dehnenden Dessins und Einfassungen benützt wurden. Sie bestanden
aus größeren und kleineren Stücken, aus Linien, Blümchen, Arabesken,
wappenstguren (in Frankreich namentlich Lilien), sowie aus größeren
Mittolstücken und Ecken. In Deutschland hat sich länger als hun-
dert Jahre die Gepflogenheit erhalten, aus kleineren Prägestücken, zum
Theil mit trefflich ciselirten Röpsen, Figuren und Laubwerk geschmückt,
den Buchdeckel mit einem System geradliniger, meist rechteckiger Ein-
fassungen auszufüllen. Es ist, kurz gesagt, das Grnamentations-
prinzip der Frührenaiffance, welches in diesem Runstzweig bei uns
noch befolgt wurde, als man z. B. bei kjolziutarsien, Eisenätzungen rc.
längst zu späteren Formen übergegangen war. Häufig trägt das Laub-
werk selbst noch in den Stempeln um \&oo einen gothisirenden Cha-
rakter. Dieser echt deutsche Lederband hat etwas außerordentlich
Solides, Gediegenes, Monumentales an sich. Meistens ward dazu
Schweinsleder verwendet.
Ganz anders entfaltete sich die Bnchbinderkunst in Frankreich, wo
man mit Vorliebe die orientalischen Arabesken und ihre Florentiner
Nachbildungen zu einer äußerst graziöse», formell und farbig liebens-
würdigen Ornamentation entwickelte. Frankreich ist das eigentliche
Mutterland der sogenannten „LiebhabereinbLnde", und es ist nicht zu
leugnen, daß dort im (6. Jahrhundert eine bei Weitem größere
Mannigfaltigkeit in dieser Runst zu Tage tritt. In dieser Zusammen-
setzung der kleinsten und einfachsten Grnamentstücke offenbart sich eine
oft geradezu erstaunliche Phantasie. Dazu kommt die Verwendung
feinerer Lederarten. Die ersten pariser und Lyoner Buchbinder jener
Zeiten erfreuen sich noch heute eines gewissen Ruhmes bei ihren Lands-
leuten und ihre Einbände sind noch heute als Gegenstände des Sammel-
eifers mit theurem Gelds bezahlt. Der graziöse künstlerische Lharakter
der französischen Bucheinbände hat sich merkwürdig lauge erhalten,
und während bei uns in Deutschland der 50-jährige Krieg auch diese
Kunst schwer schädigte, entwickelte sich in Frankreich dieselbe mit den
durch den veränderten Geschmack gebotenen Aenderungen auch noch in
den Zeiten des Baroco nnd Roccoco fort. Indessen gab es im 16.
und 17. Jahrhundert auch in Deutschland manche Stätten, wo unter
italienischen und französischen Einflüssen sehr reizende, freie phantastische
Einbände gemacht wurden. Eine besondere Art davon find die kur-
pfälzischen und kurbayerischen Einbände mit den Porträts der Fürsten
als Nittelstück n. s. w.
Nach langer Vernachlässigung kommt man heute auf die alten
Vorbilder zurück. Freilich, der Massenproduktion unserer Zeit ent-
sprechend, trägt die Iinitation der alten Kunst vorwiegend den Lha-
rakter der Fabrikation. Während früher die kleinsten Ornamente stück-
weise mit der Hand eingexreßt zu künstlichen Figuren gestaltet wurden,
braucht man heute die aus einem Stücke geschnittene oder geätzte Präge-
platte; die Farben werden nicht mehr emailartig von der Hand aufge-
tragen, sondern in der Buchbinderpresse aufgedruckt; am Meisten ist
aber zu beklagen, daß auf das eigentliche Linbinden, auf den Buch-
block, nicht mehr die alte Sorgfalt verwendet wird, und daß man den
ganzen den Alten entlehnten Formen- und Farbenreichthum auf einem
Materiale anbriugt, welches von denjenigen der Alten nur den Schein
borgt: Statt feinstem Schweins-, Kalbs- oder Jiegenleders nimmt man
Kaliko rc. Damit sollen die soliden Bestrebungen unserer heutigen
Bucheinbandkünstler gewiß nicht verkannt werden, um so weniger, als
sie sich in den meisten Fällen nothgedrungen nach den Marktverhält-
nissen, nach den Wünschen nnd dem Geldbeutel des Publikums richten
müssen. Die Ausstellung zeigte nur einige wenige moderne Erzeugnisse
der Kunst, diese dürfen aber zum Theil geradezu als inustergiltig bezeichnet
werden. So namentlich die prachtvollen Arbeiten des Hr. Otto Hupp,
eines Schülers von Rud. Seitz, welche in ihrer Art zur Zeit wohl
einzig dastehen dürften.
vereLnschronjt.
