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Ausstellungen
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westlich von der Halle läuft eine Passage, an deren Süd-
seite wiederum eine Reihe von Räumen liegt. Die süd-
liehe Mauer dieser Räume scheint die Außenmauer des
Gebäudes zu sein. An der Südseite des vorspringenden
Westflügels liegt ein Treppenweg. Der Westflügel besteht
aus einem großen, irregulär durch vier Quermauern geteil-
ten Räume. Er hat einen Mosaikboden. Der östliche
Flügel ist noch nicht ganz ausgeräumt. Möglicherweise
war dieses Kolonnadengebäude der gemäß den Ansprüchen
der Bevölkerung mehrmals vergrößerte undumgebaute Markt
auf der Akropolis. — Am Nordabhang der Akropolis wurde
ein weiteres Gebäude, von den Amerikanern das »Apsis-
gebäude« genannt, aufgedeckt, dessen Zweck noch nicht
erkannt werden konnte. An dem nordwestlichen Abhang
der Akropolis konnte man die daselbst angelegten Gärten
anfänglich nicht ausgraben, da die Besitzer des Grundes
sich nicht mit den Amerikanern einigen wollten; aber eine
große Anzahl daselbst von den Eigentümern gefundenen
Terrakottafiguren ließ in Norton den Wunsch nicht ein-
schlafen, hier graben zu dürfen, was er endlich auch er-
reichte. Ein Gebäude konnte nicht nachgewiesen werden;
aber die Ausbeute an Terrakotten war eine ungewöhnlich
große. — Auch die Nekropolen von Cyrene wurden erforscht.
Die Gräber waren meist mehrmals nacheinander belegt
und bieten viele Eigentümlichkeiten, für die wir auf den
Originalbericht verweisen. — Was nun die Einzelfunde be-
trifft, über die wir an dieser Stelle schon kurz berichtet
haben, so wollen wir im einzelnen noch anführen: eine
Figur in Hochrelief in halber Lebensgröße des Athleten
Antonianos, genannt der Narr, aus Ephesos, einen Artemis-
torso mit dem Köcher auf dem Rücken, den entzückenden
Torso einer Nereide, die wohl als Ornament an einem
Gebäude gedient hat. 15 halblange, lebensgroße weibliche
Figuren, datierend vom 3. Jahrhundert v. Chr. bis zum
3. Jahrhundert n. Chr., standen wahrscheinlich auf niederen
rechtwinkligen Basen, welche die Namen trugen, sie waren
zumeist in der Nähe von Gräbern gefunden; die Pose,
der rechte Arm über der Brust und der linke zum Ge-
sicht erhoben, kehrt ebenso wieder wie die Gewandung;
bei zweien dieser Figuren ist die auch sonst überall von
hinten über Kopf und Haar aufsteigende Gewandung über
das Gesicht gezogen und mit der linken Hand gehalten,
so daß man gerade so wie bei den heute Cyrene bewoh-
nenden Frauen nur die Augen und Augenbrauen sieht.
Diese Statuen repräsentierten höchstwahrscheinlich eine
in konventioneller Weise hergestellte Göttin, und zwar
wurden die Gesichtszüge, wie aus einigen ganz glatt ge-
lassenen Kopfpartien hervorgeht, erst nachträglich hergestellt,
nicht plastisch, sondern durch Malerei. Porträts von Ver-
storbenen können sie nicht sein, da sonst auch Männer-
bildnisse gefunden sein müßten. — Eine weiter gefundene
weibliche kopflose Figur von 6 Fuß Höhe zeigt bedeutende
Ähnlichkeit mit der Nike von Samothrake. — Vier halb-
kolossale sehr schöne weibliche Statuen aus dem 3. Jahr-
hundert v. Chr., darunter eine sitzende Figur, wurden an
der Südseite der Akropolis gefunden. Diese Marmorstatue
gleicht durchaus einer Anzahl von Terrakottafiguren aus
dem 6. Jahrhundert, die ganz in der Nähe zutage kamen.
Mehrere Büsten von verschiedenartiger Größe haben
keinen besonderen künstlerischen Wert mit Ausnahme einer
solchen aus dem ersten nachchristlichen Jahrhundert. Wir
schließen diesen Bericht über die gefundene Plastik mit den
Worten, die Norton über die in der Kunstchronik bereits
erwähnte »Athena von Cyrene«, die in dem Kolonnaden-
gebäude gefunden wurde, gebraucht: »Glücklich ist der
Ausgräber, der dem Weltvorrat von Schönheit ein Objekt
wie dieses übergeben kann, das aus der besten Periode
der griechischen Kunst stammt. Die Göttin trägt den
korinthischen Helm in den Nacken geschoben, so daß
ein Diadem ihres schweren Haares über ihrer breiten
heiteren Stirn noch zu sehen ist, während eine einfache
lang herabfallende Flechte an ihrem Nacken herausragt.
