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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1882

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Unsere kunstgewerblichen Musterblätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.7026#0018

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reichhaltige Auswahl, welche alle Zeiten des Schriftdruckes umfassen
wird, ist der Kunstsammlung des kserausgebers entnommen. Dieselbe
zeichnet sich durch großes verständniß für praktische Verwerthbarkeit
aus und kann auch in Bezug auf die durch Lichtdruck erfolgte Repro-
duktion der Originale als mustergültig bezeichnet werden. — Ebenso
zu empfehlen ist das Sammelwerk von Originalschmiedearbeiten der
verschiedensten Jahrhunderte, aus der umfassenden Kunstschmiedeeisen-
sammlung desselben kferausgebers. Große Mannigfaltigkeit, praktische
Auswahl und vorzügliche Reproduktion verleihen auch dieser Publikation
einen hohen Werth. Sie kann sowohl dem Lehrer wie dem Schüler,
dem kfandwerker wie dem Liebhaber empfohlen werden. Beide Merke
liegen in der Ausstellungshalle des Vereines auf.

(Stylisirung der Blumen.) Die Stylisirung der Blume
bildet in der Ornamentik aller Epochen ein besonders charakteristisches
Merkmal der jeweiligen Richtung. Die Blume ist so zu sagen der Mittel-
punkt, um den sich in den meisten Fällen die übrige Drnamentirung
der Fläche grnppirt. Es war daher sicher ein glücklicher Gedanke von
Prof. E. kierdtle, ein Sammelwerk zu schaffen, welches nach dieser
Richtung hin einen vollständigen, äußerst instruktiven Ueborblick gewährt.
„Die stylisirten Blumen aus allen Kunstepochen", wie das
bei F. Löwe in Stuttgart erschienene Werk betitelt ist, sollten in keiner
Schule und bei keinem Industriellen fehlen, der bei Aus-
schmückung seiner Erzeugnisse vorzugsweise auf das Flachornament
angewiesen ist. Der Preis des Werkes, welches auf 2t Tafeln t t'l Bor-

bilder enthält, beträgt 7z/a Mark, so daß die Beschaffung desselben auch
dem einfachen Handwerksmeister ermöglicht ist.

(Heiltnmb - Buch des St. Steffans-Domes zu Wien.)
Eine vor Kurzem erschienene Publikation des österreichischen Mu-
seums für Kunst und Industrie betraf das sog. Heiltumb-Buch
des St. Stefans-Domes zu Wien, d. h. in moderner Sprache,
den alten illustrirten Katalog des Domschatzes. Die Originalausgabe er-
schien im Jahre t502 und nochmals mit Nachträgen l5fq. Das In-
teresse, welches die Facsimile-Reproduktion des alten Buches erregt, ist
mannigfachster Art: Bücherfreunde, Historiker und Künstler werden es
ebenso gern durchblättern als Goldschmiede und Juweliere. Die abge-
bildeten Kunstgegenstände, durchwegs Reliquare verschiedenster Art,
existiren nicht mehr, weßhalb die Erhaltung ihrer Formen, wenn auch
nur in den allgemeinen Zügen des Holzschnittes um so werthvoller ist.
Trotz ihrer verhältuißmäßigen Kleinheit (durchschnittlich H,5\2 Ltm.)
geben die Abbildungen dennoch in ihrer sicheren Klarheit einen vor-
trefflichen Begriff von dem Formenreichthum, welcher im und J5.
Jahrhundert (diesen gehören nemlich die meisten der abgebildeten Ge-
genstände an) für Reliquienbehälter in Anwendung kam. Die von
Herrn Franz Ritter, einem Bibliotheks-Beamten des Museums,
mit großer Sachkenntniß geschriebene Vorrede bietet alles Geschichtliche,
was über das Wiener Heiltumb bekannt ist, und einige werthvvlle
vergleichende Studien.

Unsere kunstgewerblichen Musterblätter.

Tafel \: Entwurf zu einem Umschläge für Weinkarten von
Rudolf Seitz. Die äußere Ausstattung von Weinkarten eignet sich
besonders für dekorative Ausschmückung. Unsere Tafel gibt den Ge-
danken zu einer solchen. Die „Blume" des Weines ist das Motiv,
welches hier in sinnniger Weise verwerthet wurde. Das den Becher
umschlingende Band bietet den Raum für die Aufschrift.