Die Grenzen der Zeitschrift unseres Vereines sind zu enge gesteckt,
um die reiche Thätigkeit, welche derselbe entfaltet, fortlaufend in ihrem
vollen Umfange zu registriren. Das große Material der zahlreichen
Sitzungen, die Arbeitsleistungen des vereinszeichnungssaales, die Ge-
schäftsthätigkeit der Ausstellungshalle, die gemeinsamen wocheuver-
sammlungen mit ihren Vorträgen, die verloosungsunternehmungen,
die hervorragenden Leistungen der Mitglieder u. s. w. würden allein
genügend Stoff bieten, um die \2 Textbogen dieses Blattes zu füllen.
Mir sind daher gezwungen, nur in Kürze die nennenswerthesten Vor-
gänge zu buchen, um so insbesondere unseren auswärtigen Mitgliedern
wenigstens annähernd ein Bild der durch ihre opferwillige Bethei-
ligung geförderten vereinsthätigkeit zu geben.
In erster Linie sind es die stets zahlreich besuchten Wochenver-
sammlungen , welche in ihrer glücklich angelegten Durchführung so
wesentlich zur Steigerung unseres vereinslebens beitragen. Die im
November vorige» Jahres begonnene Wintersaison hat bereits gleich
der vorhergehenden eine Reihe vorzüglich gelungener Abende zu ver-
zeichnen. Die erste dieser Versammlungen fand am 8. November 1881
statt. Der 2. Vorsitzende des Vereines, Herr Direktor Lange, eröffnete
dieselbe mit einer Begrüßung der Mitglieder und Gäste, gab das Pro-
gramm für die bevorstehende Wintersaison bekannt uud schloß seine
einleitende Rede mit einem Hinweis auf denjenigen Mann, welchem
der Kunstgewerbe-Verein vor Allem seine in ganz Deutschland als
inustergiltig anerkannte Organisation und seine so glückliche Entfaltung
verdanke, den aber zu Aller Bedauern noch immer sein Gesundheits-
zustand verhindere, in der Mitte des Vereines zu erscheinen. Seiner
Aufforderung entsprechend, erhob sich Alles von den Sitzen, um dem
allverehrteu ersten Vorsitzenden, Herrn Erzgießerei-Inspektor v. Miller,
die Gefühle steten Dankes und deu gemeinsamen Wunsch baldiger voll-
ständiger Wiedergenesung zum Ausdrucke zu bringen. Nach dieser
sichtlich von Herzen kommenden Ovation erhielt Hr. Ingenieur St ei-
nach das Wort zu einem vortrage über Elektrometallurgie und deren
Vertretung auf der jüngsten elektrischen Ansstelluug zu Paris. Die
lichtvolle Darstellung des Redners über das Wesen, die Technik und
Verwendung der Galvanoplastik und Galoanostegie, in welcher insbe-
sondere auch die für das Kuuftgewcrbe wichtigen neuen Methoden des
vermeffingens und Vernickelns, sowie die auf galvanischem Wege er-
zeugten Gxydationsprozesse auf Metallüberzügen eingehend erörtert
wurden, — die zahlreichen Proben aus dein elektro-metallurgischen
Institute des Vortragenden, durch welche das verständniß des Ge-
sprochenen wesentlich erleichtert und vertieft wurde und insbesondere die
interessanten Mittheilungen über die großartige elektrische Ausstellung in
Paris fanden den lebhaftesten Beifall der Versammlung, welcher hierauf
durch den Vorsitzenden eine Reihe mustergiltiger moderner kunstgewerblicher
Erzeugnisse aus der Ausstellungshalle des Vereines vorgeführt wurden.
Dieser Brauch, durch deu einestheils hervorragende Ausstellungsgegen-
stände geehrt werden und durch welchen anderentheils ein lebendiger,
anregender Meinungsaustausch unter den airwesenden Mitgliedern
wachgerufen wird, ist an allen kommenden Abenden konsequent festge-
halten worden. Da wir vom Jahre 1882 an alle bedeutenderen
Objekte der Vereinsausstellung registriren werden, so führen wir
die an den betreffenden Abenden vorgezeigten Gegenstände nicht eigens
einzeln an, um Wiederholungen zu vermeiden.
