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Vom Christmarkt.
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hält die merkwürdige Schilderung des „Landes un-
term Morgenstern", woher die kleinen Kinder kom-
men. Es ist kein Märchen und doch märchenhaft;
nicht für Kinder und doch einem Kinde erzählt;
keine Geschichte und doch voller Geschichte. Wun-
derglaube und Skepsis, Träumen und Spotten wech-
seln ab wie Zucker und Pfeffer, wie Milch und
Essig. Man kommt dabei zu keiner reinen Stim-
mung. Das gleiche gilt von der „Storchreise", der
zweiten Erzählung, welche eine geographische Ex-
kursion im Märchengewande darstellt, nicht un-
ähnlich mancher Andersenschen Träumerei. Dem
angemessen ist die Illustration aus Sein und Nicht-
sein zusammengesetzt; alle Stile reichen sich dabei
ja den Titze'schen Verlagswerken stets nachzurüh-
men war.
Mit den Prinzenmärchen haben wir bereits das
Gebiet der Geschichte und Geographie gestreift, auf
dem die Latifolia, die grossblättrigen Gewächse der
Litteratur nicht minder gut gezogen werden, als auf
dem der bildenden Kunst und der Sage. Ein kleiner
Auszug aus dem grossen Prachtwerk, in das Klio
unablässig ihre lapidaren Schriftzüge malt, ist das
Kaiserbitch1) von Heirig und Kutschmann. Acht Jahr-
hunderte deutscher Geschichte sollen darin vorge-
führt werden; die unerwartete Zärtlichkeit, welche
die manchmal so unbarmherzige Muse dem Aschen-
brödel der Geschichte erwiesen hat, veranlasst wie-
Der Salon des „SeeoBtris". Aus Gonzenbacn, Xilfahrt. iStuttgart. Vwlagsanstalt
dle Hand. Die tanzenden Elfen im Balletkostüm, der
. utto mit der Brille kennzeichnen die Manier; es
'8t ein künstlerischer Maskenball, wo das einander
/egirende sich harmlos zusammenfindet. Viel reiner
die Stimmung in der dritten Erzählung festge-
halten, die „eine Rose auf Kaiser Wilhelms Grab"
^ und das rührende Opfer behandelt, dass dieser
»nvergleici,];,.],,, Fürst einst dem künftigen Throne
(lchte. Dem wirklichen Märchen nähert sich am
Reisten das letzte Stück von den „lustigen Prinzen",
e lo einer schönen EVühlingsnacht allerhand Gno-
n t Spreenixchen und anderen F&belgeschBpfen
. '"'lenz geben. Die Ausstattung des Werkes ist
"»rigen \om besten Gtetchmacke geleitet, was
der einmal zwei unternehmungslustige Söhne der zu
hohen, verdienten Ehren gelangten Germania, die
längstverschwundenen Tage des frühen Glanzes und
der Not ihren Zeitgenossen in grossen Zügen vor-
zutragen. Beide haben die schwer übersehbaren
Kollektaneen Klio's, Dokumente, Chroniken, Male-
reien, Bauten und was dergleichen mehr ist, für
ihre Aufgabe eifrig verwertet und der Künstler hat
ausserdem mit besonderer Geschicklichkeit die Ver-
zierungen, die in diesem Material sich massenhaft
Eersteeot finden, benutzt. Es sind bis jetzt fünf
Lieferungen erschienen, worin die Geschichte der
1) Berlin, H. Müekenberger.
Vom Christmarkt.
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hält die merkwürdige Schilderung des „Landes un-
term Morgenstern", woher die kleinen Kinder kom-
men. Es ist kein Märchen und doch märchenhaft;
nicht für Kinder und doch einem Kinde erzählt;
keine Geschichte und doch voller Geschichte. Wun-
derglaube und Skepsis, Träumen und Spotten wech-
seln ab wie Zucker und Pfeffer, wie Milch und
Essig. Man kommt dabei zu keiner reinen Stim-
mung. Das gleiche gilt von der „Storchreise", der
zweiten Erzählung, welche eine geographische Ex-
kursion im Märchengewande darstellt, nicht un-
ähnlich mancher Andersenschen Träumerei. Dem
angemessen ist die Illustration aus Sein und Nicht-
sein zusammengesetzt; alle Stile reichen sich dabei
ja den Titze'schen Verlagswerken stets nachzurüh-
men war.
Mit den Prinzenmärchen haben wir bereits das
Gebiet der Geschichte und Geographie gestreift, auf
dem die Latifolia, die grossblättrigen Gewächse der
Litteratur nicht minder gut gezogen werden, als auf
dem der bildenden Kunst und der Sage. Ein kleiner
Auszug aus dem grossen Prachtwerk, in das Klio
unablässig ihre lapidaren Schriftzüge malt, ist das
Kaiserbitch1) von Heirig und Kutschmann. Acht Jahr-
hunderte deutscher Geschichte sollen darin vorge-
führt werden; die unerwartete Zärtlichkeit, welche
die manchmal so unbarmherzige Muse dem Aschen-
brödel der Geschichte erwiesen hat, veranlasst wie-
Der Salon des „SeeoBtris". Aus Gonzenbacn, Xilfahrt. iStuttgart. Vwlagsanstalt
dle Hand. Die tanzenden Elfen im Balletkostüm, der
. utto mit der Brille kennzeichnen die Manier; es
'8t ein künstlerischer Maskenball, wo das einander
/egirende sich harmlos zusammenfindet. Viel reiner
die Stimmung in der dritten Erzählung festge-
halten, die „eine Rose auf Kaiser Wilhelms Grab"
^ und das rührende Opfer behandelt, dass dieser
»nvergleici,];,.],,, Fürst einst dem künftigen Throne
(lchte. Dem wirklichen Märchen nähert sich am
Reisten das letzte Stück von den „lustigen Prinzen",
e lo einer schönen EVühlingsnacht allerhand Gno-
n t Spreenixchen und anderen F&belgeschBpfen
. '"'lenz geben. Die Ausstattung des Werkes ist
"»rigen \om besten Gtetchmacke geleitet, was
der einmal zwei unternehmungslustige Söhne der zu
hohen, verdienten Ehren gelangten Germania, die
längstverschwundenen Tage des frühen Glanzes und
der Not ihren Zeitgenossen in grossen Zügen vor-
zutragen. Beide haben die schwer übersehbaren
Kollektaneen Klio's, Dokumente, Chroniken, Male-
reien, Bauten und was dergleichen mehr ist, für
ihre Aufgabe eifrig verwertet und der Künstler hat
ausserdem mit besonderer Geschicklichkeit die Ver-
zierungen, die in diesem Material sich massenhaft
Eersteeot finden, benutzt. Es sind bis jetzt fünf
Lieferungen erschienen, worin die Geschichte der
1) Berlin, H. Müekenberger.