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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1882

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Vereinschronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.7026#0102

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■h 88 H'

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wie der Zierde, Boden- und Möbelbelege, ferner Schmuck-
gegenstände , Muffen, Musikinstrumente, Rauch- und
Spielutensilien, Landarbeiten, Gegenstände der graphischen
Künste rc., die alle Zeugniß geben, sowohl von der reichen
Erfindungsgabe wie von dem gediegenen künstlerischen und
technischen Rönnen derer, die sie entworfen und ausgeführt.

Da leider die Begeisterung und der Sinn für künstleri-
sche Bestrebungen noch lange nicht Gemeingut der großen
Mehrheit geworden sind, die denselben demnach sernestehen-
den Elemente aber nichtsdestoweniger zur Förderung der-
selben wenigstens indirekt beigezogen werden sollen, so wurde
die Verloosung auch mit reichen Geldgewinnsten dotirt, deren
höchster ini Betrage von ^0,000 Mark in einer alten
eisernen Truhe dem Publikum in natura, freilich mit weiser
Vorsicht unter starkem Glasverschlusse veranschaulicht wird.
Und in der That lassen die vielfachen lauten Aeußerungen
unverfroren dem reinen Materialismus huldigender Besucher
deutlich erkennen, daß gegenüber den Reihen derer, welche durch
die ornamentalen und künstlerischen Leistungen unserer Münz-
sorten und Banknoten vollständig zufriedengestellt wären,
die Zahl der wahre», echten Kunstfreunde eine fast ver-
schwindende ist. Damit sei jedoch keineswegs behauptet, daß
manche, die sich jene verführerische Truhe als Gewinnst er-
träumen, nicht im Stillen den Gedanken hegen, ihn zuiu
Schmucke ihres Hauses oder ihrer Wohnräume zu verwen-
den und sich durch ihn mit nach dem gegebenen eigensten Bc-
dürfniß bedungenen kunstgewerblichen Erzeugnissen zu umgeben.
Doch man darf nicht zu sanguinisch sein und wir wollen davon
abstehen, so schöne Gedanken des Weiteren auszumalen. Die
Ziehung der Loose ist für den \5. Januar s883 festgesetzt.

Ehe wir nun zur Berichterstattung über die Vereins-
abende der lausenden Saison übergehen, ist noch Einiges
über die letztvergangene nachzutragen. Bor Allem haben
wir des hochinteressanten Vortrages zu gedenken, den unser
verdienstvolles Mitglied, Herr Or. hirth, unter Vorzeigung
zahlreicher Beispiele über „Holzintarsien" hielt. Es wird
uns wahrscheinlich möglich werden, denselben in unseren
Vereinsheften zu reproduziren, so daß wir uns auf die ein-
fache Erwähnung desselben beschränken können. Auch der
Vortrag des königl. Adjunkten am Münzkabinete, Herrn
Or. Rigauer, der am 2{. März in ungemein anziehen-
der, für den Künstler wie Kunstgewerbetreibenden höchst be-
lehrenden Meise über „Das Wesen und die Geschichte der
Heraldik" sprach, ist uns zur Veröffentlichung in Aussicht
gestellt.

Den Schluß der offiziellen Wochenversammlungen im
vergangenen Winter bildete der am 28. März gehaltene Vor-
trag unseres liebenswürdigen, gefeierten Dichters Dr. Karl
Stieler, der die zahlreiche Versammlung durch Rezitationen
seiner Hochlands-Dichtungen begeisterte. An sämmtlichen Ver-
einsabenden wurden außer den Vorträgen durch Gäste und
Mitglieder reiche musikalische Genüsse gespendet, die eingehend
zu erwähnen den Rahmen unserer Ehronik weit überschreiten
würde. Auch der Karnevalszeit wurde durch einen am Fa-
schingsdienstag höchst gelungen arrangirten Nnterhaltungs-
abend der nöthige Tribut gezollt. Unserem jugendfrischen Alt-
meister Herrn Franz von 5eitz gebührt die Palme dieses Abends.
Nachdem Herr Prof. Konräder und Herr Ravizza die unge-
wöhnlich zahlreich versammelten Gäste, unter denen sich ein
reicher Damenflor befand, durch musikalische Produktionen er-