Der nächste am 15. November stattgehabte Vereinsabend brachte
aus größeren und kleineren Stücken, aus Linien, Blümchen, Arabesken,
wappenstguren (in Frankreich namentlich Lilien), sowie aus größeren
Mittolstücken und Ecken. In Deutschland hat sich länger als hun-
dert Jahre die Gepflogenheit erhalten, aus kleineren Prägestücken, zum
Theil mit trefflich ciselirten Röpsen, Figuren und Laubwerk geschmückt,
den Buchdeckel mit einem System geradliniger, meist rechteckiger Ein-
fassungen auszufüllen. Es ist, kurz gesagt, das Grnamentations-
prinzip der Frührenaiffance, welches in diesem Runstzweig bei uns
noch befolgt wurde, als man z. B. bei kjolziutarsien, Eisenätzungen rc.
längst zu späteren Formen übergegangen war. Häufig trägt das Laub-
werk selbst noch in den Stempeln um \&oo einen gothisirenden Cha-
rakter. Dieser echt deutsche Lederband hat etwas außerordentlich
Solides, Gediegenes, Monumentales an sich. Meistens ward dazu
Schweinsleder verwendet.
Ganz anders entfaltete sich die Bnchbinderkunst in Frankreich, wo
man mit Vorliebe die orientalischen Arabesken und ihre Florentiner
Nachbildungen zu einer äußerst graziöse», formell und farbig liebens-
würdigen Ornamentation entwickelte. Frankreich ist das eigentliche
Mutterland der sogenannten „LiebhabereinbLnde", und es ist nicht zu
leugnen, daß dort im (6. Jahrhundert eine bei Weitem größere
Mannigfaltigkeit in dieser Runst zu Tage tritt. In dieser Zusammen-
setzung der kleinsten und einfachsten Grnamentstücke offenbart sich eine
oft geradezu erstaunliche Phantasie. Dazu kommt die Verwendung
feinerer Lederarten. Die ersten pariser und Lyoner Buchbinder jener
Zeiten erfreuen sich noch heute eines gewissen Ruhmes bei ihren Lands-
leuten und ihre Einbände sind noch heute als Gegenstände des Sammel-
eifers mit theurem Gelds bezahlt. Der graziöse künstlerische Lharakter
der französischen Bucheinbände hat sich merkwürdig lauge erhalten,
und während bei uns in Deutschland der 50-jährige Krieg auch diese
Kunst schwer schädigte, entwickelte sich in Frankreich dieselbe mit den
durch den veränderten Geschmack gebotenen Aenderungen auch noch in
den Zeiten des Baroco nnd Roccoco fort. Indessen gab es im 16.
und 17. Jahrhundert auch in Deutschland manche Stätten, wo unter
italienischen und französischen Einflüssen sehr reizende, freie phantastische
Einbände gemacht wurden. Eine besondere Art davon find die kur-
pfälzischen und kurbayerischen Einbände mit den Porträts der Fürsten
als Nittelstück n. s. w.
Nach langer Vernachlässigung kommt man heute auf die alten
Vorbilder zurück. Freilich, der Massenproduktion unserer Zeit ent-
sprechend, trägt die Iinitation der alten Kunst vorwiegend den Lha-
rakter der Fabrikation. Während früher die kleinsten Ornamente stück-
weise mit der Hand eingexreßt zu künstlichen Figuren gestaltet wurden,
braucht man heute die aus einem Stücke geschnittene oder geätzte Präge-
platte; die Farben werden nicht mehr emailartig von der Hand aufge-
tragen, sondern in der Buchbinderpresse aufgedruckt; am Meisten ist
aber zu beklagen, daß auf das eigentliche Linbinden, auf den Buch-
block, nicht mehr die alte Sorgfalt verwendet wird, und daß man den
ganzen den Alten entlehnten Formen- und Farbenreichthum auf einem
Materiale anbriugt, welches von denjenigen der Alten nur den Schein
borgt: Statt feinstem Schweins-, Kalbs- oder Jiegenleders nimmt man
Kaliko rc. Damit sollen die soliden Bestrebungen unserer heutigen
Bucheinbandkünstler gewiß nicht verkannt werden, um so weniger, als
sie sich in den meisten Fällen nothgedrungen nach den Marktverhält-
nissen, nach den Wünschen nnd dem Geldbeutel des Publikums richten
müssen. Die Ausstellung zeigte nur einige wenige moderne Erzeugnisse
der Kunst, diese dürfen aber zum Theil geradezu als inustergiltig bezeichnet
werden. So namentlich die prachtvollen Arbeiten des Hr. Otto Hupp,
eines Schülers von Rud. Seitz, welche in ihrer Art zur Zeit wohl
einzig dastehen dürften.
vereLnschronjt.