Der Kontrast zwischen der starken glatten Kurve des Helms
und dem lieblichen Gesicht darunter ist überraschend; der
Kopf neigt sich leicht zur Linken wie eine Blume auf ihrem
Stiel. Die Augen sind klar, geradeaus blickend, edel, die
Wangen voll über dem starken Kinn, der Mund sensitiv,
aber streng und stark: ein großer ganz eigenartiger Meister
muß dieses Gesicht gebildet haben, das nach so vielen
verflossenen Jahrhunderten auf uns mit der Ruhe einer
vollendeten Schönheit blickt.« — Die namentlich in den
Gräbern gefundenen Vasen und Vasenfragmente geben eine
ganze Geschichte der Vasenmalerei. Nach der Gründung
der Stadt wurde protokorinthische, korinthische und rho-
dische Ware importiert, worauf die cyrenäischen Vasen wohl
in lokaler Industrie hergestellt wurden. Möglicherweise
wurden von allen genannten Vasenarten auch Exemplare
in Cyrene selbst gefertigt. Die rot- und schwarzfigurigen
Fragmente fehlen ebensowenig wie die, sogar in außer-
ordentlich reicher Anzahl aufgetauchten, arretinischen, die
ebenfalls in Cyrene selbst in vollendeter Weise fabriziert
wurden. — Die gefundenen Terrakottafiguren gehen in die
Tausende. Der größte Teil stammt aus dem genannten
Gartengrundstück; sie repräsentieren verschiedene Typen.
Hauptsächlich ist ein weibliches Wesen mit Krone dar-
gestellt, das entweder Silphium, eine Gazelle, einen Kranz
oder eine Schale in der Hand trägt. Über die zahlreichen
gefundenen Inschriften steht der Bericht noch aus. m.
AUSSTELLUNGEN
Das Berliner Kunstgewerbemuseum eröffnete zwei
neue Sonderausstellungen: im Lichthof Kunstschmiede-
arbeiten aus Berliner Werkstätten, in den vorderen Sälen
Handzeichnungen des verstorbenen Professors Otto Rieth,
des genialen Meisters architektonischer Phantasie. Eine
Anzahl bester Kunstschmiede, darunter Paul Marcus, Ed.
Puls, Hermann Schulz, Julius Schramm u.a., hat durch
große und kleinere Gitter, Monumentalstücke, Grabkreuze,
Beleuchtungskörper und Kleingerät zahlreiche Beweise für
die gediegene Technik und die zeitgemäße Kunstauffassung
der heutigen Berliner Arbeit vereint. Die Rieth-Ausstellung
zeigt eine Auswahl aus dem ungeheuren Schatz an bau-
künstlerischen und dekorativen Entwürfen, Skizzen und
Studien, die den Namen des früh verstorbenen, hochbe-
gabten Künstlers weithin berühmt gemacht haben. Beide
Ausstellungen werden bis zum 24. März geöffnet sein.
Karlsruhe. Im Kunstverein hat Prof. Friedr. Feht;
bekanntlich eines der bedeutendsten Lehrtalente an der
hiesigen Akademie, eine große Kollektion seiner koloristisch
in hohem Grade eindrucksvollen modernen Soldatenbilder
ausgestellt, die den begabten Künstler, der sich durch das
Studium der alten Meister, insbesondere des Velasquez, in
rein malerischer Hinsicht sehr vervollkommnet hat, von der
günstigsten Seite zeigen. Weniger kann man dies von
Theodor Esser, einem früheren Schüler von Prof. Ferd. Keller
dahier, behaupten. Seine Kunst geht bei weitem mehr in die
Breite als in die Tiefe und verleugnet bei aller Bravour des
vielseitigen Könnens nicht eine gewisse Oberflächlichkeit.