freut hatten, betrat derselbe das Podium, um einen oft von
stürmischer Heiterkeit unterbrochenen Vortrag über höhere
Kunstpflege rc. zu halten, der eine ganz besondere Würze durch
die Vorzeigung und Erklärung einer Anzahl von dem Vor-
tragenden und einigen anderen Vereinsmitgliedern gefertigter
kunstgewerblicher Gegenstände erhielt. Die von genialster
Erfindung und übersprudelndem Humor zeugenden Gegen-
stände hier aufzuführen fehlt der Raum. Einzelnes, wie eine
der modernen Wagner'schenRichtung Rechnung tragende Uhr,
die unfehlbar vernünftigsten Pläne zum Baue der Akademie,
ein Zunftzeichen für Löwensversicherungen, ein Lüster-
männchen, das das Geweih am richtigen Platze, am Kopfe,
trägt, und last not least ein immer voller Maßkrug riefen
lauten Beifall hervor. Die von Herrn Architekten von
Schmädel geleitete Versteigerung dieser Gegenstände erzielte
200 Mk., welche dem Fonds für prämiirung von strebsamen
Gewerbsgehilfen zugewiesen wurden. Herr Brummer vom
Gärtnerplatztheater trug im weiteren Verlause des Abends
durch Vortrag einiger seiner gelungensten Eouplets, sowie einer
Faustparodie nicht unwesentlich dazu bei, den Abend zu
einem der heitersten im ganzen Karneval zu machen.

Wer je einmal diesen Versamntlungen des Kunstge-
werbe-Vereins angewohnt hat, wer je bei solchen Gelegen-
heiten den lebhaften künstlerischen und technischen Meinungs-
austausch zwischen Künstlern und Handwerkern verfolgte,
wer zugleich aufmerksamen Auges die so zahlreich vorge-
führten kunstgewerblichen Produkte der Mitglieder beob-
achtete, der wird die Keberzeugung mit sich genommen
haben, daß die Kultivirung dieser Art gesellschaftlichen Ver-
kehres eine der fruchtbringendsten Thätigkeiten des Vereins
bilden. Allen hervorragenden Kräften, welche sich um die
Vereinsabende verdient gemacht, wurde nach Schluß derselben
durch die Vorstandschaft des Kunstgewerbe-Vereins als Zeichen
dankbarer Anerkennung eine Dankadresse sowie ein hübscher
kunstgewerblicher Gegenstand übermittelt. Möge deren
Wirken auch fernerhin dem Vereine zur Förderung seiner
wichtigen idealen Bestrebungen erhalten bleiben!

Auch die nunmehr begonnenen Vereinsabende der
Wintersaison \882—83, welche atu s-s. November ihren
Altfang nahmen, sind ganz dazu angethan, hoffen zu lassen,
daß die kommenden Versammlungen in gleicher Weise
fruchtbringend sein werden. Eröffnet wurde die erste Ver-
sammlung Dienstag den sp Noventber durch den zweiten
Vorsitzenden des Vereines, Herrn Direktor Lange, der die
zahlreich erschienenen Mitglieder und Gäste herzlichst be-
grüßte und dann mittheilte, daß der Ausschuß im Stande
war, für die bevorstehende Saison, Dank dem allseitigen Ent-
gegenkontmen hervorragender Männer, gesellschaftlicher und
musikalischer Kräfte, ein reichhaltiges Prograntm festzustellen.

Er schloß seine einleitende Rede mit einem Hinweis
auf denjenigen Mann, welchetn der Kunstgewerbeverein
vor Allem seine so glückliche Entfaltung und seine in ganz
Deutschland als mustergiltig anerkannte Organisation ver-
danke, den aber leider noch immer sein Gesundheitszustand
verhindere, in der Mitte des Vereins zu erscheinen, und
forderte die Anwesetiden auf, dem ersten Vorsitzenden Herrn
Erzgießerei-Inspektor von Miller die Gefühle steten Dankes
und den genteinsamen Wunsch baldiger Wiedergenesung
durch ein kräftiges hoch zum Ausdruck zu bringen. Nach
dieser Ovation wurde Herrn Professor Or. Max Haus-

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