Die Grenzen der Zeitschrift unseres Vereines sind zu enge gesteckt,
um die reiche Thätigkeit, welche derselbe entfaltet, fortlaufend in ihrem
vollen Umfange zu registriren. Das große Material der zahlreichen
Sitzungen, die Arbeitsleistungen des vereinszeichnungssaales, die Ge-
schäftsthätigkeit der Ausstellungshalle, die gemeinsamen wocheuver-
sammlungen mit ihren Vorträgen, die verloosungsunternehmungen,
die hervorragenden Leistungen der Mitglieder u. s. w. würden allein
genügend Stoff bieten, um die \2 Textbogen dieses Blattes zu füllen.
Mir sind daher gezwungen, nur in Kürze die nennenswerthesten Vor-
gänge zu buchen, um so insbesondere unseren auswärtigen Mitgliedern
wenigstens annähernd ein Bild der durch ihre opferwillige Bethei-
ligung geförderten vereinsthätigkeit zu geben.
In erster Linie sind es die stets zahlreich besuchten Wochenver-
sammlungen , welche in ihrer glücklich angelegten Durchführung so
wesentlich zur Steigerung unseres vereinslebens beitragen. Die im
November vorige» Jahres begonnene Wintersaison hat bereits gleich
der vorhergehenden eine Reihe vorzüglich gelungener Abende zu ver-
zeichnen. Die erste dieser Versammlungen fand am 8. November 1881
statt. Der 2. Vorsitzende des Vereines, Herr Direktor Lange, eröffnete
dieselbe mit einer Begrüßung der Mitglieder und Gäste, gab das Pro-
gramm für die bevorstehende Wintersaison bekannt uud schloß seine
einleitende Rede mit einem Hinweis auf denjenigen Mann, welchem
der Kunstgewerbe-Verein vor Allem seine in ganz Deutschland als
inustergiltig anerkannte Organisation und seine so glückliche Entfaltung
verdanke, den aber zu Aller Bedauern noch immer sein Gesundheits-
zustand verhindere, in der Mitte des Vereines zu erscheinen. Seiner
Aufforderung entsprechend, erhob sich Alles von den Sitzen, um dem
allverehrteu ersten Vorsitzenden, Herrn Erzgießerei-Inspektor v. Miller,
die Gefühle steten Dankes und deu gemeinsamen Wunsch baldiger voll-
ständiger Wiedergenesung zum Ausdrucke zu bringen. Nach dieser
sichtlich von Herzen kommenden Ovation erhielt Hr. Ingenieur St ei-
nach das Wort zu einem vortrage über Elektrometallurgie und deren
Vertretung auf der jüngsten elektrischen Ansstelluug zu Paris. Die
lichtvolle Darstellung des Redners über das Wesen, die Technik und
Verwendung der Galvanoplastik und Galoanostegie, in welcher insbe-
sondere auch die für das Kuuftgewcrbe wichtigen neuen Methoden des
vermeffingens und Vernickelns, sowie die auf galvanischem Wege er-
zeugten Gxydationsprozesse auf Metallüberzügen eingehend erörtert
wurden, — die zahlreichen Proben aus dein elektro-metallurgischen
Institute des Vortragenden, durch welche das verständniß des Ge-
sprochenen wesentlich erleichtert und vertieft wurde und insbesondere die
interessanten Mittheilungen über die großartige elektrische Ausstellung in
Paris fanden den lebhaftesten Beifall der Versammlung, welcher hierauf
durch den Vorsitzenden eine Reihe mustergiltiger moderner kunstgewerblicher
Erzeugnisse aus der Ausstellungshalle des Vereines vorgeführt wurden.
Dieser Brauch, durch deu einestheils hervorragende Ausstellungsgegen-
stände geehrt werden und durch welchen anderentheils ein lebendiger,
anregender Meinungsaustausch unter den airwesenden Mitgliedern
wachgerufen wird, ist an allen kommenden Abenden konsequent festge-
halten worden. Da wir vom Jahre 1882 an alle bedeutenderen
Objekte der Vereinsausstellung registriren werden, so führen wir
die an den betreffenden Abenden vorgezeigten Gegenstände nicht eigens
einzeln an, um Wiederholungen zu vermeiden.
Der nächste am 15. November stattgehabte Vereinsabend brachte