Ein fein empfindender geschmackvoller Kolorist ist der
Stilleben- und Landschaftsmaler Schmitt-Mannheim, ebenso
der begabte Fehrschüler Wilh. Hempfing, der sich nebenbei
auch in der sehr glücklichen Wahl moderner, interessanter
Themata hervortut, ebenso wie der ganz pariserisch geschulte
Berliner J. Oppenheimer, ein vielseitiger, sehr geschickter
Ausstellungen
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westlich von der Halle läuft eine Passage, an deren Süd-
seite wiederum eine Reihe von Räumen liegt. Die süd-
liehe Mauer dieser Räume scheint die Außenmauer des
Gebäudes zu sein. An der Südseite des vorspringenden
Westflügels liegt ein Treppenweg. Der Westflügel besteht
aus einem großen, irregulär durch vier Quermauern geteil-
ten Räume. Er hat einen Mosaikboden. Der östliche
Flügel ist noch nicht ganz ausgeräumt. Möglicherweise
war dieses Kolonnadengebäude der gemäß den Ansprüchen
der Bevölkerung mehrmals vergrößerte undumgebaute Markt
auf der Akropolis. — Am Nordabhang der Akropolis wurde
ein weiteres Gebäude, von den Amerikanern das »Apsis-
gebäude« genannt, aufgedeckt, dessen Zweck noch nicht
erkannt werden konnte. An dem nordwestlichen Abhang
der Akropolis konnte man die daselbst angelegten Gärten
anfänglich nicht ausgraben, da die Besitzer des Grundes
sich nicht mit den Amerikanern einigen wollten; aber eine
große Anzahl daselbst von den Eigentümern gefundenen
Terrakottafiguren ließ in Norton den Wunsch nicht ein-
schlafen, hier graben zu dürfen, was er endlich auch er-
reichte. Ein Gebäude konnte nicht nachgewiesen werden;
aber die Ausbeute an Terrakotten war eine ungewöhnlich
große. — Auch die Nekropolen von Cyrene wurden erforscht.
Die Gräber waren meist mehrmals nacheinander belegt
und bieten viele Eigentümlichkeiten, für die wir auf den
Originalbericht verweisen. — Was nun die Einzelfunde be-
trifft, über die wir an dieser Stelle schon kurz berichtet
haben, so wollen wir im einzelnen noch anführen: eine
Figur in Hochrelief in halber Lebensgröße des Athleten
Antonianos, genannt der Narr, aus Ephesos, einen Artemis-
torso mit dem Köcher auf dem Rücken, den entzückenden
Torso einer Nereide, die wohl als Ornament an einem
Gebäude gedient hat. 15 halblange, lebensgroße weibliche
Figuren, datierend vom 3. Jahrhundert v. Chr. bis zum
3. Jahrhundert n. Chr., standen wahrscheinlich auf niederen
rechtwinkligen Basen, welche die Namen trugen, sie waren
zumeist in der Nähe von Gräbern gefunden; die Pose,
der rechte Arm über der Brust und der linke zum Ge-
sicht erhoben, kehrt ebenso wieder wie die Gewandung;
bei zweien dieser Figuren ist die auch sonst überall von
hinten über Kopf und Haar aufsteigende Gewandung über
das Gesicht gezogen und mit der linken Hand gehalten,
so daß man gerade so wie bei den heute Cyrene bewoh-
nenden Frauen nur die Augen und Augenbrauen sieht.
Diese Statuen repräsentierten höchstwahrscheinlich eine
in konventioneller Weise hergestellte Göttin, und zwar
wurden die Gesichtszüge, wie aus einigen ganz glatt ge-
lassenen Kopfpartien hervorgeht, erst nachträglich hergestellt,
nicht plastisch, sondern durch Malerei. Porträts von Ver-
storbenen können sie nicht sein, da sonst auch Männer-
bildnisse gefunden sein müßten. — Eine weiter gefundene
weibliche kopflose Figur von 6 Fuß Höhe zeigt bedeutende
Ähnlichkeit mit der Nike von Samothrake. — Vier halb-
kolossale sehr schöne weibliche Statuen aus dem 3. Jahr-
hundert v. Chr., darunter eine sitzende Figur, wurden an
der Südseite der Akropolis gefunden. Diese Marmorstatue
gleicht durchaus einer Anzahl von Terrakottafiguren aus
dem 6. Jahrhundert, die ganz in der Nähe zutage kamen.
Mehrere Büsten von verschiedenartiger Größe haben
keinen besonderen künstlerischen Wert mit Ausnahme einer
solchen aus dem ersten nachchristlichen Jahrhundert. Wir
schließen diesen Bericht über die gefundene Plastik mit den
Worten, die Norton über die in der Kunstchronik bereits
erwähnte »Athena von Cyrene«, die in dem Kolonnaden-
gebäude gefunden wurde, gebraucht: »Glücklich ist der
Ausgräber, der dem Weltvorrat von Schönheit ein Objekt
wie dieses übergeben kann, das aus der besten Periode
der griechischen Kunst stammt. Die Göttin trägt den
korinthischen Helm in den Nacken geschoben, so daß
ein Diadem ihres schweren Haares über ihrer breiten
heiteren Stirn noch zu sehen ist, während eine einfache
lang herabfallende Flechte an ihrem Nacken herausragt.
