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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1882

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Die Bayerische Landes-Industrie, Gewerbe- und Kunstausstellung in Nürnberg, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7026#0104

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neben dem Papiere eine wesentliche Rolle spielt. München
produzirt bekanntlich ganz vorzügliches in diesen Branchen
und auch Nürnberg hat sich große Verdienste um die Hebung
derselben erworben, wobei vor Allen die Bestrebungen der
Firma Z. G. Kugler hervorzuheben sind, deren Pavillon
mit Recht in der Ehrenhalle aufgestellt wurde und die so-
wohl in Prachteinbänden wie in gewöhnlichen Gebrauchs-
gegenständen feinen künstlerischen Geschmack bethätigte. An:
entschiedensten kam dieser Fortschritt in der Gruppe XII
zur Geltung, wo die Rührigkeit unserer großen Verlags-
handlungen und Buchdruckereien und zwar insbesondere der
Münchener Firmen Zeugniß davon ablegte, daß auch
Bayern an der in der That außerordentlichen Bewegung,
welche sich in der Neuzeit auf dem Felde der Kunst-Literatur
und aller mit derselben in Verbindung stehenden Techniken
geltend gemacht hat, in rühinlichster Meise Antheil nimmt.

Freilich läßt sich nicht läugnen, daß in mancher Be-
ziehung bereits zu viel des Guten geschieht, so daß der
bloßen Schaulust Rechte eingeräumt werden, die ihr mit
gutem Grunde vielfach bereits bestritten werden. Des Er-
freulichen, was hier in die Erscheinung tritt, ist aber so
viel zu verzeichnen, daß es Unrecht wäre, nicht voll und
ganz anzuerkennen, welche Fülle des Nützlichen und An-
regenden, welche Güte und Schönheit, welcher Reichthunr
bildlicher und ornamentaler Ausstattung sich heute den ärm-
lichen, unansehnlichen, löschpapiernen Bänden gegenüber-
stellen, die ein trauriges Eharakteristikunr der ersten Hälfte
unseres Jahrhunderts bilden.

Firmen wie Knorr öc Z)irth, Dr. ZU. Huttler,
Fr. Bruckmann, Pustet u. s. w. bedürfen wohl kaum
einer Erwähnung, denn ihre Verdienste sind ja längst jedem
Gebildeten bekannt und zwar weit über die Grenzen unseres
engeren Vaterlandes hinaus.

Es ergibt sich von selbst, daß wir an dieser stelle
gleich der reproduzirenden Künste überhaupt gedenken. ZUan
kann wohl behaupten, daß sich auf diesen Gebieten eine
ganze Revolution vollzogen hat, deren Endziele noch keines-
wegs abzusehen sind. Photographie, Farbendruck, Licht-
druck, die Photogravuren in all' ihren Nüancirungen, dabei
die Neubelebung der Radirkunst, die immer mannigfaltigere-
Entwicklung der Holzschneidekunst und neuestens die direkte
Verwendung der Photographie für den Bücherdruck —
kurz das ganze Heer unserer modernen Reproduktionsver-
fahren bieten dem aufmerksamen Beobachter ein Entwick-
lungsbild menschlicher Strebsamkeit, das ihn mit Staunen
und Bewunderung erfüllen muß. Bayern hat einen wesent-
lichen Antheil an der Entfaltung dieser mächtigen Kultur-
mittel. ZVie umfangreich dieser Antheil ist, kam allerdings
in Nürnberg nicht zun: vollen Ausdrucke, immerhin aber
waren die Vorführungen der reproduzirenden Techniken
und Künste so respektable, daß dem Besucher kein Zweifel
über die Leistungsfähigkeit unseres Landes in diesen Sparten
bleiben konnte. Der Raum erlaubt es uns leider nicht
näher auf die Leistungen einzelner Aussteller einzugehen.
Die so wichtige Tapetensabrikation, welche in Bayern stets
eine untergeordnete Rolle spielte, hatte nur einen einzigen
Vertreter, Zl. Langenmaier in ZUünchen, gefunden, der
allerdings sowohl durch gute Muster, wie feine Farbentöne
den Erfordernissen unserer Zeit in sehr anerkennenswerther
ZVeise gerecht zu werden sucht.

