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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1882

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Unsere kunstgewerblichen Musterblätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.7026#0078

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4- 6^

Unsere kunstgewerblichen Mnsterblätter.

Tafel [*): Uhr im style deutscher Renaissance, erdacht u„d
in Metall ausgeführt von ,7. lkagcmann. Der Gedanke, das Gehäuse
einer Uhr als thiirmförmigen Aufbau zu gestalten, ist durch die Grund-
sorin des Uhrwerkes, sowie durch die Entwicklungsgeschichte der Uhr-
macherkunst begründet. Die ältesten auf uns gekommenen Uhrwerke
bestehen aus einem eisernen, länglich viereckigen Gestelle, zwischen dem
sich das Räderwerk bewegt.

Es lag demnach sehr nahe, als man anfing die äußere schmuck-
lose Form zu verschönern, mit diesen gegebenen Verhältnissen zu
rechnen. Dies wurde nun dadurch bethätigt, daß man die vier auf-
wärtssteigenden Seiten mit Strebepfeilern versah, den oberen Theil,
worauf die Glocke für das Schlagwerk ruhte, mit einer Kuppel über-
wölbte, die, mit Krappen verziert, in einer Giebelblume anslief. Somit
war der thurmförmige Aufbau gegeben. Diese Formgestaltung hat sich
in der ganzen Zeitperiode der Gothik erhalten und in der Periode
der Renaissance fortgebildet. Nur ein Unterschied macht sich hiebei
bemerkbar; nämlich in der Gothik ist das noch sehr einfache Räder-
werk von allen Seiten sichtbar; später, als in der Mechanik größere
Fortschritte gemacht und komplizirtere Uhrwerke geschaffen wurden,
suchte man dieselben gegen äußere Einflüsse durch geschlossene Seiten-
wände zu schützen. Die hiedurch entstandenen Flächen wurden in den
meisten Fällen mit gemalten, gravirten und auch ziselirten ornamen-
talen und figuralen, auf die Zeit bezüglichen Darstellungen versehen,

und es entstanden auf diese Weise, in Verbindung mit schöner Form-
bildung, die prächtigsten Kunstwerke, die heute noch Zierden von Mu-
seen und Kunstsammlungen bilden.

Bestimmend dafür, diese Form zu wählen, mag auch der Um-
stand gewesen sein, daß die ersten größeren Uhren, n»> dieselben zum Ge-
meingut Aller zu machen, auf Thürmen, wo sie weithin sichtbar waren,
aufgestellt wurden, wie dieß im \5. Jahrhundert in Italien seinen
Anfang nehmend später in anderen Ländern Nachahmung fand. Ls
hat demnach auch dieser Umstand dazu beigetragen, die kleineren Uhr-
werke des häuslichen Gebrauches in der Form eines Thurmes wieder-
zugcben.

Erst in der Spätrenaissance entstanden alle möglichen Formbil-
dungen, die sich bis in unsere Zeit fortsetzten.

Diesen Gedanken des thurmförmigen Aufbaues tut Charakter
deutscher Renaissance hat Iagemann in seiner von uns abgebildeten
Uhr mit bekannter Meisterschaft zum Ausdrucke gebracht und dabei zu-
gleich nach Art der alten Kleinmeister lediglich Bandarbeit angewendet.
Lin in der That mühevolles, aber gelungenes Merk. Das hiezu ver-
wendete Metall ist Messing und Silber, das Ganze vergoldet. Der
Aufbau zerfällt in drei Theile. Der Unterbau steht auf einem reich
profilirten Sockel, vier von kannelirten, korinthischen Säulen begrenzte
Ecken schließen den unteren Theil bis zur Galerie ab. In entsprechen-
der Umrahmung befindet sich hier das Zifferblatt mit der Tageszeit,
sowie den auf die Zeit bezüglichen Darstellungen, als Sonnenuhr,
Sanduhr, Globus, Wochentage, Thierkreis, ^ Mondsphascn und
Windrose.

Auf den 4 Ecken der von der Ballustrade umschlossenen Galerie
stehen 4 Vasen mit Blumensträußen. Ans der Galerie selbst entwickelt
sich ein 8°eckiger Aufbau, dessen Seiten je 4 Fenster mit durchbrochenem
Gitterwerk und 4 Nischen mit der figürlichen Darstellung der 4 Jahres-
zeiten enthalten. Ueber der gewölbten Bedachung befindet sich das
Glockenthürmchen mit Glocke, welches durch eine Wetterfahne mit
dein Münchener Kindl als Wahrzeichen bekrönt wird. Der Sockel trägt
in kleiner Schrift den bei derartigen Werken in alter Zeit üblichen
Spruch, welcher lautet:

Mit Freud hat mich erdacht

Mit Lust und Lieb gemacht

Meister kfans Iagemann

Als A. Do. MDCCCLXXXII begann.

Tafel 20: Entwurf zu einem Pokale von (P. Dupp. Vieser
Entwurf wurde bei der für die verloosung des Aunstgewerbe-Vereins
ausgeschriebenen Konkurrenz mit dein zweiten Preise ausgezeichnet.
Ausführung in getriebenem Silber mit farbig emaillirten Goldrändchen.
Die Schnecke von Rauchtopas mit emaillirter Fassung von Gold.

Tafel 2\: Dekorationsstudie von H). Felix.

Tafel 22: Entwurf zu einem Waschkästchen mit Uhr von A.
pössenbacher, kgl. ksofmöbelfabrikant. Derselbe erhielt bei der für die
verloosung des Knnstgewerbe-Vereins ausgeschriebenen Konkurrenz
einen vierten Preis.

Tafel 23: Entwurf zu einem Landelaber von A. RosfL, Der-
selbe kann unter Anwendung der im Entwürfe ersichtlichen Abänderung
des Aufsatzes auch für Leuchter Verwendung finden.

Tafel 24 ■■ Lüster-Weibchen für Gas, entworfen und ausgeführt
von Professor Dalbreiter und Bildhauer Derterich.

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Verantwortlicher Redakteur: F. von 8chmädel. — Verlag von ©. Dirth in Leipzig und München. — Druck von Lnorr Sf Dirth in München.

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Beilage: Aonkurrenz-Ausschreiben des Aunstgewerbe-Vereins.
 
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