Der Kontrast zwischen der starken glatten Kurve des Helms
und dem lieblichen Gesicht darunter ist überraschend; der
Kopf neigt sich leicht zur Linken wie eine Blume auf ihrem
Stiel. Die Augen sind klar, geradeaus blickend, edel, die
Wangen voll über dem starken Kinn, der Mund sensitiv,
aber streng und stark: ein großer ganz eigenartiger Meister
muß dieses Gesicht gebildet haben, das nach so vielen
verflossenen Jahrhunderten auf uns mit der Ruhe einer
vollendeten Schönheit blickt.« — Die namentlich in den
Gräbern gefundenen Vasen und Vasenfragmente geben eine
ganze Geschichte der Vasenmalerei. Nach der Gründung
der Stadt wurde protokorinthische, korinthische und rho-
dische Ware importiert, worauf die cyrenäischen Vasen wohl
in lokaler Industrie hergestellt wurden. Möglicherweise
wurden von allen genannten Vasenarten auch Exemplare
in Cyrene selbst gefertigt. Die rot- und schwarzfigurigen
Fragmente fehlen ebensowenig wie die, sogar in außer-
ordentlich reicher Anzahl aufgetauchten, arretinischen, die
ebenfalls in Cyrene selbst in vollendeter Weise fabriziert
wurden. — Die gefundenen Terrakottafiguren gehen in die
Tausende. Der größte Teil stammt aus dem genannten
Gartengrundstück; sie repräsentieren verschiedene Typen.
Hauptsächlich ist ein weibliches Wesen mit Krone dar-
gestellt, das entweder Silphium, eine Gazelle, einen Kranz
oder eine Schale in der Hand trägt. Über die zahlreichen
gefundenen Inschriften steht der Bericht noch aus. m.
AUSSTELLUNGEN
Das Berliner Kunstgewerbemuseum eröffnete zwei
neue Sonderausstellungen: im Lichthof Kunstschmiede-
arbeiten aus Berliner Werkstätten, in den vorderen Sälen
Handzeichnungen des verstorbenen Professors Otto Rieth,
des genialen Meisters architektonischer Phantasie. Eine
Anzahl bester Kunstschmiede, darunter Paul Marcus, Ed.
Puls, Hermann Schulz, Julius Schramm u.a., hat durch
große und kleinere Gitter, Monumentalstücke, Grabkreuze,
Beleuchtungskörper und Kleingerät zahlreiche Beweise für
die gediegene Technik und die zeitgemäße Kunstauffassung
der heutigen Berliner Arbeit vereint. Die Rieth-Ausstellung
zeigt eine Auswahl aus dem ungeheuren Schatz an bau-
künstlerischen und dekorativen Entwürfen, Skizzen und
Studien, die den Namen des früh verstorbenen, hochbe-
gabten Künstlers weithin berühmt gemacht haben. Beide
Ausstellungen werden bis zum 24. März geöffnet sein.
Karlsruhe. Im Kunstverein hat Prof. Friedr. Feht;
bekanntlich eines der bedeutendsten Lehrtalente an der
hiesigen Akademie, eine große Kollektion seiner koloristisch
in hohem Grade eindrucksvollen modernen Soldatenbilder
ausgestellt, die den begabten Künstler, der sich durch das
Studium der alten Meister, insbesondere des Velasquez, in
rein malerischer Hinsicht sehr vervollkommnet hat, von der
günstigsten Seite zeigen. Weniger kann man dies von
Theodor Esser, einem früheren Schüler von Prof. Ferd. Keller
dahier, behaupten. Seine Kunst geht bei weitem mehr in die
Breite als in die Tiefe und verleugnet bei aller Bravour des
vielseitigen Könnens nicht eine gewisse Oberflächlichkeit.
Ein fein empfindender geschmackvoller Kolorist ist der
Stilleben- und Landschaftsmaler Schmitt-Mannheim, ebenso
der begabte Fehrschüler Wilh. Hempfing, der sich nebenbei
auch in der sehr glücklichen Wahl moderner, interessanter
Themata hervortut, ebenso wie der ganz pariserisch geschulte
Berliner J. Oppenheimer, ein vielseitiger, sehr geschickter