Zn Gruppe V. „kleinere Arbeiten aus Horn, Bein,
Schildkrot, Elfenbein, Stein, Meerschaum, Bernstein und
ähnlichen Stoffen" war verhältnißmäßig wenig kunstge-
werbliche Auslese zu finden. Der Schwerpunkt liegt fast
bei allen diesen Artikeln in der möglichsten Billigkeit des
jeweiligen Produktes. Besseres lieferte nur die Elfenbein-
und Holzschnitzerei, wobei insbesondere die Elfenbeinarbeiten
der Münchener Firma Ant Dießl als das Beste bezeichnet
werden müssen, was auf der Ausstellung in diesen: Fache
geboten wurde. Von stylistischen Bestrebungen ist in dieser
Gruppe nur wenig zu bemerken. ZUeistens sind es phantasie-
formen der gewöhnlichen Schablone oder naturalistische
ZUotive, welche hier vorherrschend zur Verwendung kommen;
pikanterien und Grotesken modernen Genres spielen eine
Hauptrolle. Zvenn wir die einschlägigen Produkte der
Thinesen und insbesondere der Japanesen vergleichend in
Betrachtung ziehen, ergibt sich fast von selbst die Richtung,
in welche dieser Industriezweig einzulenken hätte, wenn
er mit der Zeit Besseres zu Tage fördern soll.

Als eine der erfreulichsten kunstgewerblichen Er-
scheinungen muß der außerordentliche Fortschritt begrüßt
werden, welcher uns in Gruppe VI, „Arbeiten aus Glas",
bei den prächtigen Erzeugnissen der Theresienthaler
Krystall-Glassabrik entgegentrat. Die stylvolle Be-
handlung der Formen, wie die vielfach seine Zusammen-
stellung der Farben ließen erkennen, daß die kunstgewerb-
lichen Bestrebungen der Neuzeit hier einen besonders günstigen
Boden gefunden haben, und mit Fug und Recht kann man
behaupten, daß dieses Etablissement gegenwärtig den be-
rühmtesten Fabriken des Auslandes ebenbürtig ist.

Zn Bezug auf guten Geschmack verdienen außerdem
die Erzeugnisse der Glasraffinerie Gebr. Neu mark in
Nürnberg besondere Anerkennung. Auch sie zeigten in ihrer
Farbenkombination echtes künstlerisches Verständniß und
bildeten einen sprechenden Beleg für das rasche Vorwärts-
schreiten der Veredlung unserer bayerischen Glasindustrie,
wovon die eleganten Firnrenschilde von Lacher in München,
sowie die vorzüglich geätzten Fenster und Spiegelscheiben
des chroinopyrographischen Znstituts von H. Schutzmann
in Atünchen gleichfalls beredtes Zeugniß gaben. Die Leistungen
dieses letztgenannten jungen Institutes weisen durchgehends
eine Virtuosität der technischen Behandlung auf, welche es
wohl erklärlich erscheinen läßt, daß auch das Ausland den-
selben durch umfassende Bestellungen reiche Anerkennung
zollt.

Besondere Verdienste erwarb sich die Glasfabrik Schlier-
see, Burmester und ZVaigerl eitner, durch die ZVieder-
einführung der Fabrikation von Kathedralglas in Bayern.
Sie hatte neben hübschen Hohlglaswaaren eine reiche Kollektion
solcher Gläser ausgestellt, die den besten englischen gleich-
kommen.

Die Gruppe, in welcher die Arbeiten aus Thon einge-
reiht waren, charakterisirte sich in vortheilhafter ZVeise zu-
nächst durch einen vielversprechenden kunstindustriellen Fort-
schritt speziell aus dem Gebiete der Fabrikation altdeutscher
Gefen und Kamine. Die Einflüsse der Kunst und das
mit ihnen verbundene Studium der ZVerke unserer Väter
haben hier zu überaus erfreulichen Resultaten geführt. ZUan
sah nur wenige von jenen abscheulichen, nüchternen ZUiß-
geburten, die so lange Zeit unter der Bezeichnung „Berliner

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