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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1882

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Heigel, Karl Theodor von: Ludwig I. von Bayern und Martin Wagner
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Sepp, ...: Verfehlte Kunstmotive in der Auffassung der Kreuzwegstationen, [1]: Vortrag von Prof. Dr. Sepp, gehalten im Kunstgewerbeverein am 3. Januar 1882
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https://doi.org/10.11588/diglit.7026#0071

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vor der Porta del popolo verdanken ü)i'c Entstehung
königlichen Bürger Roms. Noch manches reizvolle Fe' t
besuchte er, manche werthvolle Erwerbung glückte '|?m-
Allein von den alten Dienern und Freunden schied Lmer
nach dem Andern auf Nimmerwiedersehn. 3m 5ommer
s858 wurde auch Wagner von schwerer Krankheit besät en.
Der letzte Brief des Königs vonr s5. 3^^^ \858 spricht, rrl-> o '
eine Ahnuirg des bevorstehenden Abschieds den Briefschrer er
erfüllt habe, noch einmal Dank für die Dienste Wagner s
aus: „Weinen innigen Dank, anhänglicher, treuer Wagner,
für die farbige Marmorstatue uird das kleirre Bassorr rcvo,
die Sie, wie Zimmermann mir nrittheilt, nrir lxstmrm
haben. Sowohl an sich gewährt cs rrrir Freude, a s atz
ich diese Kunstgegenstände von 3H^^" bekonrme, a‘ 1 !
3hnen mit Ausnahme der in Paris erworbenen ntr en
fast alles, was die Glyptothek enthält, zu verdanken ha e.
Ain 8. August t 858 verschied Wagner auf Villa Aralta;
die gesammte Künstlerschaft Ronr's gab ihnr na ) e^m
Friedhof der Deutschen das Ehrengeleit. Der Ruhestätte

des Getreuen galt, als er in: folgenden 3ahr wieder Rom
besuchte, Ludwig's erster Gang. Ein Schüler Wagners,
Peter Schöpf, zog in die Villa Malta, in deren schmuck-
losen Zimmerchen auch fortan, obzwar der hochbetagte
König stiller und zurückgezogener als früher lebte, Maler
und Bildhauer wie Kinder des pauses aus- und eingingen.

3» der Nacht vor der Abreise aus Rom im Frühling
f867 fuhr Ludwig, wie mir einer seiner Begleiter erzählte,
zum Eolosseum, um noch einmal den vom Mondlicht ver-
klärten Riesenbau zu bewundern. Auf dem Rückweg kam
er an Fontana Trevi vorüber. Sonst hatte er dein be-
kannten Volksglauben fröhlich Rechnung getrageii und
liiemals die Stadt verlassen, ohne von: Wasser des herr-
lichen Brunnens zu trinken. Auch diesmal schöpften ihm
seine Begleiter den Trunk, dessen Zauberkraft ihn bald
wieder nach Ron: zurückführen werde, allein der König
brach in Weinen ans und mit einem oft wiederholten:
„Nimmer wieder!" schied er von der theuren Stätte.


verfehlte Lunstmotive in der Auffassung der Lreuzwegstationen.

Vortrag vo» Prof. Or. 5exp, gehalten im Kunstgewerbeverein am 3. Januar (882.

| nknüpfend an einen vorangegangenen Vortrag
des perrn von Schmädel über Erziehung der
Phantasie lassen Sie inich die Verirrungen der
^ Künstlcrphantasie zum Gegenstände nehmen.
Overbeck danken wir ein Bild von den fünf klugen,
fünf thörichten Zungfraucn, nun im Museum zu Basel,
wobei er das Gleichnitz auf die Künste bezieht. Der ächte
Künstler ist immer Gedankenschöpfer, er versetzt uns in eine
ideale Welt, als gelte es, das verlorene Paradies der Mensch-
heit vorzuführen. Die wahre Kunst übt erziehende Gewalt,
erhebt und veredelt, sie wirkt wie Poesie in der Prosa des
Lebens — ob sic Motive des Glaubens oder der Geschichte,
oder sonst charakteristische Themate zuni Vorwurfe nimmt.
Ts gibt aber auch eiue sog. Kunst, vielmehr Künste, wobei
einein das Licht und der verstand ausgeht, welche die er-
habensten Dinge in den Staub zieht. Sie meinte Eornelius,
wenn er sprach:

Die Kunst Hab' ich geliebt,

Die Kunst Hab' ich geübt
Mein Lebenlang.

