise von seinem chemischen
Standpunkt aus nach, der übrigens auch von den lateinischen Texten
völlig gedeckt wird. Trotz des ungeheuren Preises des Purpurs wurde
allmählig solcher Luxus damit getrieben, daß mit Beginn des römischen
Kaiserreichs eigne Purpurverbote (das bekannteste stamint aus dem Jahre
282) diesen Farbstoff dem privaten Gebrauche zum größten Theil ent-
zogen und sür die Kaiser reservirten. Unter diesen strengen verboten,
deren Uebertretnng sogar mit dem Tode bestraft wurde, ging diese schöne
blühende Industrie verloren, wozu freilich die Alles zerstörende Völker-
wanderung auch das Ihrige beitrug.
Mit dem Untergänge des byzantinischen Reiches verschwindet der
Purpur und Papst Paul VI sah sich iqs-f veranlaßt, den Larmesin
statt des Purpurs für die liturgischen Gewänder einzuführen. So über-
nahm der Larmesin, dessen Geschichte ebenso alt und wohl ebenso
interessant ist, als die des Purpurs, im Mittelalter die Rolle des
Letzteren. Das Insekt, welchem dieser Farbstoff entnommen wurde,
ist unser heutiger Kermes, den die Alten, welche seine thierische
Natur nicht kannten, Scharlachbeeren nannten. welch' prachtvolle
Wirkungen man mit diesem Farbstoff erzielte, konnte Redner an alten
in vollständiger Farbenfrische prangenden Seidenstoffen aus dem
Nationalmuseum zeigen. Die Kermes der alten Welt wurde durch die
schönere Lochenille, ein Insekt, das durch die Indianer auf den
Nexal-Pflauzen gezüchtet worden, verdrängt. Heutzutage noch färbt
man (Plüsche rc.) mit Cochenille und der Lochenillelack ist unter dem
Namen Larmin bei den Malern wohlbekannt. Aeltesten Ursprungs
sind auch die G r s e i! l e (aus gewissen Flechtenarten) und das K r a p p-
roth aus der Krappwurzel. Redner schildert nun wie Färberei und
Weberei, die im J2. Jahrhundert besonders in Florenz blühten, nach
Flandern zogen und dort die höchste Stufe erreichten. Die bekannten
Teppiche, zu denen Raphael seine berühmten Kartons lieferte, ließ
Papst Leo X. zu Arras in Flandern fertigen. Beim Ausbruch der
Unruhen in Flandern und Brabant flüchteten die Arbeiter nach Eng-
land , Deutschland und Frankreich und verbreiteten so ihre Industrie
auch in diesen Ländern. Dir französischen Gobelins stellten die fland-
rischen Teppiche bald in den Schatten.
Nach diesen geschichtlichen Rückblicken wendete sich der Vortragende
zu den künstlichen Farben, welche die neuere Chemie aus dem un-
scheinbaren Theer, einem Nebenprodukte der Gasfabrikation, hervorge-
zaubert hat. 1856 kam die erste derselben unter dem Namen Mauvein
auf den Markt. 1858 wurde das Fuchsin, der schönste rothe Anilin-
farbstoff, von A. w, Hofmann entdeckt, vor den Augen seiner Zu-
hörer stellte nun der Redner unter Erläuterung der chemischen Vor-
gänge auf experimentellem Wege den prachtvollen Farbstoff ans Anilin
(einem Bestandtheile des Theeres) durch Sauerstoffzufuhr dar, zugleich
die aus diesem Fuchsin weiter erzeugten violetten, blauen, grünen
Farbstoffe rc. vorweisend. Ls ist eines der interessantesten Kapitel in
der Lntwickelungsgeschichte der chemischen Industrie, wie sich dieselbe
auf diesem Gebiete sozusagen durch eine Reihe von Kinderkrankheiten
hindurch zu ihrer jetzigen Blüthe emporrang. Da indeß die Anilin-
färben vielerlei Mißstände, die ihren Grund in der Unechtheit derselben
haben, besitzen, so ist man unausgesetzt bestrebt, sie durch bessere zu er-
setze». Die kürzlich gemachte Entdeckung einer neuen Klasse von Farb-
stoffen, die sogenannten Azosarbstoffe, bezeichnen bereits einen der-
artigen Fortschritt. Sie wetteifern an Echtheit mit der Lochenille.
Auch diese Farben erzeugte der Vortragende experimentell durch Zu-
führung einer Stickstoffverbindung zu Naphtalin, indem er mit dem
feurigen Roth zugleich verschiedene Stoffe ausfärbte. Es wurde dann
die so wichtig gewordene künstliche Darstellung des Krapproth erwähnt
und beim Ausfärbeu mit diesem Farbstoff das vielbewunderre Geheimniß