Tafel 2: Dokumentenschrei», entworfen und ausgeführt von

G. tzupp, montirt von J. Mack. Derselbe befindet sich im Besitze
Sr. Exzellenz des k. bayer. Staatsrathes und Regierungspräsidenten
Frhr. v. pfeufer. Die Beschläge bestehen aus gravirtem, getriebenem und
vergoldetem Bronceblech. Der Ueberzug ist Schweinsleder, dessen Flächen
durch eingexreßte, vergoldete, rautenförmig gekreuzte, ein zierliches Re-
naissanceornament umschließende Linien dekorirt sind. Knaufe, Füße und
Austagen der mit unterlegtem, gleichfalls aus Bronceblech hergestellten,
gravirten und vergoldeten wappengrnnd geschmückten Rosetten sind
aus Bergkrystall. 7

Farbe und Form der stilvolle» Arbeit machen einen ungemein
festlichen Eindruck.

Tafel 3: weihcgefchcnk der Schüler piloty's, dem Meister zur
23 jährigen Jubelfeier des Bestehens feiner schule gewidmet. (Nach
Entwürfen von Prof. Fr. widnmann, Prof. Ferd. Barth und Her-
mann Schneider, modellirt von Eckert, in Silber ausgeführt von
Darrach fun. Dieses prächtige Ehrengeschenk stellt das Schiff der
Kunst dar, dessen Steuer piloty's Genius führt, während der Genius
des Ruhmes am Bugspriet den Lorbeerkranz hoch empor hält. Ein
solcher schmückt auch die Spitze des reichen festlich bewimpelten Mastes,
dessen stolzgeblähtes Segel die Dedikation zeigt. Die Galeere wird von
einer die Hochstuth versinnlichenden, reizend kompouirten Gkeanide oder
Nereide über den grüngelben Drachen des Neides, der sich in den Weg
gestellt, triumphirend hinweggehoben, während er in ohnmächtiger
Wuth den Ruhmeskranz der Münchener Künstlerschaft zu zerreißen
sucht. Das Schiff ist reich geziert, in Silber mit goldenen Ornamenten
gearbeitet. An der einen Seite trägt es die Jahreszahl l85S, an
der anderen t88z. Auf dem geschwellten Segel steht die Inschrist:

„Ihrem Meister die dankbaren Schüler", auf einem am Bug befindlichen
Medaillon: „Karl von piloty." Das Ganze (ca. 95 Lent. hoch) erhebt sich
auf einem in Stufen emporsteigenden, in Kreuzesform konstruirten Uuter-
satz aus Ebenholz. Den Uebergang zur figürlichen Darstellung bilden
q am Untersatz angebrachte, dekorativ ausgearbeitete Gebilde der nie-
dersten Meeresfauna, nämlich Seepferdchen, deren gerippte phantastische
Gestalten sich besonders gut zu ornamentalen Zwecken eignen. Bild-
hauer wie Liseleur haben gewetteifert, um die Intensionen des künst-
lerischen Entwurfes würdig durchzuführen und eine kunstgewerbliche
Leistung zu Tage gefördert, welche ihrem Können hohe Ehre macht.

Die feierliche Ueberreichung, welche sich zu einem eigenartig poet-
ischen Künstlerfest gestaltete, erfolgte in der hart am Ufer des Starn-
berger See's bei Ambach gelegenen Villa, in welcher der Meister
feine Ferienmonate in ländlicher Ruhe zuzubringen pstegt.

Tafel q: Wandschrank im Style der deutschen Renaissance nach
Motiven des Meisters Wendel Ditterlin, entworfen von Wilhelm Felix.

Tafel 5: Lnstre für Glas, im Besitze des Herrn I. E. Schön in
Worms. Entwurf von G. 8eidl, Ausführung von Prof. A. Dalb-
reiter, Figürliches von Bildhauer v. Eramer. Der dekorative Theil
des Lustres, dessen Arme in der Grundrißstäche durch kreisförmig
arrangirtes Laubwerk verbunden sind, besteht durchgehends aus ge-
triebener Arbeit. Das Figürchen ist in Holz geschnitten und gefaßt.

Tafel s: Partie aus einer Wohnstube. Entwurf von G. 8cidl,
ausgeführt für Herrn A. Zeidl, von der Kunsttischlerei der Waggon-
fabrik F. Rathgeber. Des nicht vollständig genügenden Lichtes wegen
war es leider unmöglich, den aufgenommenen Innenraum in voller
Klarheit wiederzugeben. Es dürfte jedoch die Darstellung hinreichen, um
die mit verhältnißmäßig einfachen Mitteln erzielte gemüthliche Wirkung
des Arrangements erkennen zu lassen. Decke wie Wände sind einfach
weiß getüncht. Die Vertäfelung ist aus Eichenholz, der mit zierlich
geschmiedeten Ventilationsgittern und in seinem oberen Theile mit
Malereien versehene Kamin theils gemauert, theils aus Marmor her-
gestellt. Die Details der Thüre sind aus der unserem Texte beige-
gebenen Aeichnnug zu ersehen.
 
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