Die Künste Hab' ich verachtet,

Nach Wahrheit nur getrachtet,

Darum ist mir nicht bang.

Bedenklich wirkt der Künstler, welcher das ihm angeborne
Talent, wie der verlorne Sohn sein vermögen verschwendet,
und Spiel und Kneipe und jede Art obscöner Verführung
rricht zum abschreckenden Exempel, sondern so anziehend
als möglich darstellt, und sein Publikunr zum Schweincdienst
herabzieht, wie das schlechte Theater durch Koketterie mit
allen Lastern, durch unsaubere Vorstellungen die guten Sitten
verdirbt oder doch die Phantasie verwildert.

Dies gilt aber auch von der religiösen Kunst oder
Künstelei, worauf wir uns heute beschränken, wenn sie statt
idealer poheit nur immer Roheit zum Ausdrucke bringt.
Kein Wort wird häufiger mißbraucht, als der Ausdruck

„christliche Kunst", selbst wenn sie, wie jetzt, dem verfalle
entgegengeht. Es schadet dem Künstler nicht, daß er von
Natur ein peide oder pellene ist, denn der Grieche hat vor
allen Nationen die Kunst erhöht und gepflegt, das Göttliche
in Menschengestalt, das Menschliche göttlich darzustellen.
Der Zude hat nicht einmal einen Namen für Kunst, der
Hebräer gebraucht dafür chokmah, „Weisheit". Der Semite
ist überhaupt kunstfeindlich, abstrakter Theist, und der Araber
erschöpft seine Anlagen in Arabesken, weil ihm Figuren
zu zeichnen von Religionswegen verboten ist. Unter den
arischen Völkern sind die Perser die fanatischen Puritaner,
die seiner Zeit immer kunstzerstörend auftraten, so in Egypten
wie in Griechenland. Zur Kunstübung gehört ein Volk von
mythologischer Anlage, und der Künstler wird auch heute
von Mythe und Symbolik sich nicht trennen können, er hat
seine eigene Sprache, und lebt in konkreten Anschauungen,
wie das Volk sich an der Legende erbaut. Das Ehristen-
thum hat Kunst und Wissenschaft in die Religion einge-
führt, und das ist der Triumph der Ueberlegenheit über
den alten Bund.

Der Künstler hält am Zdcale fest, und man verlangt
dann von ihin nicht strenge Geschichte. Eben darum wirkt
er aber auf die religiöse Vorstellung ein, wie man von
pomer als Dichter sagt, er habe die hellenische Götterlehre
wesentlich entwickelt. Zum Diener Mosis ist der Mensch
herabgesunken, das Opfer des göttlichen Zornes, der nicht
genug Buße üben, zur Sühne und Versöhnung thun kann.
Der Pelle ne erfaßt den Sterblichen mit feiner unsterblichen
Aufgabe sich zu erheben und zu vergöttlichen, zum perrn
der Schöpfung sich zu machen und als Gebieter der Welt
aufzutreten. Der Semite hat das nicht empfunden und ge-
funden, sondern nur kopirt und als Geschichte verwerthet.
Betrachten Sie die großartigen Lonceptionen von Lornelius
in der Glyptothek! Da ist es Orpheus, welcher mit seinem

Zeitschrift


des

Aunstgewerbe-Vereins München.

*882. Heft 7 L 8 (Bg. 2).
 
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